Wir dürfen Länder nicht gegeneinander ausspielen – das wäre das Schlimmste, was wir jetzt machen könnten –, sondern wir müssen uns ernsthaft mit den Krisen beschäftigen, die auch in den europäischen Mitgliedstaaten stattfinden, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Lage in Europa ist ernst dieser Tage, und sie ist ernst angesichts eines Gaskrieges von Wladimir Putin und einer drohenden Rezession, die wir in ganz Europa sehen. In Italien sehen wir, was passiert, wenn populistische Kräfte – in dem Fall faschistische Kräfte – einfache Antworten anbieten. Genau das haben wir hier von der rechten Seite wieder in der gesamten Debatte erlebt, auch gerade von Herrn Kleinwächter. Deswegen geht es jetzt darum, in diesem Friedensprojekt Stabilität und Sicherheit in den Mittelpunkt zu stellen. Das muss der Kern der Debatte sein, die wir hier führen. und wir müssen den Raum schaffen, dafür Lösungen zu finden. Deswegen verstehe ich auch nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, warum Sie es wagen, heute einen solchen Antrag hier zu stellen – völlig aus der Zeit gefallen und völlig ignorant gegenüber den Fragen, die sich derzeit in ganz Europa stellen. Wie kommen Sie auf die Idee, in einer Zeit wie dieser, die wir gerade erleben, einen Antrag zu stellen, in dem – ich zitiere – „vom Krisen- in den Regelmodus“ übergegangen werden soll. Haben Sie gemerkt, was um Sie herum passiert? Merken Sie, was wir hier in Deutschland gerade machen? Merken Sie, dass wir gestern 200 Milliarden Euro in den Pott getan haben und in die Vollen gehen, weil wir einen Gaskrieg haben? Ist es tatsächlich Ihr Ernst, dass, wenn wir hier in Deutschland in die Vollen gehen, wir gleichzeitig sagen sollen, dass Spanien, dass Griechenland, dass Frankreich in einen Normalmodus übergehen sollen? Das ist von einer Ignoranz geprägt, das ist von einer Selbstbezogenheit geprägt, die nicht zu ertragen ist. Was Sie hier andauernd vortragen, ist eine ideologische Selbstbezogenheit, die keine Lösung bietet. Sie wollen zementieren, was in Europa über Jahre falsch gelaufen ist. Sie wollen zementieren, dass Sanktionen und das Spardiktat im Mittelpunkt stehen und nicht das Gestalten. Sie stellen sich hier an das Pult und fordern jeden Tag neue Milliarden für Maßnahmen, jeden Tag werden von Ihnen neue Fantastilliarden ins Schaufenster gestellt, ohne jegliche Gegenfinanzierung. Sie finanzieren nichts von alledem gegen. Und dann gehen Sie auch noch los und sagen, dass jetzt in anderen Ländern gespart werden muss. Das passt hinten und vorne nicht zusammen; das ist überhaupt kein Konzept. Genau dieses Agieren führt dazu, dass Sie Europa auseinandertreiben. Es ist schlimm genug, wenn Sie völlig unseriöse Politik in Deutschland machen. Es ist schlimmer, wenn Sie gleichzeitig versuchen, Missgunst in Europa zu säen; und das werden wir Ihnen so nicht durchgehen lassen. Sich in Krisen reinzusparen, führt am Ende zu höheren Schuldenquoten. Wir haben das nach der Finanzkrise 2008 so oft gesehen; das ist so oft diskutiert worden. Ich hatte gehofft, dass Sie das irgendwann mal wahrnehmen in der Debatte, dass Sie mal Zeitung lesen, dass Sie sich mal angucken, was da passiert – tun Sie leider nicht. Wenn wir jetzt nicht in ganz Europa in erneuerbare Energien investieren – wissen Sie, was dann passiert? Dann kommen wir nie weg von den fossilen Energien von Putin. Dann werden wir nie an den Punkt kommen, dass wir souveräner werden. Dann werden wir nie an den Punkt kommen, dass wir klimaneutraler werden. Dann werden wir nie an den Punkt kommen, dass wir auch die Inflation in den Griff kriegen. Sie haben 16 Jahre lang dafür gesorgt, dass Putin jetzt eine so große Macht hat, um das auszulösen, was im Moment in Europa los ist. Wenn wir das befolgen, was Sie sagen, dann wird uns das auch in den nächsten Jahren weiter drohen. Sie haben nichts gelernt, und das zeigen Sie genau mit dem Antrag, den Sie hier heute vorlegen. – Es ist schön, dass Sie sich so aufregen. Dann merkt man, dass es Sie bewegt und dass Sie sich damit auseinandersetzen. Wir führen eine sehr konkrete Debatte über den Stabilitäts- und Wachstumspakt. Und ja, es ist richtig: Wir brauchen Reformen. Es ist klar: Das Regelwerk muss einfacher werden, es muss verschlankt werden; das ist völlig klar. Wir brauchen mehr Transparenz; wir brauchen mehr Nachvollziehbarkeit. Die Zwanzigstel-Regel zum Beispiel ist so starr, dass sie nicht funktioniert. Auch das muss reformiert werden; das ist völlig klar. Aber wir müssen dabei eins im Fokus behalten. Wir müssen im Fokus behalten, dass wir nicht mit einer ideologischen „One size fits all“-Regelung versuchen, irgendwelche Diktate über ganz Europa zu legen. Vielmehr müssen wir uns mit den Problemen in den Ländern auseinandersetzen, Lösungen finden und Investitionen ermöglichen, um dann auch aus den Problemen herauszukommen. Angesichts der aktuellen Krisen – und angesichts der größten politischen Krise, die auch noch auf uns wartet gelöst zu werden, der Klimakrise – müssen wir zum einen stabilisieren, damit wir jetzt durchkommen, und zum anderen investieren, um in Zukunft nicht mehr in solche Krisen zu kommen. Das ist der Weg, den wir gehen müssen. Das haben Sie nicht verstanden, und deswegen ist es gut, dass wir das tun. Ich danke Ihnen.