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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mich freut, dass wir heute hier zu dieser wichtigen Debatte zusammenkommen. Mich hätte es aber noch viel mehr gefreut, wenn zumindest der Behindertenbeauftragte oder der Patientenbeauftragte der Bundesregierung heute dieser Debatte beigewohnt hätten.
Beifall bei der CDU/CSU
Der Patientenbeauftragte sitzt da, Herr Kollege! Vielleicht erst mal gucken!
Erst schauen, dann aufregen!)
– Dann entschuldige ich mich an dieser Stelle. Aber der Behindertenbeauftragte hätte zumindest an dieser Debatte auch teilnehmen können.
Die heutige Debatte ist eine äußerst schwerwiegende Debatte, weil sie die schwierigste aller Fragen berührt, die Frage nämlich, wer im Notfall leben darf, wer sterben muss und wer darüber entscheiden darf. Auch wenn bis heute keine Triage-Entscheidung an deutschen Kliniken gefällt werden musste, so ist es doch richtig, ja überfällig, diese vor allem für die Ärzte extrem schwierige Situation, über Leben und Tod zu entscheiden, gesetzlich zu klären,
Vor allen Dingen ist die Frage wichtig für die, über die entschieden wird!)
zu klären mit dem Ziel, dieses Dilemma für Ärzte, Patienten und Angehörige ethisch verantwortbar zu lösen, Rechtssicherheit für die behandelnden Ärzte zu schaffen, aber auch, um behinderte, benachteiligte und vulnerable Menschen vor Diskriminierung in einer für alle Beteiligten so schwierigen Situation zu schützen.
Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung ist dabei stark geprägt vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Dezember 2021, der dem Gesetzgeber auferlegt hat, im Falle einer Triage jegliche Form von Benachteiligung wegen einer Behinderung von vornherein hinreichend zu verhindern. Gleichwohl muss die Letztentscheidung bei den Ärzten liegen, die sich nur an der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit der betroffenen Patienten festmachen darf. Eine Behinderung, der Grad der Gebrechlichkeit, das Alter, die ethnische Herkunft, die Religion oder Weltanschauung, das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung des Betroffenen dürfen keine Rolle bei der Zuteilungsentscheidung spielen. Eine Gesellschaft, die solche Grundsätze aufgibt, hat ihren moralischen Kompass komplett verloren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Als Arzt betone ich die Rechtssicherheit für die jeweiligen ärztlichen Entscheidungsträger in diesem Dilemma. Sollte die Entscheidung im Weiteren trotzdem zum Tod des Intensivpatienten führen, während wegen dieser Entscheidung ein anderer Patient verstorben ist, weil dieser nicht intensivmedizinisch behandelt wurde, darf gegen den Arzt kein individueller Schuldvorwurf erhoben werden. Sein ärztliches Handeln muss in dieser Extremsituation als objektiv rechtmäßig bewertet und anerkannt werden. Insofern sollte eine Kontrolle nicht den Gerichten überlassen werden, sondern der Ärzteschaft.
Nicht per se unmoralisch halte ich die Diskussion um eine Ex-post-Triage. Denn die aktuelle Überlebenswahrscheinlichkeit lässt sich bei vielen Patienten erst nach einem intensivmedizinischen Behandlungsversuch verlässlich abschätzen,
Beifall der Abg. Simone Borchardt [CDU/CSU])
wie auch die einschlägigen Fachgesellschaften betonen. Wenn ein klar dem Tode geweihter Intensivpatient das letzte Intensivbett besetzt, während ein anderer Patient mit absehbar höherer Überlebenswahrscheinlichkeit nicht behandelt wird und deswegen auch sterben muss, so ist das ethisch-moralisch zumindest fragwürdig.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz aller politischen Gegensätze hier im Hohen Hause dürfen wir uns niemals von dem Grundsatz verabschieden, menschlichem Leben die höchste Bedeutung beizumessen und es zu bewahren. Das gebietet uns nicht nur die Humanität, sondern auch unsere deutsche Geschichte.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Corinna Rüffer.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)