- Bundestagsanalysen
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade gehört, dass Deutschland etwas wollen soll, und es ist ganz klar: Wir als Deutschland wollen, dass das Recht auf Asyl weiterhin gewährleistet bleibt. Das sind wir auch den Menschen hierzulande schuldig. Wir haben internationale Verträge, wir haben unser Grundgesetz, wir haben unseren Rechtsstaat, und da ist dieses Recht verbrieft. Ich glaube, wir handeln im Interesse aller Menschen hier in Deutschland, wenn wir diesen Rechtsstaat weiterhin verteidigen und schützen,
Das tun Sie ja gerade nicht!)
und das ist es, was wir auch als Fraktion wollen.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ein Satz noch zur Seenotrettung. Ich verstehe einfach nicht, was Sie da wollen. Wenn jemand in Seenot ist, müssen wir – auch da nach internationalem Recht, nach unserem Recht – diese Person retten. Da gibt es keine Alternative, Punkt. Das ist so.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Zurufe von der AfD)
Als ich im Februar am Berliner Hauptbahnhof war, waren die Bahngleise voll von Menschen, die vor Putins Raketen geflohen waren. Einige wollten weiterreisen nach Spanien, Italien, in die Niederlande oder nach Frankreich. Es sind Momentaufnahmen, es ist nur eine Seite des brutalen Angriffskriegs, den Russland gegen die Ukraine führt: 14 Millionen Menschen mussten infolge des Krieges ihre Heimat verlassen, 7,5 Millionen flohen ins Ausland. Schutz finden sie in ganz Europa: Von Finnland bis Portugal, von Irland bis Rumänien empfangen Staaten Geflüchtete, organisieren Wohnraum, schulen Kinder ein und öffnen ihre Arbeitsmärkte.
Niemand kann behaupten, dass die Aufnahme von 7,5 Millionen Menschen einfach ist; das sagt auch niemand. Aber ohne das enorme zivilgesellschaftliche Engagement wäre die Aufnahme nicht möglich. Dass es überhaupt funktioniert, liegt auch ganz zentral an etwas, das die AfD-Fraktion mit ihrem Antrag heute aufkündigen will: an der europäischen Solidarität. Die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter sollte uns vor Augen führen, was Europa leisten kann, wenn alle Staaten zusammenstehen.
Vor diesem Hintergrund einen Rückzug Deutschlands aus dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zu fordern, wie die AfD es tut, ist Wahnsinn. Ein sogenannter Opt-out, also die Nichtteilnahme an einem auf EU-Ebene geregelten Politikbereich, wird vor Inkrafttreten von Verträgen verhandelt. Ein nachträglicher Ausstieg ist gar nicht möglich. Das, was Sie fordern, ist also nicht möglich, außer Sie wollen aus der EU austreten; das müssten Sie dann halt einfach sagen.
Beifall des Abg. Karsten Hilse [AfD]
Das wollen wir!)
– Gut, dann haben Sie es jetzt noch mal gesagt.
Richtig!)
Ein Opt-out wäre auch falsch, weil gerade das Gemeinsame die Stärke in der Asyl- und Migrationspolitik ist und ein Ausstieg Deutschlands aus dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem das gesamte System ins Wanken bringen würde. Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, muss man Schutz gewähren. Das ist eine große Errungenschaft des 20. Jahrhunderts. Verwirklichen lässt sich dieses Recht nur gemeinsam. Auch dank der europapolitischen Führungsrolle unserer Innenministerin Nancy Faeser gibt es vielversprechende Ansätze, ein gemeinsames solidarisches Vorgehen auf europäischer Ebene zu organisieren. 19 EU-Staaten sowie Norwegen und die Schweiz haben den freiwilligen Solidaritätsmechanismus für aus Seenot gerettete Menschen auf den Weg gebracht.
Gleichzeitig – das muss man auch sagen – finden menschenrechtswidrige Pushbacks statt, Gewalt gegen Schutzsuchende an den Außengrenzen und die Aussetzung von schutzlosen Menschen auf hoher See. Diese Situation zu beenden und wieder Sicherheit für alle Menschen an den Außengrenzen zu schaffen, muss ein unverhandelbares Ziel aller Anstrengungen um die GEAS-Reform bleiben. Und wir müssen aufpassen, dass neue Rechtsakte nicht Schlupflöcher bieten, um das Recht auf Asyl an den Außengrenzen auszuhöhlen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bilder vom Berliner Hauptbahnhof sind heute nicht mehr die gleichen. Aber deutschland- und europaweit wird weiterhin mit großer Kraft daran gearbeitet, dass Unterkünfte hergerichtet und Schulplätze organisiert werden. Auch das sind Momentaufnahmen, aber sie zeigen: Wenn die Europäische Union zusammenhält, wenn alle Länder zusammenhalten, wenn wir solidarisch sind, dann funktioniert vieles viel besser.
Danke schön.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Für die CDU/CSU-Fraktion erhält das Wort der Kollege Detlef Seif.
Beifall bei der CDU/CSU)