Glück auf, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die „Neue Zürcher Zeitung“ hat im Jahr 2020 geringfügig über den Eingangsbereich des Kanzleramtes gelästert: Er sei wie der „Eingangsbereich eines Baumarktes“; Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit seien die vorherrschenden Eigenschaften. – Liebe Kolleginnen und Kollegen: Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit. Ja, das Kanzleramt erscheint in der Tat schlichter als andere Regierungssitze in der Welt. Doch sparsam ist tatsächlich nur die Optik des Eingangsbereiches. Wirft man einen Blick auf die Energiebilanz des Hauses, bleibt von der Sparsamkeit nun wahrlich nichts mehr übrig. Wir leben in einer krisenhaften Zeit. Viele Menschen sind besorgt, ob sie ihre Gasrechnung bezahlen können, und drehen die Heizung herunter. Herr Kollege Nickholz, schauen wir uns doch mal die Lebenswirklichkeit der Menschen an. Viele Unternehmen fürchten die Insolvenz aufgrund der gestiegenen und noch steigenden Energiekosten. Es ist nun wahrlich der absolut falsche Zeitpunkt, die größte Regierungszentrale der Welt zu errichten. Für viele Menschen platzt der Traum vom Eigenheim, weil die Preise für konventionell gefertigte Wohngebäude – hören Sie lieber zu! – allein im August um 16 Prozent gestiegen sind. Die Zinsen für einen Baukredit liegen mittlerweile bei 4 Prozent, Tendenz steigend. Die Bundesregierung kann ihre Zusage, 400 000 Wohnungen zu bauen, aufgrund der gestiegenen Preise nicht mehr einhalten. Es ist ein Irrsinn, dann an der Erweiterung des Bundeskanzleramtes festzuhalten, und es ist den Menschen im Moment auch nicht vermittelbar. Die Notwendigkeit eines Erweiterungsbaus stellen wir nicht prinzipiell infrage. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundeskanzleramt brauchen natürlich auch ordentliche Arbeitsbedingungen. Die Errichtung dauerhafter Heimarbeitsplätze, wie von Ihnen vorgeschlagen, ist nun wirklich keine Lösung und zeigt lediglich, wie abwegig die AfD-Fraktion über das Regierungshandeln denkt. Die Arbeit in einer Regierungszentrale lebt davon, dass Abteilungen miteinander vernetzt sind, von kurzen Absprachen im Türrahmen. Dauerhafte Heimarbeitsplätze sind dann auch nicht die richtige Lösung. Ja, es ist durch Zurufe schon angesprochen worden: Wir haben 2019 die Notwendigkeit des Erweiterungsbaus gesehen. Aber wir sehen perspektivisch eben auch weiter. Doch inzwischen haben wir Kosten, die jeden Rahmen sprengen: fast 300 Millionen Euro mehr. Und wir alle wissen, dass es dabei nicht bleiben wird. Nehmen wir uns also eine kleine Denkpause. Herr Bundeskanzler – Sie sind leider nicht da; aber ich denke, Herr Schneider kann das ja auch übermitteln –, nehmen Sie Ihre eigenen Worte ernst! Eine Zeitenwende bedeutet eben auch, nicht zwingend erforderliche Projekte in andere Zeiten zu verlagern. Jetzt haben Sie noch die Möglichkeit dafür. Ja, gern. Ja, Herr Kollege Fricke, ich kann Ihnen das ganz gut erklären: Auch Sie sollten sich in der Fraktion noch einmal die Energiebilanz dieses Gebäudes und dieser Planung anschauen. Ich glaube, dass Sie dann merken werden, dass es besser ist, vielleicht doch noch mal eine Denkrunde einzulegen. Denn wussten Sie zum Beispiel, dass das Kanzleramt noch mit einer Ölheizung geheizt wird? Natürlich verstehe ich, dass das Bundeskanzleramt möchte, dass es autark versorgt wird. Aber in diesen Zeiten, in denen wir alle zusammenrücken müssen und in denen vom Bundeskanzler eine Zeitenwende propagiert wird, müssen wir das letzten Endes eigentlich auch bei diesen Gebäuden berücksichtigen. Auch im Bundesbau ist es natürlich so, dass nicht alle Gebäude klimaneutral daherkommen. Vielleicht nutzen wir die Chance, die wir jetzt haben. Seit 2019 hat es viele Entwicklungen im Rahmen der Energiewende gegeben. Das wäre doch wirklich eine Geschichte: das Bundeskanzleramt auf der Höhe der Zeit mit einer klimaneutralen Gebäudebewirtschaftung. Das wäre eine Hausnummer! Dann könnten wir alle auch mit gutem Gewissen dahinterstehen. Ich komme zum Schluss. Berlin sollte Vorbild für solidarisches Handeln in unserer Gesellschaft sein. Wir können uns einen Anbau im Moment nicht so richtig vorstellen. Kehren wir lieber zurück zur Zweckmäßigkeit und zur Sparsamkeit. In der Zwischenzeit, in der wir eine Denkpause einlegen, kann das Bundeskanzleramt auch noch Projekte im Umfeld des Bundeskanzleramtes in die Betrachtung einbeziehen. Die Bundesstiftung Aufarbeitung hat das Thema „Denkmal für die Opfer des Kommunismus“ angesprochen. Auch hierzu könnten wir in der Denkpause vielleicht einen guten Weg finden, um dann im Umfeld des Bundeskanzlersamtes ein Denkmal zu errichten. Es gibt viele Menschen im Land, die darauf warten, dass wir einen Ort des Erinnerns an die Opfer des Kommunismus in diesem Land haben. Viele Dank für die Aufmerksamkeit.