Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Brandenburg, Glückwunsch zu Ihrer Ernennung als Parlamentarischer Staatssekretär! Ich glaube, das war Ihre erste Rede in dieser Funktion. Alles Gute! Sie treten das Amt in einer nicht ganz einfachen Zeit an. Die Zahlen, die uns in den letzten Tagen erreicht haben, zeigen, dass die Situation schwierig ist. Die deutschen Unternehmen verlieren an Wettbewerbsfähigkeit, die Machtverhältnisse auf den Weltmärkten ändern sich rasant; das muss uns natürlich zu denken geben. Deshalb ist es wichtig, dass wir gegensteuern, dass wir gerade in den Bereichen Forschung, Innovation, Digitalisierung vorangehen, und deshalb ist es auch erst mal gut, dass diese Ampel sich den Titel „Fortschrittskoalition“ gibt und dem Slogan „Mehr Fortschritt wagen“ folgt. In Ihrem Bericht, den Sie heute vorlegen, stehen viele gute Punkte, auch im Koalitionsvertrag, nur mit der Umsetzung hapert es noch ein bisschen. Wir warten nach wie vor auf konkrete Fortschritte. Der Entwurf des Haushalts 2023 liegt nun vor. Danach wird bei GAIA‑X und bei ZIM gespart. Im Bereich Forschung und Innovation, also im Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ist der geplante Aufwuchs nicht so stark wie in den letzten Jahren. Das könnte ich Ihnen jetzt natürlich leicht zum Vorwurf machen. Allerdings sehe auch ich ein, dass wir uns haushälterisch in einer schwierigen Lage befinden. Deshalb will ich an Sie appellieren: Nutzen Sie doch wenigstens die Hebel, die Sie haben, die nicht so viel Geld kosten. Und da gibt es einiges. Ich nehme den Bereich der Regulierung. Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz – das wissen wir alle – sind der Schlüssel dafür, dass wir in allen Bereichen der deutschen Wirtschaft wettbewerbsfähiger werden, besser werden. Gerade bei der künstlichen Intelligenz vermisse ich aber jegliche Anstrengung dieser Bundesregierung, den richtigen regulatorischen Rahmen zu schaffen. Wir verhandeln derzeit auf europäischer Ebene den sogenannten AI Act, die erste weltweite Regulierung für künstliche Intelligenz. Die zuständigen deutschen Ministerien, das Wirtschafts- und das Justizministerium, können sich anscheinend in vielen Punkten nicht wirklich einigen. Sie werden in Brüssel nicht mit einer innovationsförderlichen Politik wahrgenommen. Viele Akteure kommen auf uns zu und sagen: Was dort gerade in Brüssel verhandelt wird, das kann zu einer echten Wachstumsbremse im Bereich der künstlichen Intelligenz werden. – Das muss uns besorgt stimmen. Deshalb bitte ich Sie, gerade in diesem Bereich aktiver zu werden, tätig zu werden und für eine innovationsoffene Regulierung zu sorgen, die Geschäftsmodelle möglich macht, die nicht verbietet, sondern ermöglicht. Die Spanier haben angekündigt, eigene Testfelder zu gründen. Das wäre auch ein deutscher Ansatz. Hier können Sie tätig werden und etwas für den Innovationsstandort Deutschland tun, ohne auch nur einen Cent auszugeben. Das Gleiche gilt für das Thema „Umgang mit Daten“; das hängt natürlich eng zusammen. Es ist spannend, wie Sie dieses Thema in der Bundesregierung aufgeteilt haben – da muss ich jetzt wirklich nachgucken, weil ich mir das alles gar nicht merken kann –: Also, für den Data Act international ist Herr Wissing zuständig, national Herr Habeck, für das Dateninstitut Herr Habeck und Frau Faeser, für das Datengesetz gibt es noch keine Zuständigkeit, für KI sind Herr Habeck und Herr Buschmann zuständig, und bei allem vermisse ich Frau Stark-Watzinger. Sie ist für die KI zuständig, allerdings zusammen mit Habeck und Heil. Das klingt nicht nach einer stringenten Digital- und auch nicht nach einer stringenten Datenpolitik. Das klingt nicht danach, dass Sie das, was Sie immer sagen – Datenräume schaffen, mit Daten arbeiten, Innovationen durch Daten ermöglichen –, auch wirklich umsetzen. Auch hier mein Appell: Es kostet nichts, klären Sie Ihre Zuständigkeiten, und kommen Sie zu einer stringenten Digital- und Datenpolitik. Das ist ganz wichtig für den Innovationsstandort Deutschland. Das dritte Anliegen, das ich habe: Nutzen Sie die Hebel, die da sind. Wir behandeln am Freitag im Plenum einen Antrag zur Biotechnologie, zu IPCEI Health. Die Biotechnologie ist eine weitere Schlüsseltechnologie, die Sie auch in Ihrem Gutachten erwähnen. Sie erwähnen auch diese gemeinsame Anstrengung auf europäischer Ebene, das Instrumentarium IPCEI. Ein solches IPCEI wird gerade in Brüssel verhandelt, etliche Staaten machen mit. Und wo ist Deutschland? Wir sehen keine Bemühungen Deutschlands, bei dieser Initiative mitzumachen. Auch hier lassen Sie Chancen ungenutzt liegen. Das ist ein Hebel, der gerade dem Biotechnologiestandort Deutschland helfen würde. Auch das nutzen Sie nicht. Stattdessen verheddern Sie sich weiterhin bei der Gründung einer Agentur für Transfer und Innovation. Dabei haben wir schon Agenturen, die Agentur für Sprunginnovationen, die Agentur für Innovationen in der Cybersicherheit. Es wäre viel sinnvoller, diese Agenturen zu entfesseln, ihnen mehr Möglichkeiten, mehr Freiräume zu geben, vielleicht auch in den Regionen Satelliten zu gründen. Es wäre sinnvoller, das, was wir haben – auch die Projektträger des BMBF sind ja durchaus gute Einrichtungen –, zu entfesseln, diesen Agenturen mehr Möglichkeiten zu geben. Das würde mehr bringen, als eine DATI zu gründen, die gerade von den Gutachtern, die auch das EFI-Gutachten geschrieben haben, kritisiert wird. Die sagen, das bringe nur Doppelstrukturen, führe aber nicht zum Ziel. Dadurch könnten Sie Geld sparen. Die anderen Sachen können Sie umsetzen, ohne dass es Geld kostet. Wenn Sie dann noch ein bisschen umschichten und wirklich in die Wachstumsfelder investieren, dann können Sie auch Ihrem Titel „Fortschrittskoalition“ gerecht werden. Zurzeit sieht das alles noch nicht so gut aus.