Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wirth, es hat mich nicht überrascht; aber es zeigt dennoch, wes Geistes Kind Sie sind, dass Sie selbst eine Debatte zum Thema Verkündungswesen für Ihre kruden Thesen und für den Beweis missbrauchen, dass Sie letztlich außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung stehen. Deswegen möchte ich zu Artikel 82 sprechen; das hätten Sie vielleicht auch tun sollen. Zunächst einmal ist Artikel 82 unseres Grundgesetzes eine Vorschrift, die still und eher unerkannt daherkommt, aber zwei Dinge regelt, die durchaus beachtlich sind, nämlich zum einen die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und die Gegenzeichnung der Gesetze durch den jeweiligen Bundesminister – das ist ein formaler Abschluss eines Gesetzgebungsverfahrens – und zum anderen die Verkündung der Gesetze, die sich an diesen Akt anschließt. Es geht also um die Frage, ob auch auf einer digitalen Plattform diese Verkündung erfolgen soll. Aus unserer Sicht ja, weil sich das Recht im digitalen Zeitalter natürlich fortbewegen muss. Die erste Frage ist aber, ob es dazu überhaupt einer Grundgesetzänderung bedarf, weil mit dem Begriff „im Bundesgesetzblatt“ ja durch Verfassungswandel mittlerweile auch ein digitales Bundesgesetzblatt gemeint sein kann. Dieser Frage sollten wir auf alle Fälle nachgehen. Der zweite Punkt ist einer, den man sich noch einmal genau ansehen muss. Gegenzeichnung und Ausfertigung sind verfassungsmäßige Akte, vielleicht formal, aber dennoch haben sie eine verfassungsrechtliche Bewandtnis. Wenn Sie jetzt ins Grundgesetz reinschreiben, dass das Nähere zur Verkündung und zur Form von Gegenzeichnung und Ausfertigung von Gesetzen, also zu Befugnissen von Bundespräsident und Bundesministern, ein Bundesgesetz regelt, dann regeln Sie damit die verfassungsmäßigen Rechte von Ministern und Bundespräsident in einem weiteren Gesetz. Der Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben, schweigt zu dem Thema. Aber über die große verfassungsrechtliche Frage, ob Akte des Bundespräsidenten und der Bundesminister auch durch digitale Signatur stattfinden können oder nicht, sollten wir eine verfassungsrechtliche Debatte führen. Das sollten wir uns ganz genau ansehen. Wir wehren uns nicht dagegen, aber ich mahne Sorgfalt an. Ich glaube – das ist mein abschließender Gedanke –, dass beim Thema „Digitalisierung der Justiz“ nicht das Verkündungswesen der entscheidende Punkt ist. Das Entscheidende ist, dass wir den Pakt für den digitalen Rechtsstaat voranbringen. Dort steht es im Augenblick 16 : 0. 16 Länder sagen gegenüber der Ampelregierung: Das, was Sie an Geldmitteln ausreichen möchten und werden, reicht nicht. – Wir brauchen – das fordern wir ein – eine Einigung des Bundes und der Länder beim Thema „Digitaler Pakt für den Rechtsstaat“, weil dort die entscheidenden Weichen für die Digitalisierung der Justiz gestellt werden. Herzlichen Dank.