Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss zunächst zu den Kollegen Herrn Dr. Wiener und Frau Huy etwas sagen; denn es ärgert mich schon, dass wir über Fachkräftegewinnung im Inland sprechen und Sie Ihre Zeit darauf verwenden, gegen Menschen aus dem Ausland zu hetzen. Ich verstehe nicht, warum das immer und immer wieder passiert. Gerade der Spurwechsel, Herr Dr. Wiener, ist richtig. Ich war anderthalb Jahre Integrationsbeauftrage in Freiberg. In dieser Zeit habe ich mehrere Auszubildende in den Betrieben gehabt, die aus dem Betrieb heraus abgeschoben wurden. Erklären Sie den Betrieben doch mal, was an dem Spurwechsel so doof ist. Dass gut qualifizierte Leute abgeschoben werden, das muss nicht sein. Wir stehen vor großen Herausforderungen, wenn wir über das Thema Fachkräftesicherung sprechen, und wir nehmen die Verantwortung an, Menschen Sicherheit im Wandel zu geben. Erst am Mittwoch hat Hubertus Heil in Abstimmung mit allen zuständigen Ressorts die Fachkräftestrategie der Bundesregierung vorgestellt. Dafür möchte ich mich bedanken; denn da stehen sehr viele wichtige und richtungweisende Punkte drin. Ich freue mich, diese mit Ihnen allen gemeinsam weiter mit Leben zu füllen. Ich möchte als Erstes betonen, werte Union, dass ich Ihren Antrag ganz gerne gelesen habe. Denn an ihm ließ sich ja gut erkennen, dass wir zumindest an einigen Stellen gar nicht so weit voneinander entfernt sind. Das gibt mir dann doch Hoffnung für die weiteren Beratungen der Fachkräftestrategie der Bundesregierung. Zum Beispiel der Aspekt der Frauenerwerbstätigkeit. Es ist ein Unding, dass Frauen am Arbeitsmarkt immer noch ungleich behandelt werden und viel öfter in Teilzeit arbeiten. Weniger Arbeitsstunden bedeuten kleinere Löhne, und die bedeuten kleinere Renten. Und Altersarmut ist besonders bei Frauen ein großes Problem. Also müssen wir unter anderem Infrastruktur aus- und aufbauen, zum Beispiel durch bessere flächendeckende Kinderbetreuung oder Ganztagsschulen für alle Kinder in ganz Deutschland. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass Kinderbetreuung, Hausarbeit oder Pflege eben nicht nur auf den Schultern der Frauen lasten. Die Frauenerwerbstätigkeit wird nämlich auch dann weiter steigen, wenn diese Aufgaben endlich partnerschaftlich verteilt sind. Es braucht also nicht nur eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Mütter, sondern eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie für alle. Wenn man sich die Engpassberufe genauer anschaut, dann fällt auf, dass besonders da Fachkräftemangel herrscht, wo ein Geschlecht über- bzw. unterrepräsentiert ist. In den sozialen Berufen sehen wir überdurchschnittlich viele Frauen, während wir zum Beispiel im Handwerk sehr, sehr viele Männer haben. Dabei bin ich der festen Überzeugung: Alles, was ein Mann kann, kann eine Frau auch, und umgekehrt. – Da kann man mal klatschen. Erst vorgestern haben Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion und ich gemeinsam mit Sozialpartnern und Arbeitgeberverbänden aus dem Handwerk zusammengesessen und uns beraten. Die Kolleginnen und Kollegen haben recht, wenn sie sagen, dass wir eine breite Allianz zur Stärkung des Handwerks benötigen; denn gerade dort brauchen wir die vielen klugen und gut ausgebildeten Menschen. Nur mit ihnen werden wir die Herausforderungen der Verkehrswende, der Bauwende oder auch der Digitalisierung schaffen. Das ist mir auch und besonders für Ostdeutschland wichtig; denn bei uns vor Ort wird weniger ausgebildet. Dabei ist Ostdeutschland so ein schöner Landstrich. Ich kann das bestätigen. Wir wollen Unternehmen dabei unterstützen, mit einem Qualifizierungsgeld ihre Fachkräfte weiterzubilden, zu halten und sich so besser und breiter aufzustellen. Und andererseits geben wir jungen Menschen mit der Ausbildungsgarantie das Recht auf einen guten Ausbildungsplatz. In der Transformation der Arbeitswelt ist Weiterbildung ein wichtiger Faktor. Deshalb freue ich mich, dass Hubertus Heil das Ziel ausgegeben hat, die Bundesrepublik Deutschland zur Weiterbildungsrepublik für alle zu machen. Wir wollen zum Beispiel Menschen im SGB II mit dem Weiterbildungsbonus die Möglichkeit geben, sich nachhaltig aus der Arbeitslosigkeit herauszuarbeiten und dann wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen. Damit komme ich zu einem Punkt in Ihrem Antrag, werte Union, der mir so gar nicht gefällt. Wir haben gestern in erster Lesung das Bürgergeldgesetz beraten, und da haben Sie schon wieder, wie in Punkt 16 Ihres Antrags nachzulesen, gefordert – Zitat –, Da haben wir ein ganz anderes Menschenbild: Wir vertrauen Menschen. Wir wollen sie ermutigen und echte Anreize schaffen. Ich bin sehr sicher, dass der Grundsatz „Anreiz durch Bestrafung“ ausgedient hat. Wir stehen für Ausbildung vor Aushilfsjob und für nachhaltige Integration vor sinnloser Vermittlung. Wir werden deshalb natürlich keinem Antrag zustimmen, der unter anderem die Wiederaufnahme der ausgesetzten Sanktionen fordert. Eine Bitte noch an Sie, liebe Union: Wir freuen uns sehr über Vorschläge von Ihnen, was Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland angeht. Aber auch das haben Sie heute wieder missen lassen. Vielen Dank.