Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Brinkhaus, Ihre Rede war sehr laut und durchaus engagiert, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ihre Politik in den letzten Jahren nur heiße Luft war. Ich möchte daran erinnern, dass wir das Bundesverfassungsgericht gebraucht haben, um Sie daran zu erinnern, dass Sie in Ihrer Politik auch die Bedürfnisse von jungen Menschen berücksichtigen müssen. Ich will in die Debatte einsteigen mit einer Frage, die Eckart von Hirschhausen uns Abgeordneten vor drei Wochen gestellt hat, als wir den Parlamentskreis One Health gegründet haben. Er hat gefragt: Was werden uns unsere Enkelkinder eher verzeihen: temporär gestiegene Benzinpreise oder dauerhaft gestiegene Meeresspiegel? Nachhaltigkeit ist ein Trendwort geworden, das Megathema. Alles soll mittlerweile nachhaltig sein. Nachhaltig investieren, nachhaltig reisen, selbst nachhaltige SUVs gibt es. Es scheint fast so, als müssten wir nichts ändern. Der technische Fortschritt wird das schon irgendwie richten. Schaut man aber auf die Fakten, müssen wir erkennen: Das stimmt leider nicht. Effizienzgewinne werden aufgefressen vom Rebound-Effekt, und die weltweiten CO2-Emissionen steigen weiter. Schon heute hat die globale Erderwärmung über 1,1 Grad zugenommen. Die Folgen erleben wir bei uns direkt vor der Haustür. Vor ein paar Tagen gab es die Meldung: Bayern verliert einen von fünf Gletschern. Liebe CSU, wäre das nicht einmal ein Anlass, endlich die 10‑H-Regel abzuschaffen? Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen nicht die Gletscher retten. Wir müssen auch nicht die Eisbären retten, nicht einmal die Erde. Wir müssen uns retten; denn die Klimakrise ist die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit in diesem Jahrhundert. Das sage nicht ich, das sagt die WHO, die Weltgesundheitsorganisation. Alleine in Deutschland sind dieses Jahr wieder über 1 000 Menschen an den Folgen von Hitze gestorben. Allergien nehmen zu und Tropenkrankheiten breiten sich auch bei uns aus. Wenn wir hier an der Spree Fälle von West-Nil-Fieber haben, dann stimmt doch etwas nicht. Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise. Deswegen werden wir SDG 3 -Gesundheit – ohne SDG 13 – Klimaschutz – auch niemals erreichen; denn Gesundheit und Klima sind untrennbar miteinander verbunden. Dieser Zusammenhang ist aber nicht nur negativ, ganz im Gegenteil. Er bietet auch Chancen. Ich möchte kurz drei nennen. Erstens. Eine echte Mobilitätswende ist nicht nur gut für das Klima. Sie senkt auch die Zahl der derzeit 70 000 Menschen, die alleine in Deutschland jährlich vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung sterben. Gleichzeitig ist Fahrradfahren und Laufen auch gut für unser Herz-Kreislauf-System. Wer vom Auto auf das Fahrrad wechselt, gewinnt statistisch bis zu 14 Monate Lebenszeit. Wir brauchen die Mobilitätswende also für das Klima und für die Gesundheit. Zweitens. Eine echte Ernährungswende ist derzeit wichtiger denn je. Die Art, wie wir Tiere halten, und die Menge an Tieren, die wir essen, treibt die Klimakrise an. Gleichzeitig erhöhen Antibiotika, die wir in der Massentierhaltung einsetzen, das Risiko für multiresistente Keime. Ein Umschwenken auf eine nachhaltige Ernährung schützt nicht nur das Klima und die Biodiversität, sie ist auch elementar für unsere Gesundheit. Und drittens. Der Sommer hat es erneut gezeigt, wie wichtig eine echte Bauwende ist. Klimabedingte Hitzetage, die sich mittlerweile häufen, heizen unsere Städte auf. Es bilden sich Hitzeinseln, die bis zu 10 Grad heißer sind als das Umland. Deswegen brauchen wir Grünflächen statt Versiegelung, Brunnen statt Parkplätze und Bäume statt Betonwüsten. Und das ist nicht nur eine Frage von Lebensqualität, sondern auch des Überlebens; denn gerade in Städten ist Hitze besonders tödlich. Das zeigt: Wenn wir nachhaltig bauen, machen wir auch etwas Gutes für unsere Gesundheit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei Klimaschutz und Gesundheit gibt es zum Glück kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch. Um auf meine Eingangsfrage zurückzukommen: Wenn wir die volle Dimension von Nachhaltigkeit verstehen und danach handeln, dann lautet die Antwort auf gestiegene Meeresspiegel oder gestiegene Benzinpreise: trockene Küstenstädte mit gutem ÖPNV. Herzlichen Dank.