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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir debattieren heute Abend über die Absenkung des aktiven Wahlalters bei Europawahlen in Deutschland auf 16. Das ist ein freudiges Ereignis. Denn wenn in einer Demokratie die Basis demokratischer Entscheidungen verbreitert wird, indem mehr Menschen an den demokratischen Entscheidungen teilnehmen können, dann verbreitert sich auch die demokratische Legitimation. Das ist eine gute Sache, die wir heute hier beschließen oder zumindest auf den Weg bringen.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Zuruf von der CDU/CSU: Kindergarten!
Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der AfD)
Meine Damen und Herren, es ist viel darüber gesprochen worden, inwiefern junge Menschen überhaupt über ein politisches Bewusstsein verfügen. Natürlich ist es dem Gesetzgeber erlaubt, an dieser Stelle zu typisieren und zu entscheiden, dass 16- und 17‑Jährige typischerweise über ein hinreichendes politisches Bewusstsein verfügen.
Zuruf von der AfD: Ist das Ihr Ernst?)
Wir können das daran beobachten, dass sie auf die Straße gehen
Die gehen nicht, die kleben sich fest, betonieren sich fest!)
für Generationengerechtigkeit, beispielsweise beim Rentensystem und bei der Staatsverschuldung, dass sie gegen den Klimawandel demonstrieren, dass sie sich gegen den russischen Krieg in der Ukraine einsetzen. All das zeigt, dass viele junge Menschen ein politisches Bewusstsein haben.
Und wo sie es noch nicht haben, liegt es doch an uns, über das Bildungssystem, über die Schulen dafür zu sorgen,
Schon zu indoktrinieren!)
dass die jungen Menschen verstehen, wie unsere Wahlen funktionieren, dass sie begreifen, was da gemacht wird. Wenn ich das einmal sagen darf: Ich würde mir wünschen, dass so manche Politiklehrerin und so mancher Politiklehrer dafür brennt, junge Menschen dazu zu bringen, an einer Wahl teilzunehmen. Das sorgt dann für politisches Bewusstsein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es geht nicht darum, wen die Leute wählen. Aber dass sie an einer Wahl überhaupt teilnehmen, darauf muss im Bildungssystem hingearbeitet werden.
Und dann wird immer darüber gesprochen: Übernehmen junge Menschen eigentlich hinreichend Verantwortung in anderen Bereichen der Gesellschaft, dass man ihnen das Wahlrecht schon mit 16 und 17 geben kann? Dazu will ich sagen, dass wir einmal kurz darüber nachdenken müssen, wozu das Wahlrecht mit 18 bei einer Wahlperiode des Europäischen Parlaments von fünf Jahren eigentlich führt. Es führt dazu, dass nicht nur 18‑Jährige zum ersten Mal wählen, sondern auch 19‑Jährige, 20‑Jährige, 21‑Jährige und 22‑Jährige.
Das geht nicht! Dann lassen Sie uns einfach jedes Jahr eine Wahl machen! Ist doch kein Problem! Wunderbar!)
All die wählen bei der Europawahl zum ersten Mal.
In Deutschland beginnen junge Menschen mit 16 eine Ausbildung, schließen junge Menschen mit 20 ihren Bachelor ab, haben berufsqualifizierende Abschlüsse, arbeiten, zahlen Steuern. Diese Menschen übernehmen Verantwortung in unserer Gesellschaft.
Wie viel Prozent eines Jahrgangs tun das mit 16?)
Deswegen haben sie es auch verdient, dass sie am politischen Prozess beteiligt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und dann wird darüber gesprochen: Gibt es eigentlich ein perfektes System der Altersgrenzen im deutschen Recht? Mit 7 ist man beschränkt geschäftsfähig, mit 14 strafmündig und religionsmündig. Mit 16 darf man Bier trinken. Mit 40 können Sie erst Bundespräsident werden. Also, zu glauben, dass es ein perfektes System der Altersgrenzen im deutschen Recht gäbe, ist absolut absurd. Ich habe sogar herausgefunden, dass man schon mit 16 Mitglied bei CDU und CSU werden kann.
Mit 14 kann man mitmachen!)
Das ist unglaublich, das ist ja wirklich gefährlich, wem Sie da alles die Möglichkeit geben, darüber zu entscheiden, ob man nun Annegret Kramp-Karrenbauer oder Friedrich Merz oder doch Markus Söder will. Da muss an der Einsichtsfähigkeit so manches 60- und 70-Jährigen in der CDU/CSU wirklich gezweifelt werden, liebe Kollegen!
Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Das sollte man sich wirklich noch einmal überlegen!
Ich meine, es gibt dieses perfekte System nicht. Sie selber gestehen es Leuten zu, mit 16 oder 17 über politische Fragen zu entscheiden. Deswegen sollten wir das auch bei der Europawahl so machen.
Ich will abschließend, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch sagen: Von der heutigen Debatte geht ein Zeichen aus an eine Generation, die während der Coronakrise unter Schulschließungen usw. besonders gelitten hat. Es gibt in diesem Parlament Leute, die sagen: Ihr seid unsere Verfügungsmasse,
Deshalb dürft ihr eher wählen, oder wie?)
und wir muten euch jetzt auch noch ein soziales Pflichtjahr zu. – Das kann man machen. Es gibt in diesem Parlament aber auch Leute, eine Mehrheit in diesem Haus, die sagen: Wir nehmen euch ernst als mündige Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, ihr könnt mitentscheiden. Das bringen wir heute auf den Weg.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Wehrpflicht ab 16, das wäre die Konsequenz!)
Alexander Ulrich gibt seine Rede zu Protokoll, wofür wir ihm danken.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Brian Nickholz spricht für die SPD-Fraktion.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)