Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die Waffen sprechen, schweigt das Recht nicht. Auch im Krieg gelten Regeln und Gesetze. Die russische Armee verübt bei ihrem verbrecherischen Angriffskrieg nahezu jeden Straftatbestand, der im Völkerstrafgesetzbuch aufgelistet ist: Plünderungen, Verschleppungen, Vergewaltigungen, Folter, Morde. Die Ukraine hat mit der strafrechtlichen Aufarbeitung begonnen. Aber – das ist hier schon mehrfach zu Recht gesagt worden – auch in Deutschland können diese Verbrechen nach dem Weltrechtsprinzip geahndet werden. Um das sicherzustellen, stärken wir mit diesem Haushalt den Bereich des Völkerstrafrechts beim Generalbundesanwalt. Das ist ein wichtiger Schritt. Wir dürfen hier nicht stehen bleiben. Es steht ja zu befürchten, dass dieser Krieg noch eine Weile andauern wird. Darum müssen wir sicherstellen, dass Menschen, die aus der Ukraine zu uns fliehen und vielleicht Beweismittel haben – Augenzeugenberichte, Handyvideos und Ähnliches –, wissen, wo sie diese hinterlegen können. Dafür ist es notwendig, Informationskampagnen und Informationsangebote auch in der Fläche unseres Landes zu haben. Wir müssen die internationale Zusammenarbeit der Justiz weiter stärken, so wie es der Justizminister angekündigt hat. Dazu gehört zum Beispiel, Strukturen zu schaffen, dass Verfahrensunterlagen, Urteile und Ähnliches aus dem Völkerstrafrecht – das gilt nicht nur in Ukrainestrafverfahren, sondern auch in anderen Völkerstrafverfahren, die derzeit in Deutschland laufen – zeitnah übersetzt werden. Es würde der internationalen Justiz helfen, wenn diese auch in anderen Verfahren zur Verfügung stehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe die Erwartung, dass in diesem Sommer – davon gehe ich aus – der Ukraine der Status als Beitrittskandidat zur Europäischen Union zuerkannt werden wird. Die Zeit ist reif dafür. Das wird dann auch Konsequenzen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit haben. Wir sollten schon jetzt mit Planungen beginnen, wie wir den geordneten Aufbau der Justiz in der Ukraine während des Krieges oder – hoffentlich bald – nach dem Krieg unterstützen können, wie wir die polizeiliche und die justizielle Zusammenarbeit mit der Ukraine ausbauen können, liebe Kolleginnen und Kollegen. Frau Präsidentin, es ist heute zu Recht mehrfach gesagt worden – bemerkenswerterweise von Rednerinnen und Rednern aller demokratischen Fraktionen; nur die Fraktion ganz rechts hat diesen Umstand völlig außer Acht gelassen; sie wird wissen, warum –: Heute jährt sich der rechtsextreme Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Dieser Mord hat uns alle erschüttert. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen. Aber bei Erschütterung darf es eben nicht bleiben. Deshalb ist es gut, dass wir den Bereich der Ermittlungen gegen Rechtsterrorismus beim Generalbundesanwalt haushalterisch stärken. Herzlichen Dank insbesondere auch an die Haushälterinnen und Haushälter dafür! Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Justiz in diesem Land gehören nicht nur Richter/-innen, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sondern natürlich auch viele weitere Berufsgruppen und auch Ehrenamtliche. Im kommenden Jahr finden die Schöffenwahlen statt. Leider gab es in der Vergangenheit immer wieder Schwierigkeiten, dieses wichtige Amt zu besetzen. Deswegen sind wir dem Schöffenverband sehr dankbar, dass er angeboten hat, eine Informationskampagne zu organisieren. Es ist gut, dass wir im Haushalt die nötigen Mittel bereitstellen. Auch dafür herzlichen Dank an die Haushälterinnen und Haushälter! Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn es teilweise aus den Reihen der Union in der Tat anders klingt: Aber „Rechtsstaat“ bedeutet doch nicht, immer neue Überwachungsinstrumente zu erfinden, ins Bundesgesetzblatt zu schreiben und dann zu hoffen, dass vielleicht ein Teil dessen nach der Überprüfung durch Karlsruhe oder europäische Gerichte noch übrig bleibt. Das ist doch nicht der Rechtsstaat. So haben Sie es in den letzten 16 Jahren gemacht. Ich hätte verstanden, wenn die Fortschrittskoalition dafür kritisiert worden wäre, dass wir in der Tat mehr Ermittlungs- und Eingriffsbefugnisse schaffen wollen mit Quick-Freeze, mehr als gegenwärtig real vorhanden sind, weil, wie Sie wissen, die Vorratsdatenspeicherung zwar im Gesetzblatt steht, aber real nicht angewandt wird. Das ist doch die Realität. Sie reiten hier ein lange verstorbenes Pferd immer noch verzweifelt durch die Manege. Beteiligen Sie sich doch an den Debatten darüber, wie wir Überwachungsmaßnahmen rechtsstaatlich durchsetzen können, statt Debatten der Vergangenheit zu führen! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beraten in der Tat auch den Etat des Bundesverfassungsgerichts mit. Dieser ist haushalterisch unspektakulär, aber das ändert nichts an der großen Bedeutung dieses Gerichts. Ein Bereich, in dem es in den vergangenen Jahren leider besonders häufig tätig werden musste, ist die Frage der Gleichstellung homosexueller Paare. Sehenden Auges hat es die Union – der Kollege Wiese hat zu Recht darauf hingewiesen – hingenommen und immer nur dann reagiert, wenn Karlsruhe sie dazu gezwungen hat. Allein sechs Urteile zeugen davon. Mit dieser Haltung muss Schluss sein. Wir wollen nicht warten, bis Karlsruhe zum Beispiel die Gleichstellung von Kindern erzwingt, die in queere Partnerschaften hineingeboren werden. Wir werden als Gesetzgeber aktiv werden. Wir wollen in der Tat alle Kinder, die in queere Partnerschaften hineingeboren werden, gleichstellen. Das sind wir den Kindern tatsächlich schuldig, liebe Kolleginnen und Kollegen.