Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Sprechen wir wieder über die Realität. Wann haben wir das letzte Mal jüdische Eltern gefragt: Wie fühlt es sich eigentlich an, eure Kinder an der Polizei vorbei zur jüdischen Kita zu bringen und ihnen die Sicherheitsmaßnahmen zu erklären? – Wann haben wir uns daran gewöhnt, dass Jüdinnen und Juden hinter Stahlbetonmauern und kugelsicherem Glas beten müssen? Wann haben wir die Blutspur antisemitischer Gewalt akzeptiert, wie sie Ronen Steinke in seinem Buch „Terror gegen Juden“ beschreibt? Wie können wir es zulassen, dass Antisemitismus Alltag ist? Liebe Kolleginnen und Kollegen, es reicht nicht, sich auf dem ritualisierten „Nie wieder!“ auszuruhen. Es ist unsere gemeinsame Pflicht, die Erfahrungen jüdischer Menschen in Deutschland zu hören und unser Handeln weiter daran auszurichten, so wie wir es im Koalitionsvertrag beschlossen haben und jetzt mit dem ersten Haushalt umzusetzen beginnen. Wir stärken den Antisemitismusbeauftragten. Wir stärken jüdischen Initiativen den Rücken bei ihrem Einsatz für eine demokratische Gesellschaft, für Vielfalt und gegen Verschwörungsideologien. Die Förderung jüdischen Lebens bedeutet für uns auch, dass wir das drängende Problem der Altersarmut von Jüdinnen und Juden endlich angehen. Wir legen mit dem Härtefallfonds den Grundstein dafür. Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die nächsten Haushaltsjahre liegen wichtige Aufgaben vor uns. Antisemitische Gewalt kommt nicht nur von rechts, von Islamist/-innen sowie von Teilen der politischen Linken. Antisemitismus ist bis in die vermeintliche Mitte der Gesellschaft hinein Alltag, der Schutz jüdischer Einrichtungen eine beschämende Notwendigkeit. Dabei kann es nicht sein, dass jüdische Gemeinden selbst für den Schutz vor antisemitischen Angriffen aufkommen müssen. Die Sicherheit jüdischen Lebens ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Hier bestehen Defizite, die Leben kosten können. Das werden wir in Absprache mit den jüdischen Gemeinden angehen. Genauso werden wir die Ursache, den Antisemitismus, bekämpfen – mit Prävention, Intervention und Repression, das heißt mit politischer Bildung und Monitoring, mit Polizei und Sicherheitsbehörden, die Antisemitismus auch erkennen, und mit Gerichten, die ihn auch konsequent ahnden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will, dass vor jüdischen Kindergärten und Schulen keine Polizei mehr stehen muss. Ich will, dass Jüdinnen und Juden keine neuen Anschläge fürchten müssen. Ich will, dass wir etwas gegen Antisemitismus tun – bei Demonstrationen, auf unseren Schulhöfen, am Arbeitsplatz und im Internet. Ich will, dass wir jeden Antisemitismus immer und überall bekämpfen. Und ich weiß, dass das alle demokratischen Fraktionen wollen. Dieser Haushalt leistet einen wichtigen Beitrag dazu. Vielen Dank.