Sie suggerieren energieoffene Ergebnisoffenheit, schneiden aber die Fragen auf die Ergebnisse zu, zum Beispiel zu den Auswirkungen der Energiewende auf Brown- und Blackout-Gefahr. Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Energiewende kostet Geld, sicherlich. Die Energiewende ist auch nicht für jeden leicht zu stemmen. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Kraft, Sie wollen eine Enquete-Kommission einsetzen und reden am Thema vorbei. Ihnen geht es doch gar nicht um die Kommission. Ihnen geht es nur darum, die Atomkraft wieder zu reaktivieren, obwohl sie so teuer ist. Was ist denn mit dem Müll? Wer soll das denn bezahlen? Wofür ist eine Enquete-Kommission da? Lassen Sie mich aus dem „Handwörterbuch des politischen Systems“ der Bundeszentrale für politische Bildung zitieren – denn politische Bildung tut uns hier allen gut, manchen ganz besonders –: „Umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe“ – das heißt, dass man sie nicht ausreichend in einzelnen Gesetzgebungsverfahren abbilden kann, weil sie verschiedene Themen und Dimensionen vereinen, zum Beispiel „Internet und digitale Gesellschaft“, „Künstliche Intelligenz“, „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“. Das alles sind Titel vergangener Enquete-Kommissionen. Weil es um solche komplexen, großen Themen geht, heißt es im Handwörterbuch weiter: Jetzt beantragen Sie eine Enquete-Kommission für die Sicherstellung der Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland. Für dieses Thema ist eine Enquete-Kommission gänzlich ungeeignet. Erstens brauchen wir die Sicherstellung der Energieversorgung jetzt und nicht erst mittel- und langfristig. Zweitens benötigen wir nicht noch ein weiteres parlamentarisches Gremium zur Bearbeitung eines Problems im Hier und Jetzt. Es gibt wunderbare Ausschüsse in diesem Haus, denen Sie auch angehören. In diesen Ausschüssen werden in jeder Sitzungswoche genau die Themen diskutiert, die Sie genannt haben. Und dass beispielsweise Fragen, die abstrus sind, nicht auf der Tagesordnung landen, lässt sich nicht dadurch lösen, dass die Tagesordnung einfach einen anderen Briefkopf bekommt. Drittens sind Enquete-Kommissionen für komplizierte Sachverhalte gedacht, die über dem gesetzgeberischen Verfahren schweben. Die Energiewende, unser Energiesystem, die Energieversorgung, das sind keine philosophischen Fragen, sondern ganz konkrete Materie. Viertens würde eine Enquete-Kommission auch nicht das tun, was Sie sich von ihr wünschen. Ich zitiere wieder das Handwörterbuch: Aus einer Enquete-Kommission entwickelt sich in der Regel ein Problembewusstsein, ein geschärftes Verständnis, das dann in die Politik der verschiedenen Ressorts einfließt. Was Sie sich aber wünschen, ist ein Rollback in der Energiepolitik. Sie wollen mit suggestiven Fragen die Ergebnisse der Kommission vorwegnehmen. Sie sprechen zum Beispiel von „sogenannten regenerativen Energien“ oder von – in Anführungszeichen – „grünem“ Wasserstoff. Die Energiewende wird aber in jedem ehrlichen und fairen, nicht verzerrten Kosten-Nutzen-Vergleich gewinnen; denn die Alternativen sind ganz sicher viel schlechter für unsere Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, für das Klima und auch für das gesellschaftliche Klima. Ich scheue die Analysen und Abwägungen ganz und gar nicht. Nur ist eine Enquete-Kommission nicht der richtige Platz dafür. Denn wenn ich deren Kosten und Nutzen abwäge, komme ich zu dem Schluss: Das lohnt sich nicht. Denn das Forum für diese Auseinandersetzungen gibt es bereits: Es sind die Ausschüsse für Klimaschutz und Energie, Wirtschaft und auch Arbeit und Soziales Und nicht nur in den Ausschüssen gibt es dieses Forum. Ich habe Ihnen gestern hier an dieser Stelle erklärt, was wir alles machen, um die Energiesicherheit zu gewährleisten: Ausweitung der Biogasproduktion, Streckbetrieb der Kernkraftwerke, Kohlekraftwerke, LNG-Terminals, vieles mehr. Wir stellen die Energieversorgung sicher. Stellen Sie sich der Debatte! Bringen Sie überzeugende Argumente ein! Ein weiteres Forum in Form einer Enquete-Kommission braucht es nicht. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen. Danke.