Die Maßnahme, um die Personalsituation in der Pflege in Krankenhäusern zu verbessern, führen wir entsprechend der Pflegepersonalregelung 2.0 – PPR 2.0 – in drei Phasen ein: in einer Erprobungsphase ab Anfang 2023, in einer Einführungsphase ab Januar 2024 und in einer dritten Phase, der Konvergenzphase. Die Einführung wird mit Augenmaß erfolgen. Der Wunsch wird nicht sofort Wirklichkeit werden. Das muss uns klar sein. Wir schaffen die Rahmenbedingungen, um den Bedarf der Pflege so attraktiv wie nur möglich zu machen. Die Fortschrittskoalition löst mit der Einführung einer solchen verbindlichen Personalbemessung im Krankenhaus ihr Versprechen ein, sich mittels struktureller Veränderungen für gute Arbeit in der Pflege einzusetzen. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ein seltenes Bild, mal die CDU und Die Linke hier im Plenum in Eintracht zu sehen! Kommen wir zur Sachebene. Seit dem Frühjahr 2020 hat die Coronapandemie den Alltag im ganzen Land auf den Kopf gestellt. Die Krise hat wie ein Brennglas bereits vorher bestehende Probleme offengelegt und verstärkt. Krankheitsbedingte Personalausfälle in Krankenhäusern haben mittlerweile flächendeckend zugenommen, rund 90 Prozent davon in den patientennahen Bereichen. Am stärksten betroffen von krankheitsbedingten Ausfällen sind die Pflegekräfte. Viele Ausfälle also wegen Corona. Die Personaldecke bei Pflegekräften ist dadurch noch stärker ausgedünnt worden, als sie es vorher schon war. Dementsprechend ist der Fachkräftemangel jetzt offenkundig. Der Mangel an helfenden Händen wurde spätestens mit der Coronapandemie quasi demaskiert und verstärkt. Aber Corona ist beileibe nicht das einzige Problem. Pflegekräfte scheiden in zunehmendem Maße aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus ihrem Beruf aus. Sie benennen dabei Belastungsfaktoren wie Zeitdruck, hohen Verwaltungsaufwand, organisatorische Mängel, körperliche Belastung. Der demografische Wandel spielt ebenfalls eine Rolle. In den nächsten zehn bis zwölf Jahren gehen circa 500 000 Pflegefachkräfte in Rente. Der Mangel wird sich also noch verstärken, bei steigendem Bedarf. Um den Bedarf decken zu können, braucht es mehr helfende Hände. Dafür müssen wir sicherlich neue Kräfte rekrutieren und alte zurückholen. Die Studie der Hans-Böckler-Stiftung „‚Ich pflege wieder, wenn …ʼ – Potenzialanalyse zur Berufsrückkehr und Arbeitszeitaufstockung von Pflegekräften“ zeigt auf: Viele Pflegefachkräfte wären bereit, in ihren Beruf zurückzukehren oder ihre Stundenzahl zu erhöhen, wenn sie dort eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen vorfinden würden. Es gibt nicht das eine Patentrezept – das ist uns allen klar –; denn bessere Arbeitsbedingungen erfordern mehr Pflegepersonal. Und andersherum: Um mehr Pflegepersonal gewinnen zu können, braucht es eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Wir als Politik müssen dementsprechend die Negativspirale aufbrechen; denn bei sehr vorsichtiger Kalkulation ergibt sich ein Potenzial von mindestens 300 000 Pflegekräften in Vollzeit und in einem optimistischen Szenario sogar 660 000 Vollzeitpflegekräfte, die zurückgeholt werden könnten. Das heißt also: Wir brauchen eine angemessene Bezahlung durch weitere Aufwertung der Tarifbindung. Aber Geld ist nicht alles. Wir brauchen auch eine vereinfachte Dokumentation, Bürokratieabbau, Digitalisierung und – essenziell dabei – ausreichende Zeit für eine gute Pflege durch bedarfsgerechte Personalbemessung, verlässliche Arbeitszeiten durch teambasierte Dienstplangestaltung sowie Ausfallmanagement. Im Koalitionsvertrag – meine Kollegin hat es vorhin gesagt – hat sich die Fortschrittskoalition darauf verständigt. Sie möchte mit dem hier vorliegenden Entwurf zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz den nächsten Schritt gehen, für das ich Ihnen, Herr Minister, und Ihrem Haus ausdrücklich danke; denn wir gehen jetzt einen Schritt weiter. Wir wollen eine angemessene Personalausstattung in der Pflege im Krankenhaus, um die Arbeitssituation der Pflegekräfte als auch die Qualität der Patientenversorgung spürbar zu verbessern. Ziel ist es dabei, mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf Transparenz über die Personaldefizite herzustellen und darüber hinaus Krankenhäuser zu verpflichten, die Defizite mittel- bis langfristig auszugleichen. Gute Arbeit in der Pflege hat nicht nur mit Respekt und Anerkennung für Beschäftigte zu tun – ja, auch das –, sondern insbesondere auch mit menschlicher Würde von Patientinnen und Patienten, die auf eine qualitativ hochwertige Pflege angewiesen sind. In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussberatungen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.