Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Es nervt. Schon wieder reden wir über Atomkraft. Und an die AfD: In jeder Ehe gibt es Meinungsverschiedenheiten, zumindest wenn man, anders als Sie, Gleichberechtigung ernstnimmt. Ich habe Verständnis, wenn Koalitionspartner unterschiedliche Positionen vertreten, auch wenn ich in diesem Fall das Festhalten an Atomkraft blödsinnig finde. Aber es nervt, dass die AfD einen erledigten Koalitionsstreit erneut anfachen will, nur um sich zu profilieren. Wir haben hier wirklich wichtigere Themen zu bearbeiten. Aber nein, dann drehen wir halt die hundertste Extrarunde und kauen erneut durch, warum Atomkraft Schwachsinn ist. Erstens. Atomkraft ist hochriskant. Geht was schief, dann war es das. Zweitens. Atommüll will keiner haben. Niemand will ihn lagern. Er strahlt Hunderttausende Jahre, und der irre Glaube an Transmutation ist mehr Fiktion als Realität. Drittens. Der Mythos, dass französischer Atomstrom Deutschland rettet, ist seit diesem Sommer widerlegt. Von 56 französischen Atomreaktoren laufen keine 30. Raten Sie mal, welcher deutsche Strom Frankreich jetzt vorm Blackout rettet? Viertens. Der von Ihnen ignorierte Klimawandel vereitelt die von Ihnen glorreich verehrte Atomenergie, weil wegen der Dürren ausreichend Kühlwasser fehlen wird, so wie diesen Sommer in Frankreich. Fünftens. Lange Bauzeiten von über 15 Jahren für neue AKW. Sechstens. Keine Versicherung bezahlt Schäden nach Atomunfällen. Siebtens. Ohne Milliarden Steuersubventionen wäre Atomstrom unbezahlbar. Achtens. Ganze Regionen werden durch Uranbergbau zerstört, und Tausende Bergleute sterben vorzeitig an Krebs. Und neuntens. Ich habe jetzt lange genug über den Irrweg Atomkraft gesprochen. Geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe Lust, mit Ihnen an einer Energieversorgung zu arbeiten, die wirklich risikoarm ist, die bezahlbar und sicher ist und von der die Menschen in den Regionen profitieren. Wir müssen dafür sorgen, dass jede erzeugte Kilowattstunde auch genutzt wird. Dafür schlägt Die Linke beispielsweise den Ausbau der Wärmenetze und die Nutzung von Überschussstrom für Wärme vor; dann stehen Windräder seltener still. Wir fordern auch neue Netzentgelte für Unternehmen. Es ist doch Schwachsinn, dass Unternehmen den billigsten Strom bekommen, wenn sie 7 000 Stunden lang konstant Strom verbrauchen. Ich fordere ein System, das Industrierabatte an die Flexibilität der Erzeugung von Wind und Solarstrom koppelt. Wir fordern, regional erzeugten Strom auch regional in Deutschland zu verbrauchen. Dafür sollten in Deutschland die Preiszonen getrennt werden. Energie ist Daseinsvorsorge und muss bezahlbar sein. Jeden Tag an der Tanksäule sieht man, dass Konzerne stets versuchen, ein Maximum an Profiten herauszuschlagen. Wir fordern eine strenge Preisaufsicht, die Abzocke und Spekulation verhindert. Die Linke fordert Preisdeckel für Strom, Gas, Fernwärme und alle anderen Heizenergien. Die Netzentgelte steigen, weil privat organisierte Netzbetreiber ihren Aufbau an Gewinnmargen statt am volkswirtschaftlichen Bedarf orientieren. Wir fordern, die Übertragungsnetze in einem Unternehmen zu verstaatlichen. Die Menschen brauchen preiswerte Grundkontingente für Strom, Gas und Heizenergie. Auch Handwerk, Landwirtschaft und Unternehmen benötigen diese. Liebe Bürgerinnen und Bürger, die genannten Maßnahmen helfen; aber ihre Umsetzung wird Zeit brauchen. Deshalb braucht es wirksame Soforthilfen: ab sofort 125 Euro monatlich für jeden Haushalt, das macht 1 500 Euro im Jahr, plus 50 Euro für jede weitere Person; das sind noch mal 600 Euro. Es braucht einen Heizkostenzuschuss zum Wohngeld nach Haushaltsgröße. Wir fordern Zuschüsse zu Energiekosten an Kommunen, an Krankenhäuser, Pflegeheime und an alle Sozialeinrichtungen. Zur Bezahlung können wir 100 Milliarden Euro aus der Extrabesteuerung von Sondergewinnen der Konzerne nehmen und eine Vermögensteuer einführen. Kolleginnen und Kollegen, ich muss wiederholen: Über unsere Vorschläge rede und streite ich gern mit Ihnen. Das wäre produktiv, brächte wirksame Ergebnisse für die Menschen, für die Umwelt, fürs Klima. Die eigentlichen Probleme liegen noch vor uns: Es ist der Klimawandel. Der Streit über Atomkraft bremst uns nur aus. Vielen Dank.