Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie lange tagt eigentlich eine Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag? Im Schnitt sind es zwei Jahre, manchmal auch drei Jahre. Ich sage Ihnen ganz offen: Als Mitglied im Klima- und Energieausschuss fühlt sich für mich die Zeitspanne zwischen den vollmundigen Ankündigungen der Regierung und der vermeintlichen Umsetzung schon heute wie eine halbe Ewigkeit an. Aber der hier vorliegende Vorschlag ganz nach dem Motto „Wenn du nicht mehr weiterweißt, bilde einen Arbeitskreis“ geht an der Realität vollkommen vorbei. Denn mit Blick auf die kommenden Monate und Jahre ist klar: Wir müssen die Energieinfrastruktur ausbauen – Stromtrassen wie SuedLink und ein leistungsfähiges Wasserstoffnetz – und den Ausbau beschleunigen, im Zweifel per Gesetz. Wir müssen die erneuerbaren Energien weiter ausbauen – je nach Potenzial dort, wo es sich lohnt und wo es sich rentiert. Wir müssen die Speicherkapazitäten ausbauen, wie in Baden-Württemberg. Dort entsteht der größte Batteriespeicher der Welt. Nur so kann nämlich die Energiewende wirklich gelingen. Wir müssen die Rohstoffversorgung sicherstellen: durch mehr Forschung für Substitute, mit mehr Kreislaufwirtschaft und durch Rohstoffgewinnung im Inland, wie beispielsweise kurzfristig von Gas und mittelfristig Lithium. Und wir müssen die Energieversorgung endlich europäisch denken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Enquete-Kommission hilft uns aktuell nicht weiter. Was zu tun ist, das liegt auf der Hand. Jetzt liegt es erst mal an der Regierung. Aber die Performance der Regierung allein in dieser Woche hat mal wieder gezeigt: Nicht die letzten 16 Jahre sind in diesem Land das Problem, sondern die letzten 16 Wochen sind in diesem Land das Problem, liebe Kolleginnen und Kollegen. Liebe Kollegen der Ampel, Sie verweisen gerne auf Experten, Sie verweisen gerne auf die Wissenschaft. Hören Sie doch bitte auf die Leiterin Ihrer Expertenkommission, auf Ihre Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Ihre Expertin sagt: Brennelemente beschaffen, Kernkraftwerke über den April 2023 hinaus am Netz lassen und damit ganz nebenbei den Strompreis um 13 bis 16 Prozent senken. – Das sagt Ihre Expertin. Hören Sie endlich auf sie! Es ist für mich und für viele Menschen in diesem Land absolut nicht mehr nachvollziehbar, wenn Sie in Zeiten von explodierenden Energiepreisen, in Zeiten von Unsicherheit und der Sorge vor einem Blackout diesen Vorschlag Ihrer Expertin leichtsinnig beiseiteschieben und uns dafür beschimpfen. Der Kanzler spricht zwar gerne von „You’ll never walk alone“ – am Ende hat er mit seiner Richtlinienentscheidung selbst einen Alleingang gemacht. Und seinem auf der Sommerpressekonferenz selbst formulierten Anspruch, es sei seine Aufgabe, dass sich die Regierung zusammensetzt und Probleme gemeinsam löst, ist der Kanzler diese Woche nicht mehr gerecht geworden. Die Schlussfolgerung von Franz Müntefering ist hier im Hohen Haus hinlänglich bekannt. Die Grünen und Teile der SPD echauffieren sich, sehen sich um den Ausstieg aus der Kernenergie Ende des Jahres gebracht, für den sie schon die Renaissance des CO2-Emittenten Kohlekraft akzeptiert haben. Klimaschutz scheint an der Stelle die zweite oder sogar nur die dritte Geige zu spielen. Die FDP jubelt verfrüht, versucht krampfhaft, einen Punktsieg zu erzielen, und realisiert spät, dass Scholz im April 2023 alle Kernkraftwerke abschalten möchte. Es lohnt sich immer, einen Text bis zum Ende zu lesen, bevor man twittert, liebe FDP. Der eigentliche Verlierer der Debatte sind aber die Menschen in diesem Land, in einer Zeit, in der jede Kilowattstunde zählt, in der Unternehmen und Privathaushalte Energie sparen sollen und unter hohen Energiepreisen leiden. Die letzten Tage haben aber gezeigt: Von der ursprünglich gefeierten Fortschrittskoalition ist nach einem Jahr wenig übrig geblieben. Was mich nach der Anweisung des Kanzlers am meisten gewundert hat, war die Reaktion des Wirtschaftsministers. Er meinte in den „Tagesthemen“, er „kann damit leben“. Lieber Minister Habeck, es geht hier nicht darum, dass Sie damit leben können. Ihr Taktieren, Ihre Angst vor der Niedersachsen-Wahl und Ihre Angst vor dem Grünenparteitag haben unserem Land geschadet. Als Wirtschaftsminister einer der größten Volkswirtschaften müssen Sie endlich konsequent handeln, statt auf einen warmen Winter zu hoffen. Es geht nicht darum, wie Sie sich fühlen. Es geht um Planungssicherheit, es geht um Versorgungssicherheit, es geht um Wohlstand, und am Ende des Tages geht es auch um das Vertrauen in die Politik in unserem Land, meine sehr geehrten Damen und Herren. Liebe Ampelfraktionen, liebe Ampelregierung, wir von der Unionsfraktion strecken Ihnen nach wie vor die Hand aus, um die Herausforderungen in diesem Land anzupacken. Das haben wir konstruktiv in den letzten Monaten im Ausschuss bewiesen, haben auf Fristen verzichtet. Wenn ein Gesetz in die richtige Richtung gegangen ist, haben wir diesem Gesetz auch zugestimmt. Aber Sie haben die Mehrheit in diesem Parlament, und das respektieren wir. Es ist auch Ihr gutes Recht, mit Ihrer Mehrheit Dinge zu beschließen und umzusetzen. Wir sind dann aber nicht schuld, wenn Sie nichts aufs Gleis bekommen. Deshalb brauchen Sie sich auch nicht ständig hier im Deutschen Bundestag zu echauffieren, wenn wir Ihre Fehler offen ansprechen. Vielen Dank.