Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Funke-Kaiser, in welcher Welt leben Sie überhaupt? Welches Dokument haben Sie denn gelesen? Das, was Sie gerade angesprochen haben, nämlich die Digitalstrategie, ist doch eben keine Strategie, sondern das ist ein Sammelsurium an Einzelprojekten, die weitgehend zusammenhangslos sind. Wissen Sie, wie ein solches Dokument entsteht? Das kann ich Ihnen genau beschreiben: Man fragt alle Ressorts ab und bittet sie, ihre drei populärsten Projekte zu nennen. Dann kopiert man den Rücklauf zusammen und setzt ein paar Überschriften darüber. Aber ein richtiger Digitalminister muss mehr leisten als Copy-and-paste. Herr Funke-Kaiser, Sie haben gesagt, wir gingen nicht an die Ursachen. Das Wichtigste für die Digitalstrategie wäre doch, dass man sich mal überlegt, woran die vielen öffentlichen Digitalisierungsprojekte in der Vergangenheit gescheitert sind. Es lag nicht daran, dass die FDP nicht regiert hätte, es lag nicht an mangelnden guten Ideen – die gab es schon vorher –, es lag auch nicht am Geld und an den Mitarbeitern, sondern es lag an nicht getroffenen Entscheidungen, und es lag an unklaren Rahmenbedingungen. Mit dieser Strategie entscheiden Sie wirklich nichts. Wo steht denn die Ampel im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit? Das würden wir gerne wissen. Wie halten Sie es mit dem Föderalismus? Wir alle wissen doch genau, dass der Föderalismus, sosehr wir ihn lieben, mit eine der Hauptursachen ist, warum die Verwaltungsdigitalisierung in vielen Bereichen nicht funktioniert. Wie wollen Sie mit den großen Internetkonzernen Google, Microsoft, Amazon umgehen? Das ist doch sozusagen der große weiße Elefant im Raum. Wollen Sie kooperieren, oder wollen Sie sich unabhängig machen? All das sind ungeklärte Richtungsentscheidungen, Entscheidungen, die die Regierung wieder nicht getroffen hat. Das halte ich für verantwortungslos. Sie hatten jetzt in Meseberg die Chance, ein Paket zu schnüren und all diese Entscheidungen auf einmal zu treffen. Ehrlich gesagt, wäre es schon fast egal, wie Sie entscheiden, Hauptsache, Sie würden entscheiden; denn dann hätten wir eine Richtung, in die alle loslaufen könnten. Aber mit Ihrer Strategie in der Hand, Herr Wissing, läuft doch keiner los, zumal er kein Geld dabei hätte. Es ist gar nicht klar, ob das finanziert wird. Meine Damen und Herren, Sie haben im Koalitionsvertrag eine gute Idee verankert, nämlich das Digitalbudget. Aber dies steht nicht im Haushalt für 2022 und auch nicht im Haushalt für 2023. Wann wollen Sie damit anfangen? Wenn die Wahl vorbei ist? Wir haben das beantragt, Sie haben es abgelehnt. Kennen Sie die genaue Begründung? Sie können sich nicht einigen, wer was bekommt. Das heißt aber, dass in Summe niemand etwas bekommt. So kommt die Digitalisierung in Deutschland auch nicht voran. Was mich wirklich besorgt, ist, dass Sie das größte Risiko für die Digitalisierung in Deutschland mit keinem Wort erwähnen. 99 Prozent der modernen 7-Nanometer-Chips kommen heute aus Taiwan und aus Südkorea. Wenn diese Lieferkette einmal abreißt, dann kommt kein neuer Computer mehr in Deutschland an, dann läuft kein Auto mehr vom Band, und auch sonst wird nicht mehr viel produziert. Meine Damen und Herren, es ist richtig, es ist gut, dass Intel in Magdeburg investiert; aber das alleine reicht nicht. Wir müssen die gesamten Wertschöpfungsketten im Halbleiterbereich in den Blick nehmen. Da sehe und höre ich von der Ampel wirklich gar nichts, weder von Herrn Wissing noch von Herrn Habeck. Herr Wissing wird sich jetzt auf der Regierungsbank wahrscheinlich denken: Wovon redet dieser Brandl überhaupt? Ich bin für Chips doch gar nicht zuständig. Ich baue doch nur die Straße nach Magdeburg. – Aber das Problem, Herr Wissing, ist: Das stimmt. In Wirklichkeit sind Sie ja für fast nichts zuständig. – Wir haben das mal ausgewertet: 18 Prozent der Aufgaben im Bereich Digitalisierung sind in Ihrem Haus. Ich sage es mal vorsichtig: Mit einem „Projekt 18“ hatte die FDP keine gute Erfahrung in der Vergangenheit. Ich hoffe, das ist kein schlechtes Omen. Denn wir brauchen einen starken Digitalminister, wir brauchen eine echte Digitalstrategie, und wir brauchen endlich Richtungsentscheidungen in der Digitalisierung. Denn: So wie Sie arbeiten, so wird das nichts.