Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren, die Sie auf der Tribüne und andernorts zuschauen! Die Debatte, die wir hier erleben, ist von einigen aus diesem Hause in einem Maße unredlich geführt, das wirklich seinesgleichen sucht. Ich muss sagen: Das eine ist, eine Fehlerkultur hier in den letzten Tagen offenzulegen, bei der man jedes Mal, wenn es darum geht, was in der Vergangenheit nicht richtig gelaufen ist, mit Gejohle reagiert und einfach so tut, als sei es vergessen, und nicht einen Hauch von Demut an den Tag legt für Dinge, die falsch gelaufen sind und die jetzt korrigiert werden müssen. Das andere – und das ist viel schlimmer – ist, eine Oppositionsarbeit zu betreiben, die sich offensichtlich jeder Rechenschaft entzieht, wie denn Vorschläge, wie mit der Situation, die jetzt nun mal vorzufinden ist, umgegangen werden soll und wie das Defizit von 17 Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung aufgelöst werden soll, aussehen könnten. Ich habe nicht gehört, dass aus den Unionsreihen die Aufhebung der Schuldenbremse gefordert wird. Ich habe nicht gehört, dass Sie fordern, dass die Beiträge für die Menschen in diesem Land in einem Maße angehoben werden sollen, die keiner in diesem Winter stemmen kann. Ich habe nicht gehört, dass Sie fordern, dass Leistungskürzungen im Gesundheitswesen als Ausgleich für dieses Defizit durchgeführt werden sollen. Und sich einfach hinzustellen, ohne einen Hauch eines Vorschlags, wie das Defizit aufgelöst werden soll, das ist bei allen Fehlern der Vergangenheit heute unredliche Oppositionsarbeit. Ich muss Ihnen sagen: Das hätten wir uns nicht getraut. Gerne, Herr Sorge. Vielen Dank für die Frage, Herr Kollege Sorge. Ich will Ihnen darauf antworten. Erstens. Selbstverständlich werden wir den Koalitionsvertrag umsetzen. Das beinhaltet auch, dass wir die Beiträge für ALG‑II-Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung auf das notwendige Finanzierungsmaß anheben werden. Gehen Sie doch auf die Vorschläge ein! Bringen Sie Alternativen ein! Sagen Sie, wie Sie es refinanzieren wollen, und seien Sie ehrlich zu den Menschen! Erzählen Sie nicht vor einer Wahl: „Es gibt kein Problem“, wenn 17 Milliarden Euro fehlen, sondern sagen Sie, was das bedeutet! Wir werden auch den Bundeszuschuss dynamisieren, um einen ordnungspolitischen Automatismus zur Finanzierung hineinzubringen, und werden nicht die Serie von Digitalreformen wiederholen, die unstrukturiert ohne Digitalstrategie ein Riesenloch aufgerissen haben und jetzt mit dazu beitragen, dass wir hier solch ein Finanzierungsdefizit haben. Zweiter Punkt Ihrer Frage. Ich bin nicht der Überzeugung, dass wir in Zeiten multipler Krisen irgendwo in der Ecke Reserven liegen lassen können, die wir brauchen, um die Not, die in diesem Land existent ist, abzufedern. Insofern ist es richtig, jeden der beteiligten Stakeholder im Gesundheitswesen aufzufordern, zu sagen, wie wir gemeinsam einen Beitrag leisten können. Genau das tut das Gesetz, indem wir eben nicht sagen: „Eine der beteiligten Seiten muss alles schultern“, sondern bei den gesetzlichen Krankenversicherungen, bei den Krankenhäusern und im Bereich der niedergelassenen Ärzte gemeinsam schauen, wie ein Beitrag geleistet werden kann, um das Problem zu beheben. Das ist verantwortliche Politik. Ich will Ihnen sagen: In der Opposition sind wir immer zu unseren Haushältern gegangen und haben die Refinanzierung von Kritikvorschlägen hier im Parlament vorher abstimmen müssen. Ich glaube, es war bei der FDP nicht anders. Ich kann sagen: So geht verantwortliche Oppositionsarbeit. Frau Vogler, gerne. Vielen Dank, Frau Kollegin Vogler. – Zunächst mal möchte ich Ihnen und Ihrer Fraktion zugutehalten, dass Sie im Gegensatz zur Union konkrete Vorschläge gemacht haben, was man denn tun kann. Wenngleich die Frage der Refinanzierbarkeit nicht in all den Vorschlägen hinterlegt ist, will ich doch wohl sagen, dass wir, wie eben angedeutet, selbstverständlich im Verlauf der Legislatur weiter gehende, umfassendere, strukturelle Reformen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung einschließlich der Diskussion zu der Anhebung der ALG‑II-Sätze, der Dynamisierung des Bundeszuschusses und auch der Frage der Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze miteinander beraten und auch beschließen werden. Insofern: Zu sagen, dass diese Reform das letzte und abschließende Wort zur Weiterentwicklung und Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung ist, wäre falsch. Daher: Begreifen Sie dies als einen ersten Schritt, der von weiteren, sehr viel umfassenderen Reformen im kommenden Jahr gefolgt werden wird. Lassen Sie mich fortfahren. Beim Thema Unredlichkeit kann ich es mir nicht verkneifen, einmal auf den bayerischen Gesundheitsminister Holetschek zu reagieren. Ich muss schon sagen: Dass Sie sich hierhinstellen und so tun, als hätten wir nicht überall und auch ausdrücklich in Bayern ein eklatantes Problem im Bereich der Investitionskostenfinanzierung, da gehört schon einiges dazu. Das wissen Sie doch alle mit Verantwortung in den Ländern. Beispielsweise bei den Verhältnissen bei Ihnen in Bayern können Sie sich nicht einfach hierhinstellen und eine Zahl mit sechs Stellen in den Raum werfen, damit das so klingt, als sei das viel, wenn es faktisch bei dem realen Wertverlust doch bedeutet, dass Sie seit 1991 40 Prozent weniger Investitionskostenförderung im Bereich Ihrer Krankenhauslandschaft betrieben haben. Hat das was mit unserer realen Situation jetzt zu tun? Na selbstverständlich. Die fehlenden Investitionen führen dazu, dass jedes Krankenhausbett bei Ihnen in Bayern so viel Energie verbraucht wie ein Einfamilienhaus mit einer ganzen fünfköpfigen Familie. Das führt dazu, dass die Not der Kliniken im Moment so groß ist, dass die Kosten so stark steigen und dass wir jenseits dieses Gesetzes selbstverständlich weitere Rettungsmaßnahmen für die stationäre Versorgung auf den Weg bringen müssen. Und jetzt zu sagen, dass nicht mit einem einzigen Gesetz die gesamten Probleme der Gesundheitspolitik gelöst werden: Ja, was ist denn das für ein Politikverständnis? Immer nur zu sagen: „Ja, Moment mal, hier liegt ein Vorschlag vor; aber es gibt auch noch andere Probleme, zu denen ist nichts gesagt worden“, das ist doch keine Politik. Das ist doch einfach nur Marktschreierei und Ablenkung. Inzwischen haben wir multiple Krisen, auf die wir reagieren müssen. Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Wir tun das sehr verantwortungsvoll, indem wir mit allen Seiten sprechen. Dass jeder zunächst mal sagt: „Ich kann nichts geben, weil die Not bei mir groß ist“, ist doch selbstverständlich in diesen Zeiten. Das heißt aber nicht, dass wir nicht alle zusammenstehen und einen Beitrag leisten müssen. Das liefert das Gesetz. Zum Rettungsschirm: Ja, wir werden zum Thema Energiekostenausgleich für Kliniken und Pflegeversorgung was tun. Ja, wir müssen bei der Inflationsbremse im Gesundheitswesen ansetzen und werden auf die Länder zukommen und sie beim Wort nehmen, dass wir das gemeinsam schultern. Ja, auch Strukturreformen sind mit der Krankenhauskommission auf den Weg gebracht worden und werden hier eingebracht werden. 16 Jahre verfehlte Politik sind wirklich nicht in 16 Monaten aufzulösen. Was glauben Sie denn? Das ist einfach unredliche Opposition. Ich finde, da haben Sie noch eine Menge nachzuholen. Wir gehen hier die Probleme an und sind für ernstgemeinte Vorschläge offen und werden sie im parlamentarischen Verfahren gerne gemeinsam beraten.