Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Deutschland ein Jahr nach der Bundestagswahl“: Für mich persönlich heißt das auch: ein Jahr im Deutschen Bundestag. Ich glaube, wir alle haben uns das erste Jahr dieser Legislaturperiode anders vorgestellt und sicherlich auch anders gewünscht. Wir sind gewählte Abgeordnete, und Sie, Sie sind die gewählte Regierung in diesem Land. Ihr Job ist es, dieses Land gut zu führen. Unsere Aufgabe ist es dabei, diese Regierung zu kontrollieren, und diese Aufgabe nehmen wir als gute Demokraten natürlich auch mit Freude wahr. „Mehr Fortschritt wagen“, das war Ihr Anspruch vor knapp einem Jahr, und Sie haben dazu wahnsinnig viele schöne Bilder produziert. Aber wo stehen wir heute? Von dem anfänglichen Glanz ist nichts, aber auch gar nichts übrig geblieben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Lassen Sie mich eins anmerken: Ich persönlich finde, infantil anmutende Wortschöpfungen eines SPD-Bundeskanzlers ziehen Ihre politischen Programme eher ins Lächerliche, als dass sie den Menschen im Land mehr Sicherheit verleihen. Ein Jahr danach kann man sich des Eindrucks einfach nicht erwehren, dass Sie wahrscheinlich schon alle irgendwie fortschreiten wollen; aber alle drei Regierungsfraktionen wollen anscheinend in unterschiedliche Richtungen fortschreiten. Statt Klarheit und mehr Führung erleben wir nichts als öffentliche Uneinigkeit, Zögern und Zaudern. Wir erinnern uns: Zum Beispiel beim Thema „allgemeine Impfpflicht“, da war sich die Regierung so uneins, dass der Kanzler und der zuständige Minister zwar eine Meinung haben durften, aber keinen eigenständigen Gesetzentwurf. Das Ergebnis war viel Lärm um nichts. Mangelnde Führung auch in Bezug auf die Waffenlieferungen an die Ukraine: Das Zögern des SPD-Bundeskanzlers wird begleitet von lauter Kritik aus der eigenen Fraktion, von der FDP und von den Grünen, bis er schließlich nachgeben muss und vom Zögerer zum Getriebenen wird. Dann der beschämende Tiefpunkt, der gerade mir als neuer Abgeordneten bis heute tief in den Knochen sitzt. Das war am 17. März 2022: Der Präsident der Ukraine richtet eindringliche Worte an den Deutschen Bundestag und bittet um Unterstützung. Im Anschluss hätte das ein großer nationaler Moment werden können – wahrscheinlich sogar werden müssen. Aber diese SPD-geführte Regierung lässt stattdessen lieber die Geburtstage verlesen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die SPD in diesem Land nicht führen will, dann gehört sie auch nicht an die Spitze einer Regierung. Wir erleben multiple Krisen, und gerade in dieser Situation, da wäre es doch Ihre Aufgabe, die Menschen und auch die Fraktionen in diesem Parlament zusammenzuführen. Aber dass Ihnen das nicht mal ansatzweise gelingt, das zeigt das Gerangel und das Ringen um die Gasumlage. Die Männerrivalitäten zwischen den Ministern von SPD und Grünen, zwischen Herrn Lindner und Herrn Habeck, blockieren einfach mal die Lösung. Meine Herren, ich muss einfach mal sagen: Auch für Sie gilt: Nur gut aussehen, das reicht nicht! Wir erwarten einfach auch Ergebnisse. Ich entschuldige mich für diesen unangemessenen Sexismus hier im Parlament. Während die SPD-Führung bis zur letzten Minute, bis einen Tag vor Inkrafttreten der Gasumlage mit nichts etwas zu tun haben möchte, flattern den Bürgerinnen und Bürgern weiter astronomische Energierechnungen ins Haus. Ich glaube, man kann festhalten: Die Ampel wird den aktuellen Herausforderungen schlichtweg nicht gerecht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Niedersächsin hoffe ich deshalb inständig, dass meinem Bundesland ein solches Bündnis tatsächlich erspart bleibt. Was wir jetzt brauchen, ist Klarheit, ist Führung, ist Zusammenhalt, und es ist entschiedenes Handeln. Wer führt, gibt den Kurs für eine bessere Zukunft vor. Und darum geht es. Es geht nicht um Ausflüchte oder Ausreden über 16 Jahre Regierungsverantwortung der Union. Wer heute diesen Terminus verwendet, der sagt uns doch eigentlich nichts anderes als: Wir wollen nicht führen, und wir können auch nicht führen. – Führen heißt: mit Zuversicht und mit Verantwortung dieses Land zu führen. Das mache ich. – Genau das ist der Anspruch, mit dem wir hier ein Jahr nach dieser Bundestagswahl Politik machen werden. Vielen Dank.