Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die alten Griechen lehren uns, was von dem vorliegenden Antrag zu halten ist: Ein trojanisches Pferd – erschaffen aus feinstem Holz, die Augen aus Obsidian und Bernstein, die Zähne aus Elfenbein und die Mähne aus echtem Pferdehaar. Hier heißt das Pferd „Schutz der Kinder vor sexuellem Missbrauch“. Die in seinem Inneren versteckten Krieger nennt man heute „Vorratsdatenspeicherung“. Nein, Dr. Krings, liebe Kollegen von der Union, auf diese Leimrute werden wir Ihnen nicht gehen. Der Missbrauch von Kindern ist eine der widerlichsten Arten von Kriminalität. Diese Delikte schreien geradezu nach Strafverfolgung. Aber damit eignen sie sich auch besonders gut, mit ihnen andere Ziele zu verstecken. Die Speicherung von Daten auf Vorrat kann nämlich missbraucht werden, und sie ist auch ungeeignet. Sie führt unter Beachtung der informationellen Selbstbestimmung, was die IP‑Adressen angeht, auch nicht zu Erfolgen. Die gespeicherten Daten sind stets Objekte von Begehrlichkeiten, laden also zum Missbrauch ein. Sie müssen wissen, dass bei einer Durchsuchung oftmals sogenannte Zufallsfunde gemacht werden. Der Staatsanwalt spricht dabei von „Beifang“. Man sucht offiziell nach einer Mücke, will aber den Elefanten finden. Nach unserer Strafprozessordnung sind diese Elefanten dann auch verwertbar. Nur mal auf den Punkt gebracht: Was ist eigentlich mit politischer Kriminalität? Staatsanwaltschaften – dies ist übrigens ein Verstoß gegen EU-Recht – sind immer noch dem jeweiligen Justizminister gegenüber weisungsgebunden. Es besteht also die Versuchung, auf die gespeicherten IP‑Adressen zuzugreifen, um auszuspähen, was sich bei dem politischen Gegner denn so alles finden lässt. Nein! Ich weiß doch, natürlich käme niemand von Ihnen hier auf die Idee, so was auch nur zu denken. Aber es besteht immerhin die Möglichkeit dazu. Außerdem findet man in der Regel die Täter nicht. Wir kennen doch alle die sogenannten virtuellen privaten Netzwerke, kurz VPN. Auch die Kriminellen kennen sie und werden sie nutzen, sollten die IP‑Adressen gespeichert werden. Die Mehrheit dieser Täter bewegt sich außerdem im Darknet. Auch dort kann man sie mit den IP‑Adressen nicht aufspüren. Mit der Regelung der Union bewirken wir gar nichts. Die Speicherung ist ungeeignet. Ein solches Mittel ist aber bei Grundrechtseingriffen stets unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig. Wir wollen den Kinderschutz im Netz dagegen ernsthaft und wirksam verbessern. Wir wollen die gebündelten Arbeitsgruppen bei den Cybercrime-Staatsanwaltschaften verstärken. Die Staatsanwälte aus solchen Arbeitsgruppen, die es in einigen Bundesländern schon seit Längerem gibt, haben auch Erfolg. Sie haben die technische Expertise, und sie haben die Ressourcen, auch große Plattformen und Datenmengen zu bearbeiten. Sie haben auch die Möglichkeit, verdeckte Ermittler einzusetzen. Dies kostet natürlich alles Geld. Wir müssen dieses Geld auch in die Hand nehmen, wenn wir unseren Kindern wirklich helfen wollen. Liebe Kollegen von der Union, die Amerikaner haben eine treffende Bezeichnung für ausgeprägtes Wollen, ohne zu können: A good try. Vielen Dank.