- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will vielleicht zum Anfang noch mal betonen, dass es selbstverständlich für einen Freiberufler, für einen Kleinunternehmer, der jetzt mit einer solchen Rückforderung konfrontiert ist, zu einer extremen Situation führen kann, zu Liquiditätsengpässen, zu der Gefahr der Nichtfortführung des Unternehmens; das steht völlig außer Frage. Aber ich denke trotz allem, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD, dass die sich nicht von Ihnen instrumentalisieren lassen wollen für die Botschaften, die Sie heute gerne hier aussenden würden.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb finde ich, man muss das in der Gesamtschau schon noch mal ein bisschen in Relation stellen: Wir als Bundesrepublik Deutschland haben 1,8 Millionen Kleinunternehmen und Soloselbstständigen Soforthilfen gewährt. Wir haben es jetzt mit 68 000 Rückforderungen zu tun. Keine Frage, wie gesagt, für jeden Einzelnen kann das eine schlimme Bedrohung sein; aber die aktuelle Lage zeigt, dass wir doch ganz andere große Fragestellungen haben.
Die aktuell große Fragestellung ist – das ist auch der Ausgangspunkt, warum die Rückforderungen zum Beispiel für Soloselbstständige problematisch sein können – die aktuelle Energiekrise. Sie führt für viele zu existenzbedrohenden Situationen. Aber diese Gruppen sind nicht unbedingt deckungsgleich. Also, diejenigen, deren Existenz jetzt durch die Energiekrise bedroht ist, sind nicht unbedingt deckungsgleich mit denjenigen, die in der Coronakrise in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Denn es sind verschiedene Gruppen. Deshalb macht natürlich eine pauschale Verlängerung der Rückzahlungsfristen keinen Sinn und ist auch nicht sachgerecht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Was sachgerecht ist, ist das, was jetzt durchgeführt wird, nämlich eine Einzelfallbetrachtung. Außerdem – Kollege Kuban hat es ja schon erwähnt – gibt es schon Stundungsmöglichkeiten bis zu zwei Jahren – das wird teilweise etwas unterschiedlich gehandhabt –, und es gibt auch schon Fristverlängerungen, Ratenzahlungen. Also, ich denke, dass wir, alle demokratischen Kräfte in diesem Haus, schon einen sehr verantwortungsvollen Umgang mit diesen Problematiken zeigen.
Ich selbst bin aber eher ein Freund davon, dass man die Probleme auch an der Wurzel packt. Ich habe schon betont, dass es dabei in erster Linie um die Energiekrise geht. Deshalb – auch wenn wir nicht alle steigenden Preise ausgleichen können – müssen wir das Problem trotzdem an der Wurzel packen und die Strompreis- und die Gaspreisbremse endlich einführen; das ist jetzt die wichtigste Aufgabe, auf die wir uns konzentrieren müssen. Wir müssen alle Kraft darauf verwenden, das Angebot im Energiebereich zu erhöhen und den Preisdeckel einzuführen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das will ich an dieser Stelle noch einmal betonen, weil man sonst durch den Antrag der AfD den Eindruck bekommen könnte, dass wir hier über ein ganz großes Problem für die wirtschaftliche Stabilität in Deutschland sprechen. Dem ist aber nicht so. Die wirtschaftliche Stabilität in Deutschland wird durch die Energiekrise bedroht; deshalb muss man das auch entsprechend einordnen.
Man kann natürlich aus dem Thema „Soforthilfen und Wirtschaftshilfen in der Coronakrise“ insgesamt lernen:
Als Erstes kann man aus den Soforthilfen lernen, dass sie nicht besonders treffsicher gewesen sind. Allein die 68 000 Rückforderungen und die 277 000 freiwilligen Rückzahlungen zeigen schon, dass dieses Instrument nicht besonders geglückt ist. Noch deutlicher wird es natürlich bei den sonstigen Wirtschaftshilfen, die die Bundesregierung, damals die Große Koalition, auf den Weg gebracht hat. Sie waren sehr aufwendig; sie waren sehr langwierig. Es hat sehr lange gedauert, bis die Hilfen überhaupt ausgezahlt worden sind – selbst die Abschlagszahlungen. Es gäbe bessere Instrumente in einer solchen Krise. Das waren damals schon die Vorschläge der FDP, und das gilt in dieser Krise selbstverständlich ganz genauso.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Diese Instrumente, diese Vorschläge diskutieren wir jetzt gemeinsam.
Man kann aber noch eine zweite Sache aus dieser Sache mit den Wirtschaftshilfen lernen, und zwar, wenn man sich die Verlautbarungen und die Berichte vom Bundesrechnungshof anschaut, der sich sehr intensiv mit diesen Wirtschaftshilfen auseinandergesetzt hat und der noch mal festgestellt hat: Wirtschaftsförderung ist in erster Linie Zuständigkeit der Länder. Das kann in dieser Krise nur bedeuten – mit freundlicher Empfehlung auch ans Wirtschaftsministerium –, dass die Länder, die den letzten Tagen ja wieder sehr hohe Forderungen aufgestellt haben, sich endlich mal beteiligen könnten, wenn es darum geht, die Unternehmen in diesem Land zu retten – auch in dieser Energiekrise.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb bin ich noch nicht sehr zuversichtlich. Aber ich bin doch sehr hoffnungsvoll, dass wir in den harten Debatten jetzt vielleicht auch mal bestimmte Aussagen ein bisschen geraderücken, wenn es darum geht, wie bei solchen Hilfsgewährungen die Mittelverteilung sein wird. Aber eins steht fest – ich denke, das sollte am Ende meiner Rede noch mal gesagt werden –: Natürlich werden wir hier einzelfallbezogen helfen, wenn es nötig ist; aber es ist nicht ein Problem, das die Stabilität dieses Landes gefährdet.
Vielen Dank.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die CDU/CSU hat das Wort der Kollege Jan Metzler.
Beifall bei der CDU/CSU)