Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Sehr geehrte Petentinnen und Petenten! Liebe Zuschauende! Herr Brandes, Menschen, die hier Vokabeln wie „Gleichschaltung“ benutzen, zeigen doch, wes Geistes Kind sie sind. Zum Thema Impfpflicht-Petitionen: Wir haben absichtlich diese Petition öffentlich beraten, und zwar vor der Entscheidung über eine Impfpflicht. Das haben wir absichtlich gemacht, weil es uns genau darum ging, diese Argumente noch zu hören. Also dann bitte bei der Wahrheit bleiben! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich stehe heute hier vor einer Herausforderung, als Obmann über den Jahresbericht Petitionen zu sprechen, der eine Zeit behandelt, in der ich noch gar kein Abgeordneter war. Daher sehe ich meine Aufgabe darin, aus dem vorliegenden Bericht Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. 2020 behandelte der Ausschuss 14 134 Petitionen; 2021 waren es noch 11 667 und damit deutlich weniger. Trotzdem sprechen wir von immerhin 46 Petitionen pro Werktag im Jahre 2021. An dieser Stelle möchte ich mich dem Dank an den Ausschussdienst im Namen der SPD-Fraktion natürlich anschließen. Ohne Sie, die uns immer zur Seite stehen, wären wir, glaube ich, nicht so handlungsfähig, wie wir es im Ausschuss sind. Deshalb herzlichen Dank noch einmal von meiner Seite! Natürlich gilt unser Dank auch unserer Ausschussvorsitzenden Martina Stamm-Fibich: Liebe Martina, du leitest diesen Ausschuss mit Ruhe, Sachlichkeit und großer Kompetenz, und ich kann dir versichern, dass es sehr auffällt, wenn du nicht da bist. Der angesprochene Rückgang der eingegangenen Petitionen zwischen den Jahren 2020 und 2021 fällt deutlich auf. Aber wer sich die Zahlen der vorangegangenen Jahre einmal ansieht, bemerkt schnell, dass Schwankungen nichts Ungewöhnliches sind und die Zahlen auf das Niveau von 2017 zurückgegangen sind. Diese Entwicklung müssen wir trotzdem genau im Auge behalten und uns fragen, was die Gründe dafür sind. Erfreulich ist die Anzahl der Onlineeinreichungen, die 2021 42 Prozent aller Petitionen ausmachten. Allein die 330 000 Neuanmeldungen auf unserer Plattform sprechen Bände, obwohl sich diese Zahl auch im Vergleich zu 2020 fast halbiert hat. Wichtig ist, dass 26 Prozent aller Nutzer/-innen ihren Weg auf die Seite des Petitionsausschusses über Social-Media-Kanäle gefunden haben, und hierauf sollten wir einen Fokus legen, um mehr Öffentlichkeit für Petitionen zu erreichen. Daher ist es gut und richtig, dass wir im Ausschuss einstimmig dem Umbau und der Modernisierung unserer eigenen Onlineplattform zugestimmt haben. Wir haben einen großen Instrumentenkasten, um auf die Anliegen der Petentinnen und Petenten eingehen zu können, von Terminen vor Ort über Berichterstattergespräche mit der Bundesregierung bis hin zu verschiedenen Überweisungsalternativen. Der Petitionsausschuss hat viele Möglichkeiten, und wir sollten sie in Zukunft stärker nutzen. Aber das kann nur der Anfang von einer Reform des Petitionsrechtes hin zu einem stärkeren Instrument der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sein. Das haben wir uns als Ampel vorgenommen, und das werden wir als Ampel auch umsetzen. Ich lade explizit die Opposition dazu ein, sich daran zu beteiligen. Petitionen liegen absolut im Trend; das kann jeder erfahren, der sich die Klickzahlen auf den privaten Plattformen einmal genauer ansieht: 50 000 Mitzeichnungen und mehr sind dort keine Seltenheit. Bei uns waren es im Jahr 2021 ganze 5 – 5 von mehr als 11 000 Petitionen, die dieses Quorum erreicht haben! Das sind rund 0,05 Prozent aller Petitionen. Der Fairness halber muss man anmerken, dass nur 636 Petitionen veröffentlicht wurden und somit überhaupt mitgezeichnet werden konnten. Trotzdem sprechen wir hier nur von 0,8 Prozent aller möglichen Petitionen, die öffentlich behandelt wurden. Das ist aus meiner Sicht zu wenig: Es sind zu wenige Petitionen, die veröffentlicht wurden, zu wenige Petitionen, die das Quorum erreicht haben, und zu wenige Petitionen, die ohne das Erreichen des Quorums öffentlich behandelt wurden; denn das Erreichen des Quorums ist bekanntlich keine Pflicht für eine öffentliche Behandlung, liebe Kolleginnen und Kollegen. In der Pandemiezeit – das wurde angesprochen – waren 25 Prozent der Petitionen an das Gesundheitsministerium gerichtet oder fielen zumindest in den Zuständigkeitsbereich dieses Hauses. Wir sehen also, dass der Petitionsausschuss ein Seismograf für die gesellschaftliche Realität dieses Landes ist. Aus den vorgelegten Zahlen ergibt sich ein Reformbedarf des Petitionswesens. Wenn Petitionen als Instrument der Bürger/-innenbeteiligung gewünscht sind, dann muss es leichter werden, sie einzureichen, sie zu veröffentlichen und auch mitzuzeichnen. Ansonsten bleibt der Petitionsausschuss eine Art nationaler Kummerkasten, und das ist mir persönlich zu wenig, liebe Kolleginnen und Kollegen. Machen wir uns nichts vor: Wir stehen in einer Konkurrenz um Aufmerksamkeit zu den großen Kampagnenplattformen, obwohl unser Ausschuss die einzige Plattform für Bürger/-innen ist, die eine Veränderung im Sinne einer Petition herbeiführen kann. Wir wollen, dass der Petitionsausschuss nicht nur in politischen Sonntagsreden aufgrund seines Verfassungsranges gelobt wird. Als Ampel wollen wir, dass der Ausschuss endlich die Stellung und den Einfluss erhält, die ihm aufgrund seines Ranges auch zustehen. Darüber hinaus schlagen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten schon seit Langem vor, dem Petitionswesen durch eine beauftragte Person auch in der Regierung ein Gesicht zu geben. Einzelne Bundesländer haben vergleichbare Ombudsstellen schon geschaffen und damit gute Erfahrungen gemacht. Dies lässt sich auf Bundesebene gut auf das Petitionswesen übersetzen. So schaffen wir Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern, so unterstreichen wir auch die Bedeutung, die Petitionen im politischen Betrieb haben. Abschließend müssen wir uns eingestehen, dass wir in der Bearbeitungszeit schneller werden müssen. Aber nach kurzer Zeit als Sprecher der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Petitionsausschuss weiß ich, dass Petitionen oft viele Jahre liegen, meistens weil es keine politische Einigung gibt. Gerade in Zeiten der Großen Koalition war das leider viel zu oft der Fall. – Die einen sagen so, die anderen so. – Das darf nicht so sein; denn so schaffen wir nicht mehr Partizipation, sondern fördern Politikverdrossenheit. Zusammenfassend zeigt der Bericht deutlich: Es gibt viel zu tun, es gibt viel Potenzial. Also packen wir es gemeinsam an. Herzlichen Dank.