Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in dieser Debatte bereits gehört, in welch globalem Ausnahmezustand wir uns befinden. Der Begriff „Zeitenwende“ ist in aller Munde. Mehr als je zuvor sind die Auswirkungen dieser Krisen auch bei uns in Deutschland zu spüren. Wir in der Koalition tun alles, um diese für die Menschen in Deutschland abzumildern. Aber wir müssen mehr tun, um diesen Krisen global entgegenzuwirken. Es ist weit mehr als eine moralische Verpflichtung. Es ist schlicht notwendige und vorausschauende Politik. Wir haben in der Vergangenheit leider oft gesehen, dass es in Krisenzeiten ein einfacher Reflex ist, an der Entwicklungszusammenarbeit zu sparen. Das war aber auch nie kluge Politik; im Gegenteil. Es ist in unserem ureigenen Interesse, in Entwicklungszusammenarbeit – sprich: in Friedenssicherung, in Demokratie, in die Zukunftsperspektive von Menschen – zu investieren. Da ich auch Mitglied des Verteidigungsausschusses bin, ist es mir wichtig, an dieser Stelle zu betonen, dass Sicherheitspolitik nicht nur die Stärkung des Militärischen bedeuten darf. Sicherheit geht weit darüber hinaus. Sicherheit bedeutet, zu wissen, dass ich meine Familie ernähren kann, dass ich meine Meinung frei äußern kann, dass ich mich unabhängig von meinem Geschlecht frei bewegen kann. Ist das nicht gegeben, würde auch ich mich auf den Weg machen in der Hoffnung auf ein besseres, ein sichereres Leben. Warum erzähle ich Ihnen das? Jetzt schiebe ich ein – das ist in den letzten Beiträgen irgendwie untergegangen –: Wir sind in der ersten Lesung. Ich nehme mir als Parlamentarierin das Recht heraus, hier meine Besorgnis über diesen Entwurf zu äußern; denn so verstehe ich meinen Job, liebe Opposition. Ich habe die Besorgnis, dass genau in diesen krisenhaften Zeiten die Mittel für die Übergangshilfen mehr als halbiert werden. Gerade jetzt braucht es mehr Mittel für den Wiederaufbau, um Zerstörtes zu erneuern. Gerade jetzt braucht es mehr Mittel für zivile Konfliktbearbeitung, um nachhaltig Frieden zu schaffen. Gerade jetzt braucht es mehr Mittel für zivile Krisenprävention, um Konflikte beizulegen bzw. sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Schauen wir nach Mali. Im Norden Malis engagiert sich der Zivile Friedensdienst für ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Viele der vom ZFD in gewaltfreier Konfliktbearbeitung ausgebildeten Expertinnen und Experten haben dazu beigetragen, dass sich Konflikte auf lokaler Ebene nicht weiter verschärfen trotz der extrem schwierigen Lage, in der sich das Land befindet, und trotz des bedenklichen Kurses, den die Putschregierung in Mali in den letzten Monaten eingeschlagen hat. Solche Projekte müssen wir stärken und nicht die Mittel kürzen, meine Damen und Herren. Was bedeutet das für den Haushaltsprozess 2023? Richtig: Wir haben noch viel zu tun und viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Liebe Frau Ministerin, dafür stehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten an Ihrer Seite. Bevor ich meine Rede schließe, möchte ich aber noch mal grundsätzlicher werden, weil es anscheinend noch nicht bei allen angekommen ist. Feministische Entwicklungspolitik ist nicht irgendein Kampfbegriff, den wir uns zur Selbstbeschäftigung ausgedacht haben. Sie ist vielmehr die Antwort auf die globalen Herausforderungen, die in dieser Debatte bereits mehrfach zur Sprache gekommen sind. Sie adressiert zentrale Fragen: Wer verhandelt über Frieden? Wer hat Zugang zum Rechtssystem? Wer hat Zugang zu Ressourcen? Wem kommt gute Bildung zugute? Wie und an wen wird Hilfe verteilt? Nur so und mit den notwendigen finanziellen Mitteln im Einzelplan 23 kann Entwicklungspolitik nachhaltig sein. Ich bin zuversichtlich, dass wir in den weiteren Beratungen in dieser Zeit der multikomplexen Krisen noch zu anderen Haushaltsansätzen kommen. Herzlichen Dank.