Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Tagen hat der Verbrennungsmotor in der Tat mal wieder für einige Schlagzeilen gesorgt. Was ist also passiert? Das EU-Parlament hat entschieden, dass ab 2035 in der EU nur noch Fahrzeuge zugelassen werden dürfen, die 0 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren. Das bedeutet de facto und durch Beschluss bestätigt, dass keine neuen Pkw oder leichten Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen werden können. Was zugelassen werden kann, sind batterieelektrisch betriebene und Fahrzeuge mit Brennstoffzellen. Und natürlich wird niemandem verboten sein, sein Auto mit Verbrennungsmotor nach 2035 zu fahren. Jetzt fragen sich viele: Warum nicht den Verbrennungsmotor behalten und irgendwie darauf hoffen, dass E‑Fuels die Dekarbonisierung vorantreiben? Darauf antworte ich: Das tun wir ja. Wir brauchen E‑Fuels, um die Flugzeugflotte zu dekarbonisieren, um die Schifffahrtsflotte zu dekarbonisieren, die Landwirtschaftsfahrzeuge, die Straßen- und Baustellenfahrzeuge, ja Panzer und militärische Fahrzeuge irgendwann, andere Großantriebe und nicht zu vergessen die vielen Millionen Pkw mit Verbrenner, die es in Europa auch nach 2035 noch geben wird. Ich glaube, diese Aufzählung zeigt die vielfältigen Einsatzgebiete, die Verbrennungsmotoren und strombasierte E‑Fuels aus erneuerbaren Energien jenseits des Pkws haben werden, und zwar so, wie wir es im Koalitionsvertrag formuliert haben: außerhalb der Flottengrenzwerteregelung. Wenn das keine Technologieoffenheit ist, dann weiß ich es auch nicht. Ziel ist es, den Verkehrssektor möglichst schnell und wirksam zu dekarbonisieren; denn er ist nachweislich für 20 Prozent der Emissionen in der EU verantwortlich, Tendenz steigend. Fakt ist: Neben den von mir genannten Antrieben wird Wasserstoff für die Dekarbonisierung der energieintensiven Industrien benötigt. Ich komme aus einer energieintensiven Industrieregion, der Rhein-Neckar-Region. Daher weiß ich, dass die Transformation nur gelingen wird, wenn es genügend verfügbaren bezahlbaren Grünen Wasserstoff als Energieträger geben wird. Daran hängen viele tarifliche Arbeitsplätze. Wer sich also wirklich um Arbeitsplätze in Deutschland sorgt, muss das knappe Gut „Grüner Wasserstoff“ da einsetzen, wo es am dringendsten benötigt wird und alternativlos ist, und das ist nicht der Pkw-Individualverkehr. Also, reden wir doch über Arbeitsplätze in der Automobilindustrie! Das Absurde an dieser Debatte, die wir ja immer wieder aufs Neue führen, ist, dass die deutschen und europäischen, ja selbst die amerikanischen und asiatischen Hersteller sich überwiegend schon längst für die Elektromobilität zur Dekarbonisierung ihrer Fahrzeugflotte entschieden haben, schon bevor die Flottengrenzwerte beschlossen wurden. Hören Sie doch auf sie, wenn Sie schon nicht auf mich hören wollen! Nein. Hören Sie doch auf die Automobilindustrie, wenn Sie schon nicht auf mich hören wollen! Es ist zwar natürlich immer ein Fehler, nicht auf kluge Frauen zu hören. Aber wenn ich in Ihre Reihen gucke, dann sehe ich, dass Sie sich damit schwertun, auf kluge Frauen zu hören. Deswegen: Hören Sie doch auf die Chefs der Automobilindustrie! Hören Sie auf die Betriebsräte! Hören Sie auf die Gewerkschaften! Sie alle haben schon längst klargestellt: Der E‑Mobilität gehört die Zukunft im Pkw-Bereich. Wir unterstützen mit der Entscheidung für die Flottengrenzwerte also diejenigen, die sich entschlossen auf den Weg Richtung Antriebswende machen und sich um die Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland bemühen. Das gilt auch für die Zulieferbetriebe, die mit dem Beschluss einen klaren Zeitrahmen haben, um sich zukunftsfest aufzustellen. Es ist unverantwortlich, den unvermeidbaren, von der Industrie schon längst vorbereiteten Umstieg auf E‑Mobilität künstlich hinauszögern zu wollen. Denn am Ende wird auch der Preis das entscheidende Argument für E‑Mobilität sein. Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien wird Strom als Antrieb mit dem höchsten Wirkungsgrad die günstigste Antriebsalternative sein. Das ist sie jetzt schon. E‑Fuels werden laut Expertenschätzung auf absehbare Zeit zwischen 4,50 Euro und 10 Euro pro Liter kosten. Selbst wenn die Produktion hochskaliert wird, ist es mehr als fraglich, ob sie jemals mit dem deutlich effizienteren Elektroantrieb preislich konkurrenzfähig sein werden. Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns diese Scheingefechte, die die Industrie längst geführt und entschieden hat, endlich beenden, und konzentrieren wir uns auf das, was wirklich unsere Aufgabe ist: den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa, den Aufbau der notwendigen Ladeinfrastruktur für Pkw und Lkw, den Aufbau der Infrastruktur für den Transport von Strom und Wasserstoff, Rohstoffpartnerschaften mit demokratischen Ländern, die Unterstützung von Unternehmen bei der Umschulung ihrer Belegschaft und natürlich den intensiven Ausbau der klimaneutralen Mobilitätsalternativen, insbesondere der Schieneninfrastruktur bei der Bahn! Sie sehen also: Wir haben viel zu tun, und all das wird tariflich abgesicherte Arbeitsplätze in Deutschland dauerhaft erhalten. Führungsmacht zu sein, bedeutet auch, den Kampf gegen den Klimawandel zu führen und jetzt auch bei den Flottengrenzwerten unsere europäischen Partner, aber auch unsere Automobilhersteller nicht im Stich zu lassen. Wir wollen die Antriebswende zum Erfolg führen, – – damit auch in Zukunft klimaneutrale Mobilität für alle verfügbar ist. Vielen Dank.