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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Also, Herr Pohl, dann müssen Sie schon ehrlich sagen: Wir wollen raus aus der EU. – Sagen Sie es
doch!
Ein Europa der Vaterländer!)
Anders geht das ja nicht; denn eine Richtlinie muss in nationales Recht umgesetzt werden. Das sind die Spielregeln.
Heute Nachmittag debattieren wir zum Thema Arbeitnehmermitbestimmung bei grenzüberschreitenden Umwandlungen – wir haben es gehört –, sei es durch
Formwechsel, Verschmelzung oder Abspaltung. Es geht um Arbeitnehmerrechte im europäischen Kontext, Arbeitnehmerrechte vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen
Dynamik des europäischen Binnenmarkts, der zwangsläufig und wünschenswerterweise zusammenwächst. Es geht darum, sicherzustellen, dass die Wettbewerbsfähigkeit
europäischer Unternehmen auf globalen Märkten gestärkt wird und gleichzeitig Mitbestimmungsrechte für Arbeitnehmer gewahrt bleiben. Das ist die Aufgabe, und die
haben wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gelöst, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Materie ist komplex. Alle 27 Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Historien im Mitbestimmungsrecht. Mit der Umwandlungsrichtlinie hat die EU
2019 einen einheitlichen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Umwandlungen geschaffen, und den müssen wir bis zum 31. Januar 2023 in deutsches Recht umsetzen.
Ein einheitlicher Rechtsrahmen, der Rechts- und Planungssicherheit für Unternehmen schafft, die europäischer werden wollen: Das ist eine gute Botschaft,
insbesondere für den deutschen Mittelstand, die tragende Säule des Wohlstands in Deutschland. Das ist eine gute Botschaft für unsere mehr als 1 500 Hidden
Champions, die auch in ihrer Unternehmenskultur nicht mehr allein deutsche Champions sein wollen, sondern immer häufiger europäische Champions werden
wollen.
Gerade diesen Unternehmen fällt es aber oft genug schwer, sich in fremdes Recht einzuarbeiten oder die Kosten für hohe Beraterhonorare aufzuwenden, um
international rechtskonform zu agieren. Deshalb ist ein einheitlicher europäischer Rechtsrahmen ein Fortschritt, insbesondere für den Mittelstand, liebe
Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Materie ist komplex. Uns allen ist bewusst, dass das BMAS seine geballte juristische Kompetenz aufwenden musste, um den arbeitsrechtlichen
Anforderungen an die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht gerecht zu werden. Für die Freien Demokraten darf ich feststellen, dass wir an dem
vorliegenden Gesetzentwurf nichts auszusetzen haben.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Carina Konrad [FDP]
Bei uns im Sauerland heißt es: Nicht gemeckert ist Lob genug.
Aber im Ernst: Wir begrüßen die Eins-zu-eins-Umsetzung. Sie erfüllt die Erwartung der Kommission, die Mitbestimmungsrechte zu schützen, und sie
erfüllt die Erwartung der Wirtschaft hinsichtlich eines einheitlichen Rechtsrahmens bei Umwandlungen. Wir begrüßen die Eins-zu-eins-Umsetzung, und wenn Sie mir
die kleine Spitze gestatten: Das hätte ich mir in der Vergangenheit öfter gewünscht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dass sich die Umwandlungsrichtlinie und das Umsetzungsgesetz an der europäischen Rechtsform der Societas Europaea orientieren, ist effizient und zu
begrüßen. Wir bringen den Gesetzentwurf übrigens genau 50 Jahre nach der letzten großen Reform des Betriebsverfassungsgesetzes, der Mitbestimmungsreform von
1972, ein. Das waren, lieber Bernd Rützel, sozialliberale Zeiten, und das waren gute Zeiten für Deutschland.
Da war der Bernd Rützel vier!)
Ja, mir ist bewusst, dass es einige Kolleginnen und Kollegen im Hohen Hause geben mag, die sich in Europa mehr paritätische Mitbestimmung wünschen
würden. Aber so erfolgreich Deutschland Waren und Dienstleistungen in die Welt exportiert, so müssen wir doch feststellen: Die paritätische Mitbestimmung ist
nie ein Exportschlager geworden. Die große Mehrheit unserer europäischen Freunde und Nachbarn pflegt nach wie vor ein eher distanziertes Verhältnis zur
Unternehmensmitbestimmung nach deutschem Muster: Sie haben gar keine Mitbestimmung oder maximal eine Drittelbeteiligung. Das mag man richtig oder falsch finden,
aber so ist das nun mal. Das ist die souveräne Entscheidung unserer europäischen Partner. Das ist gelebte Subsidiarität.
Man kann für mehr Unternehmensmitbestimmung werben, man kann die Vorteile anpreisen und auf gute Erfahrungen von großen Unternehmen verweisen. Aber
wir sollten uns immer bewusst machen: Unser abgestuftes Modell von der Drittelbeteiligung bis zur echten paritätischen Mitbestimmung ist bis heute ein
Alleingang in Europa geblieben.
Von allen großen Wirtschaftsräumen ist der europäische Binnenmarkt der sozialste. Nirgendwo auf der Welt sind Sozialausgaben im Verhältnis zum
Bruttoinlandsprodukt so hoch wie in Europa, nirgendwo sind Standards höher, und nirgendwo ist Mitbestimmung stärker. Darauf können wir stolz sein, und das
sollten wir bewahren und weiterentwickeln.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Diesem Ziel dient die Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens wie der, den wir heute debattieren. Wenn in Europa die Wirtschaft zusammenwächst –
und das ist wünschenswert –, dann ist es gut und richtig, grenzüberschreitende Lösungen unter Achtung europäischer Subsidiarität zu erarbeiten. Ich freue mich
auf die weiteren Beratungen im Ausschuss.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für Die Linke hat der Kollege Pascal Meiser jetzt das Wort.
Beifall bei der LINKEN)