Rede von Armand Zorn in 54. Sitzung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine sind wir alle auf eine ganz besondere Art und Weise gefordert – viele von uns auf einer persönlichen Ebene, aber auch wir insgesamt als Gesellschaft.
Deswegen haben wir als Ampelkoalition drei Entlastungspakete auf den Weg gebracht, um Bürgerinnen und Bürger in dieser Situation zu entlasten. Bei den Entlastungspaketen I und II ging es hauptsächlich darum, schnell und präzise die Auswirkungen der Inflation abzufedern. Viele dieser beschlossenen Maßnahmen sind gerade auf dem Weg und kommen bei vielen Menschen an, und bei ihnen macht sich da ein spürbarer Unterschied bemerkbar.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist aber auch klar, dass wir der Inflation und ihren Auswirkungen nicht mit Einmalzahlungen und mit Pauschalen begegnen können. Vielmehr wurde auch klar, dass es auch strukturelle Eingriffe braucht, dass es strukturelle Maßnahmen braucht, um dafür zu sorgen, dass wir Bürgerinnen und Bürger, dass wir Unternehmen, vor allem kleine und mittelständische, aber auch soziale Einrichtungen unterstützen können.
Deswegen war es so wichtig, dass wir im dritten Entlastungspaket einen Eingriff in den Strommarkt beschlossen haben. Wir haben uns als Ampelkoalition hier deutlich positioniert und klargemacht, dass wir übermäßige Gewinne, Zufallsgewinne abschöpfen und eine Strompreisbremse einführen werden. Deswegen kann ich schon sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Die Linke: Ihr Antrag ist inzwischen überflüssig.
Sogar auf europäischer Ebene gibt es Vorschläge. Ich begrüße den Vorschlag der Europäischen Kommission; denn wenn man sich die Funktionsweise des europäischen Strommarktes anschaut, dann zeigt sich, wie wichtig und wie sinnvoll es ist, die Abschöpfung der Zufallsgewinne gemeinschaftlich auf EU‑Ebene zu gestalten. Denn auf diese Art und Weise wird sichergestellt, dass Unternehmen, die durch die Krise hohe Gewinne, unverhoffte Gewinne erzielt haben, eine Abgabe leisten, die unabhängig vom Steuersitz sein wird.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das heißt: Der Wille ist da, die politische Einigung ist da. Sowohl innerhalb der Ampelkoalition als auch auf europäischer Ebene gibt es gute Signale. Es geht hauptsächlich nur noch um die Frage, wie wir das umsetzen, und wir setzen uns dafür ein, dass es möglichst schnell
Zuruf von der Linken: Schnell!)
– ja –, aber auch unbürokratisch, klar und vor allem rechtssicher auf den Weg kommt. Die Botschaft ist aber klar: Wir werden Zufallsgewinne abschöpfen!
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christian Görke [DIE LINKE])
Meine Vorrednerinnen und Vorredner sind bereits auf die Begründung eingegangen, auch auf die Bemessungsgrundlage. Wir hatten diesbezüglich eine lebhafte Diskussion. Ich möchte das nicht wiederholen.
Ich möchte allerdings die verbleibende Zeit dafür nutzen, um mal der Frage nachzugehen, wo der Unterschied zwischen Zufallsgewinnen, Übergewinnen und Normalgewinnen liegt; denn in den letzten Wochen und Monaten wurde einiges miteinander vermischt. Ich finde, es ist richtig, dass wir ein grundsätzliches Verständnis dafür haben, damit wir auch gemeinsam darüber entscheiden können, welcher Instrumente es eigentlich bedarf, um diese Gewinne abzuschöpfen.
Ich versuche es mal mit einer Definition. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich nehme Sie mal mit auf diese Reise. Ein Normalgewinn, das ist der Gewinn, den ein Unternehmen basierend auf Managemententscheidungen, beispielsweise in Form von Investitionen, in Form von Innovationen, in einer normalen Lage erzielt. Das heißt, wir haben hier interne Faktoren, die innerhalb eines Unternehmens stattfinden, und wir haben externe Faktoren, das, was die allgemeine Lage beeinflusst. Ich würde sagen: Normalgewinne werden entsprechend in einer Normallage erzielt.
Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])
Ein Übergewinn hingegen ist ein deutlich höherer Gewinn, den ein Unternehmen basierend auf Managemententscheidungen in einer außergewöhnlichen Lage erzielt. Das ist ja das, was wir in den letzten Jahren, in der Pandemie erlebt haben: dass viele Pharmaunternehmen Übergewinne erzielt haben.
Was machen Sie denn in Monopol- und Oligopolmärkten? Willkür! Das ist Willkür, was Sie da vortragen!)
Aber diesen Übergewinnen stehen auch gute Entscheidungen wie jahrelange Investitionen in Forschung und Entwicklung gegenüber; diesen Übergewinnen stehen auch Aufbau und Erhöhung von Produktionskapazitäten gegenüber.
Deswegen sind das keine leistungslosen Übergewinne, sondern das sind tatsächlich gut investierte Mittel und gute Entscheidungen, die getroffen wurden und die dazu geführt haben, dass dort Übergewinne entstanden sind.
Ein Zufallsgewinn hingegen ist ein deutlich höherer Gewinn, der ohne jegliches Zutun eines Unternehmens entsteht. Er ist somit leistungslos und alleine aufgrund der allgemeinen außergewöhnlichen Lage entstanden. Das ist genau das, was wir hier gerade auf dem Strommarkt beobachten – die Kolleginnen und Kollegen haben das erwähnt –: Aufgrund des Merit-Order-Prinzips sehen wir doch, dass Stromproduzenten gerade besonders hohe Gewinne erzielen, obwohl die Produktionskosten sich überhaupt nicht verändern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen keine normalen Gewinne zusätzlich besteuern; dafür haben wir die schon bestehenden Steuern. Übergewinne wollen wir auch nicht antasten. Es geht darum, diese Zufallsgewinne abzuschöpfen, und deswegen ist der Weg über eine Abgabe auch der richtige Weg; denn er erlaubt uns, da präzise zu sein. Er erlaubt uns, die Unternehmen genau anzugehen, die wir auch angehen wollen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir wollen und wir werden in den Strommarkt eingreifen und die entstehenden milliardenhohen Zufallsgewinne abschöpfen, und damit wollen wir eine Strompreisbremse auf den Weg bringen. Das ist ein guter Weg, viele Menschen nachhaltig in der Krise zu unterstützen. Deswegen, liebe Kollegen von der Linksfraktion: Ihr Antrag ist überflüssig, und wir werden ihn somit ablehnen.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der nächste Redner ist der Kollege Robert Farle.
Beifall der Abg. Dr. Christina Baum [AfD] und Jürgen Pohl [AfD])