Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt des Bundesjustizministeriums: Es ist der kleinste Einzelplan; aber er ist nicht minder wichtig. Denn das Justizministerium ist auch der Garant für den Schutz unseres Rechtsstaates und unserer Grundrechte. Die Gesamtausgaben für 2023 sind angesetzt mit circa 954 Millionen Euro, und das sind 15,4 Millionen Euro oder 1,6 Prozent mehr als in diesem Jahr. Ein besonderer Einsatz des Justizministers für diesen Haushalt lässt sich allerdings mit den Zahlen nicht verbinden. Sie haben zwar unsere Kritik an der Personalausstattung des Generalbundesanwaltes aufgegriffen und haben die Mittelkürzung aus 2022 für 2023 wieder rückgängig gemacht. Aber in Ihrem Haushalt fehlen die Mittel für einen Digitalpakt; es fehlen die Mittel für die Fortsetzung des Paktes für den Rechtsstaat, und die Inflation, die im nächsten Jahr mit 8 Prozent zuschlägt, ist im Haushalt nicht berücksichtigt. Das heißt, der Etat sinkt in allen Ansätzen faktisch, und das ist gerade in diesen Zeiten ein Fehler. Das gilt im Übrigen auch für die Stiftungen, die unterstützt werden, ebenso wie für die Tatsache, dass auch beim Personal mögliche Erhöhungen nicht berücksichtigt sind. Sie haben sich für das Gesetz zur Planungsbeschleunigung gelobt. Ja, das ist gut, dass Sie hier ein Beschleunigungsgesetz auf den Weg gebracht haben. Aber wo Sie keinen Schritt vorangekommen sind und was nicht minder wichtig ist, ist der Pakt für den Rechtsstaat und der Digitalpakt. Die FDP, lieber Herr Kollege Buschmann, bezeichnet sich ja gerne als Digitalpartei. Aber leider haben Sie hier in diesem Bereich in der Zeit, in der Sie diesem Ministerium vorstehen, mit den Ländern keine einzige Lösung und keinen einzigen Fortschritt herbeigeführt. Es reicht nicht aus, sich mit den Ländern nur auszutauschen. Sie befinden sich mit den Ländern und allen Fraktionen in einer Dauerauseinandersetzung. Deshalb steht nächste Woche auch der nächste Krisengipfel an. Beim Thema Digitalisierung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, lieber Herr Buschmann, kann man hier wahrlich nicht von einem Fortschritt sprechen. Sie haben es nicht geschafft, ein Digitalministerium in dieser Ampel durchzusetzen, und Sie haben bis jetzt nicht mehr geschafft, als Ende August ein Eckpunktepapier zur Digitalisierung vorzulegen, das erst mal nichts anderes enthält als Zuständigkeitsbeschreibungen. Die FDP, liebe Kolleginnen und Kollegen, bezeichnet sich auch immer gerne als „Rechtsstaatspartei“. Der Rechtsstaat existiert aber nicht einfach so. Die Bürgerinnen und Bürger, die Länder, sie müssen darauf vertrauen können, dass er funktioniert und dass gemachte Zusagen eingehalten werden. Gemachte Zusagen müssen eingehalten werden! Um diese Rechte durchsetzen zu können, braucht man genügend Personal. Die Länder fordern daher auch zu Recht, dass der in der letzten Legislaturperiode vereinbarte und erfolgreiche Pakt für den Rechtsstaat als Pakt für den Rechtsstaat 2.0 auch, wie versprochen, weitergeführt wird. Es muss in Deutschland im Schnitt immer noch ein dringend Tatverdächtiger pro Woche aus der Untersuchungshaft entlassen werden, weil die Gerichte überlastet sind und die Strafverfahren zu lange dauern. Das darf nicht sein! Wir haben das in der letzten Legislaturperiode angepackt, gemeinsam mit den Ländern. Sie haben im Koalitionsvertrag versprochen, es fortzusetzen; aber Sie halten Ihre Versprechen schlicht und ergreifend nicht ein. Den digitalen Rechtsstaat, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es nicht zum Nulltarif. Deswegen fordern wir Sie auch auf, mit den Ländern gemeinsam den Pakt für den Rechtsstaat als Pakt für den Rechtsstaat 2.0 fortzusetzen und einen Digitalpakt für die Justiz abzuschließen. Sie haben ja nächste Woche beim Krisengipfel mit den Ländern die Chance dazu. Es ist aber nicht nur erforderlich, dass ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen; wichtig sind auch richtige thematische Schwerpunktsetzungen mit vor allen Dingen den richtigen Prioritäten. Hier setzen Sie oft auf die falschen Prioritäten. Das möchte ich Ihnen an einem Punkt ganz gerne erläutern. Sie haben mit wirklich großem Tamtam hier im Haus im Frühjahr als erstes großes Projekt das Verbot der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche, den § 219a StGB, abgeschafft. Sie haben sich dafür auf die Schulter geklopft. Besser wäre es aber gewesen, Sie hätten einen Vorschlag zur Speicherung von IP‑Adressen vorgelegt, um die fast 14 Millionen Kinder und Jugendlichen in Deutschland besser vor sexueller Gewalt und Kinderpornografie zu schützen. – Allein schon an Ihren Zwischenrufen lässt sich erkennen, wie wenig wichtig Ihnen dieses Thema ist – leider! IP‑Adressen sind nämlich oft der einzige Hinweis auf die Täter. Das wird Ihnen jeder Ermittler bestätigen. Der EuGH hat die Speicherung schon im Oktober 2020 für zulässig erklärt. Und, liebe SPD, Ihre Innenministerin hat es mittlerweile auch verstanden, und sie ist auch dafür. Was den Betroffenen aber nichts nützt, ist die Uneinigkeit der Ampel, die Uneinigkeit zwischen Herrn Buschmann und Frau Faeser. Deshalb: Herr Buschmann, verabschieden Sie sich endlich von Ihren Placebolösungen wie Quick Freeze, und handeln Sie endlich im Interesse der Kinder! Auch beim Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung zur Verhinderung und Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch lassen Sie wahrlich jedes positive Engagement vermissen. Man muss nicht mit allem einverstanden sein, was die Kommission so vorschlägt; aber dass man von Ihnen wieder nur Skepsis und Ablehnung vernimmt, reiht sich in Ihre bisherige Politik ein. Natürlich dürfen digitale Bürgerrechte keine Rechte zweiter Klasse sein. Aber es reicht nun mal für einen Justizminister nicht aus, hier allgemein Bedenken zu äußern. Es geht darum, sich aktiv Gedanken zu machen und Lösungen zu finden, wie man Kinderpornografie in sozialen Netzwerken und auf Plattformen besser bekämpft, wie man mit klaren Rechtsgrundlagen, mit verbindlichen Meldewegen und einem neuen EU-Zentrum Prävention und Strafverfolgung zum Beispiel bei bereits bekannten kinderpornografischen Bildern ermöglicht. Ich sage Ihnen in diesem Haus eins: Die Schwächsten in unserer Gesellschaft, unsere Kinder, vor diesen widerlichen Verbrechen zu schützen, auch und gerade im digitalen Bereich, das muss unsere Aufgabe sein. Das muss uns eine vordringliche Aufgabe sein. Gestatten Sie mir zu guter Letzt auch noch eine abschließende Bemerkung zu den heute beschlossenen Änderungen des Infektionsschutzgesetzes. Sie haben sich ja immer so für Ihre fortschrittliche Politik gerühmt, gerade auch im Digitalbereich. Die Chance, an einer fortschrittlichen Pandemiepolitik mitzuarbeiten und wirklich Weichen zu stellen, haben Sie in den letzten Monaten aber verpasst. Statt sich pausenlos öffentlich mit dem Gesundheitsminister zu streiten, hätten Sie besser das von uns geforderte Impfregister auf den Weg gebracht. Das würde uns nämlich heute und in Zukunft ermöglichen, die Pandemie besser zu managen, das würde uns ermöglichen, unsere Bürger besser zu schützen, und das würde uns auch ermöglichen, die Grundrechte besser zu schützen. Lieber Herr Buschmann, es ist jetzt knapp ein Jahr her, ein Viertel der Legislaturperiode ist vorbei. Ich sage Ihnen: Wenn Sie wirklich etwas für den Rechtsstaat in unserem Land tun wollen, dann fangen Sie endlich an, richtig zu handeln, und bessern Sie vor allen Dingen noch beim Haushalt nach! Vielen Dank.