Sehr geehrte Frau Präsidentin! Der Fachkräftemangel ist neben Corona und dem Energiekrieg Putins gegen Deutschland die größte Wohlstandsgefährdung unserer Zeit für unsere Volkswirtschaft. Mittlerweile hat dieser eine solche Dimension angenommen, dass Forscher uns sagen, dass der Fachkräftemangel jährlich 86 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung kostet. Das ist ein Problem, das nicht vom Himmel gefallen ist, sondern das sich Jahr für Jahr aufgebaut hat. Das hat nämlich etwas mit dem demografischen Wandel zu tun. Nichts ist sicherer als die demografische Statistik: Ein Kind, das heute nicht geboren ist, ist morgen nicht auf der Welt. Sie als Union haben dieses Thema nicht etwa verschlafen; Sie haben sich über Jahre verweigert, hier eine Lösung herbeizuführen. Das muss an dieser Stelle auch noch mal bemerkt werden. Sie wollen nicht zur Lösung beitragen, weil Sie sich einer eigenen Lebenslüge oder zumindest eines Lebensirrtums nicht entledigen können. Sie wissen ganz genau, was die Forscher uns sagen: dass wir mittlerweile jährlich eine Zuwanderung von 400 000 Menschen in unseren Arbeitsmarkt brauchen – qualifizierte Zuwanderung. Auch die ehemalige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen hatte Ihnen, also ihrer eigenen Fraktion, das schon vor zwölf Jahren ins Stammbuch geschrieben. Sie haben sie damals blockiert. Wir als FDP hätten damals schon die richtigen Weichen gestellt. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, Ihr Antrag heute zeigt, dass Sie noch keinen Schritt weiter sind. Das ist nicht in Ordnung. Sie müssen sich der Wahrheit stellen, dass der Fachkräftemangel nur durch gesteuerte qualifizierte Erwerbsmigration möglich sein kann. In Ihrem Antrag schlagen Sie jetzt ausschließlich Maßnahmen vor, die es ermöglichen, das innere Fachkräftepotenzial zu wecken – gar keine Frage. Aber wenn man sich mal die 22 Forderungen Ihres Antrages anschaut, dann stellt man doch erstaunt fest, mit welchen Maßnahmen Sie das angehen wollen: Schulabbrecherquote reduzieren, Berufsorientierung an Schulen verbessern und Schulpläne anpassen. Außerdem finden sich in Ihrem Antrag Forderungen wie: Bildungsabschlüsse miteinander vergleichbar machen und die Kinderbetreuung verbessern. Das sind alles tolle und richtige Vorschläge. Allein: Die Umsetzung obliegt den Bundesländern und den Kommunen. Sie verschieben die Verantwortung auf andere. Das ist zu wenig für eine Bundestagsfraktion. Und im Übrigen sind das auch alles nur Appelle ohne Lösungswege; das ist erst recht zu wenig für eine Bundestagsfraktion. Es ist natürlich richtig, dass wir das Erwerbspersonenpotenzial des Inlandes besser nutzen und da vorankommen müssen. Das tut ja auch diese Regierung. Jetzt komme ich zum letzten Vorschlag für eine gute Oppositionsarbeit: Lesen Sie auch die Anträge und die Gesetzentwürfe der Regierung! Dann würden Sie nämlich sehen, dass wir mit dem neuen Bürgergeld genau das in Angriff genommen haben: dass wir die Menschen besser qualifizieren, um sie nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, es war ein Versuch. Wir warten auf Besserung.