Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich für die Fraktion Die Linke feststellen, dass ich den vorliegenden Realisierungsvorschlag sehr gut finde. Der ist übrigens auch auf der Höhe des wissenschaftlichen Diskurses. Ich will mich auch namens meiner Fraktion bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herzlich bedanken. Das ist eine sehr gute Grundlage zur weiteren Diskussion. Ich möchte zum Zweiten feststellen, dass es allerdings dort einige Leerstellen gibt, die wir unbedingt weiter diskutieren müssen, auch hier im Bundestag. Es gibt geschichtspolitische Komponenten. Da ist zunächst einmal die Frage der juristischen Aufarbeitung insbesondere der Taten und der Umgang mit den Tätern. Da ist eine große Leerstelle; denn hier wird zu pauschal gesagt, dass die juristische Aufarbeitung in der Bundesrepublik, der DDR und Österreich vergleichbar ist. Das ist dezidiert nicht der Fall; denn in der DDR gab es bekanntermaßen eine deutlich intensivere Entnazifizierung, wenn man so will, als in der damaligen Bundesrepublik, wo die ganzen alten SS- und Reichssicherheitshauptamtleute nämlich wieder in Amt und Würden gekommen sind und es deswegen eben keine vorbildliche Aufarbeitung gegeben hat. Das muss man hier so feststellen, sonst hat man keine Ahnung von Geschichte. Das Dritte, was ich schon noch mal feststellen will – und das ist ja in Ansätzen dort auch wirklich vorhanden –, ist eine Einordnung des völlig entgrenzten Vernichtungskrieges gegen den Osten damals. Das ist doch zu wenig spezifiziert. Denn der ist ja gerade nicht nur durch die Suspendierung aller Rechtsregeln gekennzeichnet gewesen, die es bis dahin gab, in der Kriegsführung beispielsweise, sondern vor allem dadurch gekennzeichnet gewesen, dass er alle bis dahin gekannten Zivilisationsregeln aufgehoben hat. Das will ich an Zahlen deutlich machen. Die Sterblichkeitsrate bei Kriegsgefangenen der Roten Armee lag bei 60 Prozent; das sind 3,3 Millionen Leute. Sie sind vor allem in Wehrmachtslagern schlicht verhungert. Wenn wir uns dagegen die Sterblichkeitsrate bei westlichen alliierten Kriegsgefangenen angucken, sehen wir: Sie lag bei 3,5 Prozent. Daran können wir erkennen, dass wir es hier mit etwas anderem zu tun haben. Ich möchte dazu, warum dieses Dokumentationszentrum wirklich dringend notwendig ist, noch auf die aktuelle Debatte und bestimmte Töne dabei eingehen. So leid es mir tut, ich will noch mal Jürgen Trittin hier direkt ansprechen; denn insbesondere Sie von den Grünen sind hier auffällig geworden. Jürgen Trittin sagte in einem aktuellen Interview – ich darf zitieren –: Es gab mehrere Vergleiche von Ihnen dort in dieser Hinsicht. Ich möchte das in aller Form zurückweisen. Das ist nichts anderes als eine Relativierung der Verbrechen des deutschen Faschismus, um das in aller Klarheit zu sagen. Auch in den Medien, wo von einem Vernichtungskrieg von Russland gegen die Ukraine gesprochen wird, wollen wir, bitte schön, historisch korrekt bleiben. Es ist ein verbrecherischer Angriffskrieg. Es ist kein Vernichtungskrieg. Was ein Vernichtungskrieg ist, möchte ich zum Abschluss kurz zitieren: Das ist der Vernichtungskrieg gewesen. Der Begriff des Vernichtungskrieges ist in geschichtspolitischen Auseinandersetzungen von der Wissenschaft bitter erkämpft worden, und er ist mit nichts anderem zu vergleichen. Deswegen weise ich das zurück und lade auch insbesondere einige von Ihnen herzlich zur Eröffnungsausstellung in dieses notwendige Dokumentationszentrum ein. Vielen Dank.