Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ende des Monats sollen die Umweltminister im Europäischen Rat darüber befinden, wie es mit dem Verbrennungsmotor weitergeht. Dazu möchte ich ganz klar sagen: Es geht natürlich nicht um die Bestandsflotte; es geht um die Neuzulassung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035. Dabei – Achtung! – würde das aber bedeuten, dass die heute 140-jährige Erfolgsgeschichte des Kolbenmotors in und aus Deutschland ein jähes Ende finden würde. Die Meinungen in der Bevölkerung dazu sind durchaus gespalten. Es gibt da keine einheitliche Meinung; es gibt unterschiedliche Ansichten. Ich halte es übrigens für einen Wert dieser Ampelkoalition, dass wir diese unterschiedlichen Meinungen auch hier vorne im Plenum vortragen. Denn nur wenn wir Unterschiede öffentlich machen, können wir die Gesamtmeinung und am Ende eine ausgewogene Meinung der Ampelkoalition der Mitte repräsentieren. Deswegen ist es ein Mehrwert, wenn wir diskutieren, und kein Nachteil. Über das Thema Verbrennungsmotor diskutieren wir sehr emotional. Ich komme aus Baden-Württemberg, dem Geburtsort des „Heilig’s Blechle“ von Daimler. Ich kann total gut verstehen, wenn Leute da Emotionen reinlegen. Allerdings hilft es manchmal, einmal durchzuatmen und sich zurückzulehnen. Für die FDP-Fraktion möchte ich unsere Meinung ruhig und schlicht vortragen. In allererster Linie müssen wir noch mal klarmachen: Worum geht es? Es geht um den Klimaschutz. Und ich möchte voranstellen, dass wir uns ganz klar zu den Pariser Klimazielen bekennen und dass wir ganz klar erkennen und bekennen, dass auch der Verkehrssektor seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten muss. Auf dem Weg dorthin sehen wir jedoch das faktische Verbrenner-Aus ein Stück weit kritisch. Da möchte ich Ihnen einige Argumente mitgeben, die uns umtreiben: Das Thema Vielfalt. Vielfalt zeigt uns in vielen Bereichen der Gesellschaft und in Deutschland, dass es eine Bereicherung ist. Eine vielfältige Gesellschaft bedeutet, dass jeder seine Gedanken, seine Sichtweise, seine Art und Weise mit einbringen kann, und das bereichert uns. Das Thema Diversität. Wir reden immer von Biodiversität. Das bedeutet, dass jedes Tier, jede Pflanze seinen Raum, seinen Platz und seine Funktion hat. Wenn wir auch nur eine einzige Art verlieren, dann machen wir das biologische Ökosystem weniger resilient, weniger anpassungsfähig und weniger flexibel. Auch bei der Motoren- und Antriebstechnik sollten wir uns dieses Bild vor Augen halten. Wir brauchen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit für die Zukunft, und die sollten wir uns an dieser Stelle offenhalten. Wir sollten uns auch deswegen die Anpassungsfähigkeit offenhalten, weil sich Rahmenbedingungen manchmal plötzlich ändern können. Dazu möchte ich einfach nur auf unsere momentane Situation der Abhängigkeit bei der Energieversorgung hinweisen. Wir haben uns auch nicht vorstellen können, dass sich da Rahmenbedingungen plötzlich ändern. Heute stehen wir mit dem Rücken an der Wand und müssen als Notmaßnahmen Dinge umsetzen, die wir uns vorher nicht haben vorstellen können. Wenn wir jetzt gucken, woher unsere Ressourcen kommen, beispielsweise im Bereich der Elektrifizierung, dann sehen wir, dass viele der Länder, von denen wir durch neue Rohstoffpartnerschaften abhängig sind, eventuell nicht ganz die lupenreinen Demokraten sind, eventuell nicht in jedem Punkt die Menschenrechte einhalten und eventuell nicht diejenigen sind, von denen wir uns perspektivisch und für die Zukunft in dem Maße ausschließlich abhängig machen sollten. Das wichtigste Argument für den Kolbenmotor ist jedoch, dass gar nicht der Motor das Problem ist. Es ist die Frage, was wir da reinschütten. Die erdölbasierten Kraftstoffe sind doch das eigentliche Problem, das wir verhindern müssen, wenn wir Klimaschutz betreiben wollen. Für dieses Problem gibt es eine Lösung: Es sind synthetische Kraftstoffe. Synthetische Kraftstoffe bestehen aus biogenen Kraftstoffen. Gut, die biogenen Kraftstoffe sind nicht wirklich populär, weil wir die Tank-oder-Teller-Diskussion haben. Aber wir haben immer noch die E‑Fuels. Die E‑Fuels sind wasserstoffbasierte Kraftstoffe, die viel leichter transportiert werden können und für die wir sogar heute schon eine Infrastruktur haben. Deswegen sollten wir uns diese Möglichkeit offenhalten und die Produktion der E‑Fuels hochfahren, nicht nur für die Bestandsflotte. Wir sollten uns auch perspektivisch die Flexibilität lassen, alle Antriebsstränge klimaneutral nutzen zu können. Diese Position der FDP ist auch nicht neu. Sie findet sich im Koalitionsvertrag in der Formulierung: Ab 2035 sollten Fahrzeuge neu zugelassen werden können, die nachweisbar nur mit E‑Fuels zu betanken sind. – Damit wollen wir das einlösen, was wir im Wahlkampf versprochen haben. In der Ampelkoalition werden wir eine gute, sinnvolle gemeinsame Lösung finden, wie wir Technologieoffenheit und ökologischen Klimaschutz miteinander vereinbaren können. Darauf kann sich dieses Haus verlassen.