Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Titel von Jens Spahns kürzlich vorgestelltem Buch „Wir werden einander viel verzeihen müssen“ kommt nicht von ungefähr. Der ehemalige Gesundheitsminister der Union gibt darin grobe Fehler in der Coronapolitik der letzten Bundesregierung zu. Nun hat sich die FDP weiß Gott immer gegen unverhältnismäßige und massive Grundrechtseinschränkungen in der Coronapolitik eingesetzt und die Bürgerrechte verteidigt. Jetzt, in Regierungsverantwortung, hat die FDP darauf hingewirkt, dass sich in der Coronapolitik ein Paradigmenwechsel vollzogen hat: weg von flächendeckenden, pauschalen Freiheitseinschränkungen hin zu verhältnismäßigen und zielgenaueren Maßnahmen, meine Damen und Herren. Nun fordert die AfD eine Aufarbeitung der Coronapolitik in einem Untersuchungsausschuss. Das ist doch nichts anderes als der Versuch, so lange wie möglich parteipolitisch von der Coronakrise zu profitieren. Das Ziel ist auch nicht, einen konstruktiven Beitrag in der parlamentarischen Debatte zu liefern. Das Ziel ist vielmehr, sich den Applaus der Coronaleugner und der Verschwörungstheoretiker so lange wie möglich zu sichern. Ein Untersuchungsausschuss macht doch nur dann wirklich Sinn, wenn ein Vorgang abgeschlossen ist und abschließend beurteilt werden kann. Aber die aktuellen Coronazahlen – das leugnet doch niemand – zeigen, dass es für eine abschließende Beurteilung noch zu früh ist. Ein Untersuchungsausschuss dient auch dazu, Probleme zu identifizieren, um daraus konkrete Handlungsoptionen für die Regierung abzuleiten, die dann gegebenenfalls einen Kurswechsel vollziehen kann. Das ist aber jetzt unnötig geworden, weil der Regierungswechsel schon einen Paradigmenwechsel in der Coronapolitik hervorgebracht hat. Deswegen wäre das Ziel eines solchen Untersuchungsausschusses schon jetzt überholt. Ich will nur ein paar Beispiele dafür nennen: Erstes Beispiel. In Bezug auf die Maskenaffäre hat sich die Ampelkoalition darauf geeinigt, das Verbot unerlaubter Nebeneinkünfte in Zusammenhang mit der Mandatsausübung neu zu regeln. Zweites Beispiel. Anstatt die Coronapolitik an der Volksvertretung vorbei zu machen, wurden die Debatten und die Entscheidungen gezielt in dieses Parlament gebracht. Drittes Beispiel. Die Impfpflicht ist in diesem Parlament intensiv und ausgiebig debattiert und entschieden worden. Viertes Beispiel. Corona hat an vielen Stellen Defizite bei der Digitalisierung in Deutschland offengelegt. Der Digitalisierungsminister Volker Wissing hat eine Aufholjagd angekündigt, die schon im Gange ist. Letztlich hat also der Regierungswechsel zu mehr Eigenverantwortung, zu zielgenaueren Maßnahmen und zu mehr Freiheit geführt. Wir setzen die notwendigen Schutzmaßnahmen um. Wir treiben die Diskussion über einen Impfschutz voran, ohne den Menschen tiefgreifende Freiheitseinschränkungen zuzumuten. Auch die FDP hat vieles in der Coronapolitik der letzten Jahre für falsch gehalten. Aber ein Untersuchungsausschuss ist nicht das Mittel, um politische Entscheidungen zu untersuchen, die man selber für falsch hält. In einem Untersuchungsausschuss werden mit den Instrumenten der Strafprozessordnung politische Skandale ausgeleuchtet. Nun ist die Coronapolitik etwas anderes. Das ist tastende Politik gewesen zwischen Seuchenbekämpfung einerseits und Grundrechtsgeltung andererseits. Da sind auch nach unserer Auffassung vielfach falsche Schwerpunktsetzungen erfolgt, aber nicht von der Art, dass wir sie mit den Mitteln der Strafprozessordnung aufklären müssten. Deshalb werden wir den Antrag der AfD auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ablehnen. Ich danke Ihnen.