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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Monatelang stellten sich junge Menschen jeden Freitag auf die Straße; sie wollten sich Gehör verschaffen, auf das Thema Klimaschutz hinweisen. Oder sie gingen auf die Straße, um beim CSD für eine bunte und offene Gesellschaft einzustehen. Und doch finden sie oft zu wenig Beachtung. Warum sollten wir ihnen nicht mehr politische Teilhabe ermöglichen?
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Das hat Herr Haug Ihnen gerade erklärt! Ihr Vorredner!)
Heute Abend diskutieren wir über die Reform der Europäischen Bürgerinitiative und damit über eine Möglichkeit, unsere europäische Demokratie offener, digitaler und effizienter zu gestalten. Der erste Blick verleitet vielleicht zu dem Gedanken, das sei ein rein formaler Vorgang. Dahinter steckt aber wesentlich mehr.
Aber kommen wir erst einmal zum Problem: Seit der Einführung im Jahre 2012 schafften es nur 7 von 86 der Bürgerinitiativen, die erforderliche Anzahl der Stimmen zu erreichen – das ist ein trauriger Zwischenstand –; denn die Anforderungen an eine Bürgerinitiative sind undenkbar hoch. Zunächst muss ein siebenköpfiger Organisationsausschuss mit Mitgliedern aus sieben verschiedenen EU-Mitgliedstaaten gegründet werden, um im nächsten Schritt während einer zwölfmonatigen Sammelphase mindestens 1 Million Unterschriften zu beschaffen. Auch dieser Prozess ist viel komplizierter, als er eigentlich sein müsste. Da wundert es kaum, dass es rund 92 Prozent der Europäischen Bürgerinitiativen eben nicht schaffen. Es ist also klar: Europäische Bürgerinitiativen müssen von unnötigen Hürden befreit werden.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das machen wir folgendermaßen:
Erstens. Wir setzen eine notwendige Entwirrung des Flickenteppichs an Onlinesammelsystemen um und entlasten das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, indem wir bis Ende 2022 die exklusive Nutzung der EU-Onlinesammelstelle umsetzen.
Zweitens. Wir stärken die Legitimation der Europäischen Bürgerinitiative. So wird in Zukunft die Richtigkeit der eingereichten Daten noch intensiver kontrolliert, um so das Einreichen falscher Angaben zu verhindern, Missbrauch vorzubeugen und stärker zu ahnden.
Drittens. Wir bauen die Unterstützung für Organisatorinnen und Organisatoren aus. Die Einrichtung einer ständigen Beratungsstelle im Bundesverwaltungsamt ermöglicht den Bürgerinnen und Bürgern eine einfachere Nutzung, indem ihnen eine Anlaufstelle für ihre Anliegen zur Verfügung steht.
Als vierten und wichtigsten Punkt: Wir lösen die Beteiligung an einer Europäischen Bürgerinitiative vom aktiven Wahlrecht. Das bedeutet, dass wir auch für 16- und 17‑Jährige Möglichkeiten schaffen, europäische Initiativen endlich mitzutragen.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Allerdings wird auch an dieser Stelle ein großes Manko im deutschen Europawahlrecht deutlich. Denn während 16- und 17‑Jährige mit dieser Reform eine Europäische Bürgerinitiative unterstützen können, ist es ihnen nach wie vor nicht erlaubt, eine solche Initiative zu organisieren. 16- und 17‑Jährige dürfen vielerorts bei Kommunalwahlen mitwählen. Sie dürfen in vier Bundesländern den Landtag mitwählen. Aber ihnen wird nach wie vor ein politisches Mitgestaltungsrecht auf europäischer wie auch auf Bundesebene verwehrt. In Anbetracht der momentanen Herausforderungen wie Klimawandel, Energiekrise oder Digitalisierung ist doch ein Ausklammern derer, die am allermeisten von diesen Entwicklungen betroffen sein werden, nicht akzeptabel.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb kann ich es mir nicht nehmen lassen, in der Debatte über die Reform der Europäischen Bürgerinitiative auch diesen Punkt unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen: Wenn es in meinem bisherigen Leben keine Menschen gegeben hätte, die trotz meines jungen Alters an mich glaubten, dann stünde ich heute vermutlich nicht hier. Ich wünsche mir, dass wir als Politik jungen Menschen endlich mehr zutrauen in diesem Land.
Herzlichen Dank.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Susanne Hennig-Wellsow hat jetzt das Wort für Die Linke.
Beifall bei der LINKEN)