Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Connemann, vielleicht sage ich das einfach mal ganz deutlich für die SPD-Fraktion: Bei uns kann man Mitglied sein, soll man sogar Mitglied sein und im Herzen dieser Demokratie sein, wenn man eine Ausbildung gemacht hat. Es braucht kein Studium, um Abgeordnete des Deutschen Bundestages zu sein. Das gilt für die SPD-Fraktion und, ich hoffe, eigentlich auch für Sie. Deshalb möchte ich die Auszubildenden und die berufliche Bildung in das Zentrum dieser Debatte hier rücken. Wir beraten heute nämlich nicht nur die BAföG-Reform, die natürlich auch positive Auswirkungen auf die Berufsausbildungsbeihilfe hat, sondern wir beraten auch den Berufsbildungsbericht. Genau über ihn müssen wir hier auch sprechen; denn er zeigt zum Ersten, was wir geschafft haben. Mit „wir“ meine ich die Politik, ich meine den Ausbildungsrettungsschirm, den wir auf den Weg gebracht haben, für den wir als SPD gekämpft haben, aber ich meine damit auch die Unternehmerinnen und Unternehmer. Ich meine damit alle Akteurinnen und Akteure in der beruflichen Bildung, und ich meine damit vor allem ganz besonders die Auszubildenden. Denn wenn wir uns den Berufsbildungsbericht angucken, sehen wir: Es gab stabile Ausbildungsverläufe – das ist gut, das hätten wir in der Coronapandemie nicht erwartet –, es gab einen Rückgang der Vertragslösequote – das ist auch sehr gut –, und es gab erfolgreiche Prüfungen, über 90 Prozent. Herzlichen Glückwunsch an alle Azubis, die das geschafft haben. Aber der Berufsbildungsbericht zeigt zum Zweiten natürlich auch, was wir noch zu tun haben. Wenn 63 000 unbesetzte Stellen ungefähr 25 000 unversorgten Bewerberinnen und Bewerbern gegenüberstehen, dann müssen wir sagen: Es gibt ein Passungsproblem, ja. Und deshalb ist es zum Dritten umso wichtiger, dass wir jetzt alles dafür tun, die Berufsorientierung zu stärken, mit allen Akteurinnen und Akteuren, die dazugehören. Es muss uns nämlich besorgen, dass 15 Prozent weniger junge Menschen zur Berufsberatung gegangen sind. Deshalb braucht es jetzt eine Kraftanstrengung. Es braucht aber auch politischen Willen, nicht nur die berufliche Bildung zu stärken, sondern auch zu systematisieren, endlich dafür zu sorgen, dass es nicht Zufall ist, ob ich irgendwo einen Ausbildungsplatz bekommen habe oder meine Eltern mir einen Ratschlag gegeben haben, sondern dass ich wirklich meine Stärken und Schwächen erfahren kann, dass ich mich wirklich ausprobieren kann. Und es braucht eine Stärkung der Jugendberufsagenturen. Genau das haben wir uns als Ampelkoalition vorgenommen; denn uns ist es nicht egal, dass 46 000 junge Menschen einfach verschwunden sind. Wir wissen nicht, wo die sind, was die machen. Sie machen auf jeden Fall keine Ausbildung. Und das darf so nicht sein. Wir brauchen beste Beratung in den Jugendberufsagenturen. Und zum Vierten müssen wir natürlich die Ausbildungsmobilität erhöhen. Dazu trägt die heutige Reform auch bei. Aber wir müssen noch mehr tun. Es kann nicht sein, dass man zum Beispiel eine Ausbildung nicht anfangen kann, weil man die Miete in der Stadt einfach nicht bezahlen kann oder wenn man – das habe ich hier in Berlin und in Bonn schon viel gehört – einfach keine Wohnung findet, weil die Wohnungen an Auszubildende nicht vergeben werden. Und deshalb: Ja, wir müssen auch in der Ausbildungsmobilität unbedingt viel tun. Aber ich will auch klar sagen, dass es nicht nur ein Passungsproblem, sondern in der beruflichen Bildung auch ungleiche Chancen gibt. Wenn man sich anguckt, dass unter den Menschen mit Zuwanderungsgeschichte 34,8 Prozent Ungelernte sind, während es bei Menschen, die keine Zuwanderungsgeschichte haben, nur 8,9 Prozent sind, dann muss man einfach sagen: Wir haben ein diskriminierendes und ein nicht Chancen gebendes Berufsbildungssystem, und das ist nicht in Ordnung. Wenn wir Einwanderungsland sein wollen, was wir sein wollen, müssen wir da besser werden. Dafür haben wir ein Instrument gefunden, das wir auch im Koalitionsvertrag beschreiben, und das ist die Ausbildungsplatzgarantie. Diese Garantie ist einerseits eine Chance für uns alle, von staatlicher Seite der beruflichen Bildung ein Upgrade zu geben, weil wir Maßnahmen zusammenfassen, weil wir besser werden, weil wir systematisieren, und es ist andererseits ein Angebot an die unternehmerische Verantwortung, an der Stelle mitzuwirken, noch mal einen richtigen Boost für die berufliche Bildung zu geben. Deshalb freue ich mich darauf, all diese Projekte anzugehen und vor allem der beruflichen Bildung den Platz zu geben, den sie verdient: mitten im Herz der Parlamente, mitten im Herz der Fraktionen. Vielen Dank.