Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen ja mit etwas Gutem anfangen. Das Gute ist, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen endlich ein Gesetz vorgelegt bekommen haben und nicht nur von Ankündigungen leben müssen. Das Gute ist auch, liebe Ampel, dass Sie sich bei einigen Dingen auf den Weg gemacht haben, die wir vorher kritisiert haben. – Nach 20 Sekunden könnte ich meine Rede daher eigentlich beenden. Ihr habt aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem beim Thema Leistungskürzung zwei Dinge meines und unseres Erachtens nicht richtig geregelt. Das Erste ist die Neupatientenregelung. Hier gilt zukünftig: Jeder neue Patient, der in den letzten zwei Jahren kurzfristig einen Termin bekommen hat, weil sein Arzt zusätzliche Zeiten zur Verfügung gestellt hat, hat jetzt dazu keine Möglichkeit mehr. Das ist die Leistungskürzung Nummer eins. Lieber Gesundheitsminister, Sie haben eine Leistungskürzung auf den Weg gebracht, und das ist die Abschaffung der Neupatientenregelung. Das zweite Thema ist wesentlich wichtiger, weil es Menschen mit seltenen Erkrankungen betrifft, Menschen, die in unserer Gesellschaft nicht von der Mehrheitsmeinung vertreten sind: Menschen mit Mukoviszidose, mit MS, mit ME/CFS. Sie haben im Gesetz eine Regelung auf den Weg gebracht, die vorsieht, dass die Umsatzschwelle für die entsprechenden Medikamente gegen diese seltenen Erkrankungen deutlich abgesenkt wird. Trotz aller Kritik aus der Pharmaindustrie, diese Schwelle anzuheben, haben Sie darauf nicht reagiert. – Gut, dass Sie das sagen; darauf habe ich gewartet. Sehr gerne. Vielen Dank, Frau Kollegin, das gibt mir die Möglichkeit, darauf hinzuweisen, dass eine verfaulte Banane, wenn Sie sie neu einpacken, immer noch verfault bleibt. Sie haben die Umsatzschwelle bei der Nutzenbewertung von 50 Millionen Euro auf 30 Millionen Euro gesenkt. Das bedeutet für Menschen mit seltenen Erkrankungen, deren Medikamente einen deutlich geringeren Anteil an der Tablettenproduktion insgesamt haben – und da war der Einwurf in der Expertenanhörung vollkommen richtig –, dass die Pharmaindustrie sagt: Das wird sich finanziell nicht mehr lohnen, belasst es bei 50 Millionen Euro. – In den letzten Jahren sind zahlreiche Medikamente für Menschen mit seltenen Erkrankungen auf den Weg gebracht worden – das wissen Sie, Frau Kollegin –, weil wir gemeinsam mit der Sozialdemokratie die Schwelle auf 50 Millionen Euro angehoben haben. Und was machen jetzt die Grünen? Was macht jetzt die FDP? Sie senken die Schwelle. Sie zeigen den Menschen mit seltenen Erkrankungen die Rote Karte, und das finde ich sehr bedauerlich. Neben Ihren 17 Änderungsanträgen, wo Sie vieles auf halber Strecke haben stehen lassen, liegt heute auch ein Entschließungsantrag von uns vor. Setzen Sie Ihren Koalitionsvertrag um. Beteiligen Sie sich eins zu eins an den Krankenversicherungsbeiträgen für Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Hier geht es um 10 Milliarden Euro. Warum sollen Sie das tun? 10 Milliarden Euro sind bei den riesigen Wumms-Paketen, die Sie raushauen, ja fast schon Peanuts. Aber was bedeutet das im Umkehrschluss, wenn Sie dies nicht machen? Für einen GKV-Patienten im Arbeitslosengeld‑II-Bezug zahlt das Jobcenter 110 Euro. Für einen privat krankenversicherten Hartz‑IV-Empfänger zahlt das Jobcenter 380 Euro. Das ist nicht gerecht, liebe Sozialdemokratie. Hier müsst ihr nachschärfen. Den entsprechenden Antrag legen wir euch vor. Sehr geehrter Herr Präsident, da bereits eine Zwischenfrage von den Grünen kam, würde ich darauf verzichten, da die Tagesordnung heute noch sehr lang ist. Sie haben immer noch die Möglichkeit zu einer Kurzintervention, Herr Kollege. Neben dieser Aufforderung, die Krankenversicherungsbeiträge für ALG‑II-Empfänger aus dem Bundeshaushalt auch volkswirtschaftlich zu betrachten, geben wir Ihnen auch noch andere Themen an die Hand, unter anderem die richtige Finanzierung unseres Pflegesystems, die richtige Finanzierung der Krankenhäuser. Nicht nur ankündigen, Herr Minister, machen! Das ist Ihre Aufgabe. Und da versagt diese Ampelregierung mit diesem Gesetz. Deswegen lehnen wir das ab.