– Wir haben auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gewartet. – Die SPD sollte mal ganz ruhig sein; denn ich sage das, weil die SPD die Partei war, die fünf Jahre lang verhindert hat, dass wir in der Regierungskoalition das CETA-Ratifizierungsgesetz durchbringen. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist ein Tag, an dem man gerne „heureka!“ rufen würde, wenn denn die zweite und dritte Lesung zeitnah folgen würde. Am 15. März ist die Entscheidung getroffen worden. Und nach geschlagenen vier Monaten hat die Koalition endlich das Richtige gemacht, nämlich endlich einen Entwurf für ein CETA-Ratifizierungsgesetz vorgelegt. Das hätten Sie als Ampel schon einige Monate vorher haben können. Ich sage auch, warum: Wir haben den Gesetzentwurf immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen versucht, fünfmal nach der Beratung am 18. März. Sie haben die Chance gehabt. Gott sei Dank sind Sie als Regierung lernfähig – darüber sind wir froh –, aber es ist kostbare Zeit verstrichen – kostbare Zeit, die wir eigentlich nicht hätten verstreichen lassen dürfen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Europäische Union und Deutschland gleiten in immer schwierigeres wirtschaftliches Fahrwasser: unterbrochene Lieferketten, explodierende Rohstoffpreise, eine dramatisch hohe Inflation. Und die Rezession klopft an unsere Haustür. All das zeigt uns eindringlich: Wir brauchen das Freihandelsabkommen mit Kanada heute mehr denn je, um unsere Wirtschaftsbeziehungen zu diversifizieren, um Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand in Europa und Deutschland zu sichern, und nicht zuletzt auch, um unsere politischen Beziehungen zu den verbleibenden Demokratien in der Welt zu festigen. Deswegen treten wir als Union seit vielen Jahren mit Nachdruck für die CETA-Ratifikation ein. Liebe Ampel, spätestens am heutigen Tag sollte jedem von uns, auch Ihnen, klar sein: Die CETA-Ratifikation muss der Startschuss für eine Reihe neuer regionaler Handelsabkommen der EU mit Drittstaaten sein; Jens Spahn hat darauf vorhin schon aufmerksam gemacht. Das gilt nicht nur für das Abkommen mit Neuseeland. Die Bundesregierung ist jetzt gefordert, in Brüssel für eine zügige Ratifikation des EU-Mercosur-Abkommens sowie der modernisierten Handelsverträge mit Mexiko und Chile einzutreten und den Handelsverhandlungen mit Australien und Indien mehr Schwung zu verleihen. Das erfordert auch die Bereitschaft zu Kompromissen auf deutscher Seite. Denn ein perfektes, nicht realisierbares Abkommen darf am Ende nicht zum Feind eines guten, erreichbaren Abkommens werden, Frau Hubertz. Daran werden Sie sich auch in den Verhandlungen und in den Gesprächen in Brüssel orientieren müssen. Also: Bitte bleiben Sie realistisch! Vertrödeln Sie nicht nochmals unnötig Zeit! Bringen Sie CETA zur Ratifikation! Wie gesagt: Wir haben keine Zeit. Die Zeit ist knapp, weil sich die Wirtschaftslage verschlechtert, und das müssen auch Sie dringend zur Kenntnis nehmen. Liebe Regierungsparteien, wir als Unionsfraktion sind der Bundesregierung und dem Bundeswirtschaftsministerium aber auch sehr dankbar – dankbar dafür, dass die Bundesregierung den Forderungen vieler Grüner, CETA nachzuverhandeln, nicht nachgegeben hat. Damit wäre das Abkommen tot. Und ich sage: Damit hätte Deutschland auch die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union bei allen weiteren Freihandelsverhandlungen untergraben und sich obendrein noch tief ins eigene Fleisch geschnitten. – Es wird keine Nachverhandlungen geben. Wenn Sie Nachverhandlungen führen, ist das Abkommen tot. Ich bin sehr gespannt, was Sie dort liefern werden. Kommen wir nun zum CETA-Ratifikationsgesetz der Regierungskoalition. Da kann ich nur sagen: Alle Achtung! Die Änderungen, die Sie im Vergleich zu unserem Gesetzentwurf vorgenommen haben, sind null; es gibt nur im Begründungsteil Unterschiede. Und dafür haben Sie ganz schön viel Zeit gebraucht – fast vier Monate. Ich möchte den wichtigsten Unterschied herausstellen, liebe Grüne: die geplante Interpretationserklärung zum CETA-Investitionsschutz. Wenn Sie ehrlich sind, dann ist dies nichts anderes als eine Nebelkerze, die Sie in Ihre eigene Wählerschaft werfen. Ihre Interpretationserklärung zum Investitionsschutz stellt nun noch einmal klar, was alle Experten seit vielen Jahren gebetsmühlenartig wiederholen: Das „right to regulate“ wird durch die Investitionsschutzbestimmungen in CETA nicht beschnitten. Sie haben in der Oppositionszeit – ich weiß das – in der Öffentlichkeit immer wieder einen anderen Eindruck vermittelt. Sie haben mit Ihrer Oppositionspolitik und Ihren Erzählungen bis 2021 Handels- und Globalisierungsskeptiker zu scharfen Kritikern gemacht, sie auf die Bäume getrieben. Und jetzt müssen Sie in der Regierungsverantwortung diese Skeptiker und Kritiker wieder von den Bäumen runterholen. Ihre Handelspolitik ist nun wahrlich nicht glaubwürdig. Ich möchte an Ihre Regierungszeit von 1998 bis 2005 erinnern. Da haben Sie die Freihandelsabkommen mit Mexiko und Chile ratifiziert und obendrein gleich auch noch ein bilaterales Investitionsschutzabkommen mit Mexiko unterzeichnet, inklusive ISDS. Insofern: Es braucht einfach mehr Glaubwürdigkeit in Ihrer Politik. Herzlichen Dank.