Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Wahlen in Bosnien-Herzegowina am 2. Oktober sind ein ganz wichtiger Fixpunkt. Es gab Verzögerungen; die Wahlen wurden nicht ausreichend und nicht rechtzeitig budgetiert. Deswegen war es richtig und offenkundig notwendig, dass der Hohe Repräsentant der Vereinten Nationen Christian Schmidt eingegriffen hat und die Durchführung dieser Wahlen sicherstellt. Denn wenn Wahlen nicht oder nicht rechtzeitig stattfinden, dann leistet das weiterer Destabilisierung und auch weiterer Korruption Vorschub. Und umgekehrt gilt: Wenn Wahlen rechtzeitig stattfinden, dann stärkt das Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die Wahlen am 2. Oktober müssen frei, fair und friedlich verlaufen. Deswegen macht es Sinn, die Bundeswehr zur Sicherung des Umfeldes für diese Wahlen an der Operation EUFOR Althea in Bosnien-Herzegowina zu beteiligen. Die Bundeswehr war bereits einmal in Bosnien-Herzegowina, vor 2012. Die innenpolitische Lage hat sich seither leider nicht signifikant verbessert, sondern eher verschlechtert. Der Hohe Repräsentant hat im Mai dieses Jahres vor dem UN-Sicherheitsrat gesprochen und erklärt, dass die verfassungsmäßige Ordnung in Bosnien-Herzegowina bedroht sei. Die Republika Srpska betreibt den Aufbau einer eigenständigen Steuerbehörde, einer eigenständigen Rechtsprechung und eigener Streitkräfte. Die Kroaten in Bosnien-Herzegowina arbeiten an Änderungen des Wahlrechts, die eindeutig die Kroaten bevorzugen. Aber es geht gar nicht darum, ein Verdikt über einzelne Gruppen auszusprechen. Ich möchte monieren, dass im Antrag der Koalition einzelne Personen herausgegriffen werden. Ich glaube, wir als Bundesrepublik Deutschland und wir als Europäische Union müssen deutlich machen, dass in Zeiten einer globalen Krise die Taktiererei auf allen Seiten hochriskant ist. Es gibt zu viele Politiker – jeder, der das tut, ist einer zu viel –, die auf nationalistische Motive, auf ethnisch abgrenzende Narrative setzen. Wir müssen betonen, dass ein Bewusstseinswandel in allen politischen Lagern erforderlich ist. Auch von serbischer Seite und auch von Kroatien müssen wir mäßigende, moderate Töne einfordern. Es geht darum, dass alle Entitäten des Landes gleiche und faire Chancen bei diesen Wahlen haben. Die politische Instabilität in Bosnien-Herzegowina ist ein wesentlicher Grund dafür, dass dieses Land in den letzten Jahren weit, weit hinter seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten zurückgeblieben ist. Auf dem Weg zum Status eines EU-Beitrittskandidaten gibt es eine Menge zu tun. Man ist nicht ausreichend schnell vorangekommen. Ich denke, das ist die überwiegende Einschätzung großer Teile der Bevölkerung in Bosnien-Herzegowina, und zwar von allen Entitäten. Gleichzeitig hat Russland offenkundig ein Interesse, auf dem Westbalkan, insbesondere in Bosnien-Herzegowina, weiter zu destabilisieren. Ich bin überzeugt, dass wir das bessere Angebot haben, und ich bin davon überzeugt, dass die Menschen in Bosnien-Herzegowina das auch so sehen. Sie wollen die Annäherung an die Europäische Union. Die Türe ist weit offen – das ist in den letzten Wochen mehrfach betont worden –, aber die Voraussetzungen dafür müssen geschaffen werden. Die Operation EUFOR Althea und die Beteiligung der Bundeswehr an dieser Operation sind eine Rückversicherung für die Stabilisierung des Landes und für ein sicheres Umfeld vor den Wahlen, und sie sind ein wichtiger Beitrag zur Krisenprävention in Bosnien-Herzegowina. Allerdings, meine Damen und Herren, wissen wir alle: Das Mandat für EUFOR basiert auf jährlich erneuerten Resolutionen des UN-Sicherheitsrates. Ob Russland im November dieses Jahres einer Erneuerung nochmals zustimmt, bleibt offen. Wir wissen aber auch, dass es nach dem Dayton-Vertrag ausdrücklich möglich ist, auch NATO-Truppen als EUFOR-Soldaten bereitzustellen. Insofern müssen wir uns darüber im Klaren sein: Europa, die Europäische Union und wir als Mitglied der Europäischen Union müssen in Bosnien-Herzegowina weiter Flagge zeigen und einen sichtbaren und spürbaren Beitrag zur Sicherheit in diesem Land leisten. Meine Damen und Herren, Bosnien-Herzegowina liegt bereits seit drei Jahren die Anforderungsliste der Europäischen Kommission vor, in der steht, was man tun muss, um den Kandidatenstatus für einen EU-Beitritt zu erhalten. Daran muss wieder konstruktiv gearbeitet werden, und zwar von allen Seiten – nach den Wahlen mit neuem Elan und mit neuer Legitimation. Vielen Dank.