Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Union wiederholt heute ein altbekanntes Ritual. Unter der Überschrift „Kinderschutz“ folgen rechtshistorische Ausführungen zur Vorratsdatenspeicherung; aber es kommt keine einzige konkrete Forderung zum Kinderschutz in diesem Land. Als einzige Forderung findet man im Antrag die Einführung der anlasslosen Massenspeicherung im Internet. Das ist erbärmlich wenig, liebe Kolleginnen und Kollegen, und es ist auch falsch. Die Vorratsdatenspeicherung ist verfassungswidrig. Sie hat tief in die Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger in diesem Land eingegriffen. Sie gehört in der Tat ins rechtshistorische Seminar, aber nicht ins Bundesgesetzblatt. Im Bereich des Kinderschutzes – meine Kollegin Loop ist darauf schon eingegangen – hat sich diese Koalition viel vorgenommen. Es gibt in der Tat in diesem Land viel zu tun – für uns alle. Niemand von uns kann doch in Wahrheit für sich in Anspruch nehmen, genug getan zu haben. Wir könnten diskutieren über die flächendeckende Einrichtung von Childhood-Häusern, wo Kinder in geschützter Umgebung aussagen können, über Konzepte zur Stärkung von Kindern, Nein zu sagen, oder auch darüber, wie wir Strukturen in Verbänden und Institutionen erkennen können, die Kindesmissbrauch begünstigen. Aber wenn Sie, liebe Union, ausgerechnet in der Woche, in der eine Studie zum Thema „Missbrauch im Breitensport“ veröffentlicht worden ist, das Thema Kinderschutz hier auf die Tagesordnung setzen, ohne auch nur eine einzige Forderung oder einen einzigen Gedanken aus dieser Studie irgendwie aufzugreifen, weder in Ihren Reden noch in Ihrem Beitrag, und sich stattdessen einzig und allein auf die anlasslose Vorratsdatenspeicherung im Internet fokussieren, dann darf uns das zumindest, vorsichtig ausgedrückt, verwundern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie ist denn eigentlich der derzeitige Stand bei der Vorratsdatenspeicherung nach 16 Jahren Unionsinnenministern? Mein Kollege von Notz hat es gesagt: Es gibt sie schlicht nicht. 16 Jahre haben in diesem Bereich exakt nichts hinterlassen, quasi eine schwarze Null. Sie haben tief in die Grundrechte der Menschen in diesem Land eingegriffen. Sie haben dafür zu Recht Urteile aus Karlsruhe und aus Luxemburg kassiert, die Ihnen diese Eingriffe attestiert haben. Aber Sie haben eben nichts vorgelegt, was tatsächlich die Rechte von Kindern schützen würde oder den Ermittlerinnen und Ermittlern Instrumente an die Hand geben würde. Herr Krings, Sie haben uns unterstellt, wir würden hier sagen, die Vorratsdatenspeicherung muss weg. Nein, das ist nicht wahr. Die Vorratsdatenspeicherung ist weg. Sie war, auch wenn es Ihnen nicht passt, in den letzten Jahren nie da. Insofern muss es doch hier darum gehen, wie es der Kollege Kuhle und andere zu Recht getan haben, mal zu diskutieren, wie wir nach vorne kommen können, wie wir Ermittlungsinstrumente an die Hand geben können. Quick Freeze, liebe Kolleginnen Kollegen, das schnelle Einfrieren von Daten im Internet, ist natürlich auch ein Eingriff in Grundrechte; keine Frage. Aber dieser Eingriff ist anlassbezogen und erfolgt im Einzelfall und nicht anlasslos und massenhaft. Deswegen ist das Ganze ausgewogen und verhältnismäßig. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir diskutieren doch gerade auf verschiedenen Ebenen, wie wir die Resilienz gegen Cyberangriffe stärken können. Cyberangriffe, zum Beispiel aus Russland, können natürlich nicht nur den Deutschen Bundestag treffen, sondern auch sämtliche Telekommunikationsunternehmen in Deutschland. Sie von der Union wollen, dass sämtliche Telekommunikationsunternehmen eine riesige Datenvorratskammer anlegen, wo die Kommunikation jeder Bürgerin und jedes Bürgers in diesem Land lückenlos für sechs Monate rückverfolgbar ist. Das ist ihr Ziel. Was machen Sie eigentlich, wenn diese Daten in falsche Hände gelangen, in die Hände ausländischer Geheimdienste? Liebe Kolleginnen und Kollegen, der beste Datenschutz ist Datensparsamkeit, weil das auch vor Missbrauch von Daten schützt. Auch deshalb ist es richtig, dass wir es nicht so machen, wie Sie das vorschlagen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist in der Tat schon längst über Ausnahmen diskutiert worden. Herr Krings, der Vorwurf, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs selektiv zu lesen, fällt auf die Union zurück. Als Ausnahme ist in der Tat erwähnt, dass für einen absolut notwendig begrenzten Zeitraum eine Speicherung denkbar wäre – absolut notwendig begrenzter Zeitraum. Sie fordern allen Ernstes, die Daten sechs Monate lang zu speichern. Herr Krings, wenn Sie ernsthaft glauben, dass das mit „absolut begrenzter Zeit“ gemeint gewesen ist, dann bewegen Sie sich am Rande der Lächerlichkeit. Ein solches Gesetz würde zu Recht wieder von höchsten Gerichten diskutiert werden. Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. Es gibt keine Strafverfolgung um jeden Preis. Es darf keinen anlasslosen Generalverdacht geben. Wir werden für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den legitimen Strafverfolgungsinteressen und den Grundrechten der Bürgerinnen und Bürger sorgen. Die Fortschrittskoalition macht sich auf den Weg, und ich wäre froh, wenn die Union sich endlich konstruktiv an der Debatte beteiligen würde. Vielen Dank.