Bitte gestatten Sie zum Schluss noch die rhetorische Frage: Wird das alles Geld kosten? – Ja. Wenn wir nicht investieren, bürden wir all diese Kosten den künftigen Generationen auf. Deswegen: Lassen Sie uns handeln! Danke schön. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! In vielen Reden ist bereits darauf eingegangen worden, welche Auswirkungen global, aber auch hier in Deutschland für die Menschen spürbar geworden sind, weil wir nicht nachhaltig genug gelebt haben. Da sind die schockierenden Bilder des Ahrtalhochwassers, Hochwasser an vielen anderen Orten – auch in meinem Wahlkreis, in Mosbach –, die jährlichen Waldbrände, Wasser, das in vielen Gegenden knapp wird, und ausfallende Ernten. Längst leiden nicht mehr nur vulnerable Gruppen, sondern große Teile der Bevölkerung im Sommer unter der enormen Hitze, für die der menschliche Körper nicht gemacht ist, die das Herz-Kreislauf-System belastet und zum Beispiel das Risiko von Frühgeburten erhöht. Die globale Verringerung von Biodiversität und die Verschiebung klimatischer Grenzen führen zu Pandemien und bringen Krankheiten an neue Orte. So breitet sich zum Beispiel die Asiatische Tigermücke inzwischen auch in Deutschland aus, die Gelbfieber, das Dengue- und das Zika-Virus überträgt. Auch dieses Beispiel zeigt: Klimawandel ist nichts, was sich nur weit entfernt in anderen Ländern abspielt, sondern etwas, das auch hier mit voller Wucht spürbar ist. Um reagieren zu können, müssen wir noch viel stärker in sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Gesellschaften investieren. Wir müssen in allen Bereichen neu und mutig denken und zum Beispiel nach dem Ansatz der Health in all Policies genau prüfen, wie jegliches Handeln und politische Entscheidungen auf das Klima und die Gesundheit wirken. Wir müssen viel stärker und interdisziplinärer nach dem Konzept von One Health schauen, wie sich die Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Klima, zwischen Tiergesundheit und menschlicher Gesundheit gestalten, und diese Bereiche zusammendenken. Auch hier noch mal ein kurzer Werbeblock für den Parlamentskreis One Health. Erst jüngst haben die G 7 unter deutscher Präsidentschaft die Verpflichtung ausgerufen, in den nächsten 20 Jahren zu einem nachhaltigen Gesundheitssystem zu kommen. Das ist von großer Bedeutung; denn gerade dieser Bereich, der für den Schutz menschlicher Gesundheit zuständig ist, ist durch einen hohen Ressourcenverbrauch und hohe Immissionen gekennzeichnet und damit gleichzeitig paradoxerweise Gefährder unser aller Gesundheit. Es gibt also dringenden Reformbedarf in Richtung Nachhaltigkeit bei der Produktion, beim Transport und bei der Entsorgung, beim Essen in den Krankenhauskantinen, beim Energieverbrauch und bei der Gebäudesubstanz des Gesundheitssektors. Es ist frustrierend für die Beschäftigten im Gesundheitswesen, wenn sie aus ökonomischen Gründen keine Mehrwegprodukte verwenden können oder Medikamente, die weniger CO2 verursachen, weil die Folgekosten in Richtung Nachhaltigkeit nicht berücksichtigt wurden. Die Akteure im Gesundheitssystem wollen hier handeln. Dass der Deutsche Ärztetag 2020 den Klimawandel zur zentralen Frage des 21. Jahrhunderts erklärt hat, ist nur ein Beispiel hierfür. Wir müssen also prüfen – das BMG ist hier dankenswerterweise bereits tätig geworden –, wie das Gesundheitssystem effizienter gestaltet werden kann, aber auch, ob die Menschen im Gesundheitssystem ausreichend in der Lage sind, Mittel im Sinne der Nachhaltigkeit einzusetzen. Ich bin deswegen überzeugt, dass wir auch darüber diskutieren sollten, ob es sinnvoll sein kann, das Wirtschaftlichkeitsgebot in § 12 des SGB V um ein Nachhaltigkeitsgebot zu erweitern. Jetzt habe ich noch zehn Sekunden für die globale Perspektive, über die ich eigentlich viel länger reden müsste, weil wir uns natürlich auch international viel stärker engagieren müssen, damit das SDG 3, das zentrale Gesundheitsziel, erreicht wird. Wir sehen in vielen Ländern des Globalen Südens einen Backlash Richtung Prävention, Richtung Bekämpfung von Krankheiten. Frauen und Mädchen leiden hier besonders. Wie Deutschland ebenfalls – – in der G‑7-Präsidentschaft adressiert hat, müssen wir die Gesundheitssysteme im Globalen Süden stärken.