Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Bisher hat diese lebendige Debatte viel Dissens gezeigt. Das ist gut so. Das ist legitim; das gehört dazu. Sie hat an einer Stelle gezeigt, dass die Bedeutung dieses Gipfels ähnlich hoch eingeschätzt wird. Das ist nicht irgendein Gipfel; das ist nicht irgendein Krisengipfel. Das wäre eine Untertreibung. Die Staats- und Regierungschefs haben Krisengebirge mit sich überlappenden Krisen vor sich. Da kann ich nur sagen: Das steht in keinem Drehbuch. Das steht in keinem Koalitionsvertrag. Dafür gibt es keine Blaupause. Dafür braucht man andere Dinge: Vernunft, Pragmatismus, Lösungsorientierung, Handlungsfähigkeit und einen starken Bundeskanzler. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin froh, dass wir einen starken Bundeskanzler haben, der nach diesen Maßstäben handelt und auch auf diesem Gipfel handeln wird. Ich finde, dass die Bundesregierung liefert. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum das als lächerlich eingeschätzt wird. Oder sind 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr lächerlich? Nein, sie sind es nicht. Oder sind drei Entlastungspakete in Höhe von 95 Milliarden Euro lächerlich? Nein, sie sind es nicht. Oder sind die angekündigten 200 Milliarden Euro zur Entlastung bei den explodierenden Energiepreisen lächerlich? Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, sie sind es nicht. Diese Bundesregierung liefert auch politisch. Sie hat einen großen Beitrag dazu geleistet, dass Europa eben nicht gespalten ist, wie Herr Putin sich das vorgestellt hat, sondern geeint ist, bei den Sanktionen, die schwierig, aber richtig und notwendig sind, bei der Politik, die sie jetzt betreibt und die sie auf dem Gipfel weiter betreiben wird. Europa steht zusammen. Deutschland agiert im europäischen Kontext und im Kontext der NATO, und das ist richtig so, liebe Kolleginnen und Kollegen. Herr Merz, wenn Sie, grundsätzlich durchaus berechtigt, heftige, zum Teil fundamentale Kritik an der EU-Kommission, an Ihrer Parteikollegin aus der CDU Deutschlands, Frau von der Leyen, oder auch an der Christdemokratin aus Malta Roberta Metsola, der Präsidentin des Europäischen Parlaments, üben, ist das völlig in Ordnung. Aber ich habe dann eine andere Frage: Bisher habe ich gedacht, es gibt bei den großen Parteien in Europa, bei den großen Volksparteien in Deutschland Konsens, dass es richtig ist, die Demokratie in Europa zu stärken; das glaube ich auch weiterhin. Gibt es aber auch Konsens, die Demokratien in Europa zu stärken? Daran habe ich mittlerweile meine Zweifel. Reicht es nicht aus, dass wir einen Orban haben und seine Kompagnons? Reicht es nicht aus, dass wir eine illiberale Demokratie in der Europäischen Union haben? Müssen jetzt auch noch Schweden, Italien und im nächsten Jahr vielleicht Spanien dazukommen? Und warum können sie dazukommen? Weil Manfred Weber, der Chef der EVP, der Türöffner ist für Bündnisse von Christdemokraten, Konservativen mit Populisten, Rechtspopulisten und Postfaschisten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich bin wirklich dankbar, dass der Vorsitzende der CSU, Markus Söder, sehr deutlich gesagt hat, dass die CSU und auch er persönlich eine Brandmauer zwischen diesen Kräften ganz rechts außen und demokratischen Parteien wollen. Von Ihnen, Herr Merz, höre ich gar nichts. Ein dröhnendes Schweigen, das ist alles. Das ist nicht genug. Wir brauchen jetzt zusätzlich Krisenreaktionsfähigkeiten, die über den Tag hinausgehen. Wir müssen Zukunftsinvestitionen tätigen in Batteriezellfertigung, in erneuerbare Energien, in Impfstoffe und vieles andere mehr. Dazu ist die Europäische Union in der Lage, und sie wird auf diesem Gipfel weiter dazu in der Lage sein. Wir brauchen beides: Vertiefung und Erweiterung der Europäischen Union. Ja, es ist richtig, dass wir in vielen Bereichen mehr Mehrheitsentscheidungen brauchen. Aber es ist genauso richtig, die nächsten Schritte bei der Erweiterung der EU um den westlichen Balkan zu gehen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Denn auch das gehört zur Politik dazu, auch zur Politik in Europa: Man muss zu dem stehen, was man versprochen hat. Die Europäische Union, auch Deutschland, hat 2003 in Thessaloniki versprochen: Wenn die Kriterien eingehalten werden, können die Mitglieder des westlichen Balkans nach und nach Mitglied werden. Das ist fast 20 Jahre her. Wir sollten jetzt auf diesem Gipfel damit anfangen, dieses Versprechen einzulösen. Zusammengefasst: Es steht viel auf dem Spiel. Dieser Bundeskanzler, diese Bundesregierung, dieser Bundesfinanzminister, dieser Wirtschaftsminister und diese Außenministerin werden dieser Verantwortung gerecht. Denn, wie gesagt, das Wichtigste ist jetzt pragmatisches Handeln, Handlungsfähigkeit für Deutschland und Europa. Schönen Dank.