- Bundestagsanalysen
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der gegenwärtig schrecklichen Situation des russischen Angriffs gegen die Ukraine diskutieren wir hier und heute den Verteidigungsetat der Bundesrepublik Deutschland für das laufende Haushaltsjahr 2022. Mittlerweile befinden wir uns im sechsten Monat des Jahres, und es wird höchste Zeit, dass dieser Einzelplan, der in weiten Teilen auch noch erkennbar die Handschrift der Großen Koalition trägt, verabschiedet wird. Die Truppe braucht dringend diesen Etat, damit Ausrüstungsvorhaben umgesetzt und damit neue Beschaffungsvorhaben beauftragt werden können.
Zwischen der ersten und der jetzigen zweiten und dritten Lesung des Haushalts liegen gut acht Wochen. In meiner damaligen Rede habe ich Ihnen, Frau Bundesverteidigungsministerin – Ihnen, Frau Lambrecht –, hilfreiche Tipps gegeben, wie man in diesem zugegebenermaßen schwierigen Ministerium das eine oder andere Fettnäpfchen umschiffen könnte.
Und, hatʼs geklappt?)
Sie haben meine Ratschläge leider nicht angenommen. Und das hatte zur Folge – um in Ihrem Sprachgebrauch zu bleiben –, dass Sie eine Torte nach der anderen ins Gesicht bekommen haben. Deshalb noch mal mein Rat: Hören Sie hin und wieder auf Menschen, die Verteidigungspolitik schon etwas länger und mit viel Herzblut betreiben.
Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und leider ohne Erfolg!)
Hier und heute geht es weniger um Sie, Frau Ministerin, sondern primär um den Haushalt. Dabei waren für mich die vergangenen Beratungen durchaus bemerkenswert. In den zurückliegenden Jahren vertrat die Union in diesem Haus ziemlich einsam die Auffassung, dass die Bundeswehr chronisch unterfinanziert ist.
Richtig!)
Erst mit dem furchtbaren Krieg in der Ukraine hat es auch bei anderen Fraktionen und unseren ehemaligen Koalitionspartnern einen wirksamen Hallo-Wach-Ruf gegeben. „Besser spät als nie“, heißt es bekanntlich im Volksmund. Das ist auf jeden Fall eine positive Nachricht für unsere Soldatinnen und Soldaten.
Beifall bei der CDU/CSU
Da müssen nur richtige Männer her, Herr Kollege!)
Auch wenn die Beratungen in den Berichterstattergesprächen in gewohnt kollegialer Atmosphäre verliefen, war ich bei genauerem Hinsehen an einigen Stellen doch etwas enttäuscht. Schon seit Wochen müssen wir ja leider zunehmend beklagen, dass vonseiten der Bundesregierung nicht das umgesetzt wird, was oftmals großspurig angekündigt wird. Nicht ohne Grund titeln die nationalen und leider auch die internationalen Medien: Deutschland ziert sich, zaudert, zögert oder zerredet die Dinge.
Die unendlichen Verwirrungen beim Thema „Waffenlieferungen an die Ukraine“ sind leider ein mahnendes Beispiel, wie eine Regierung in zentralen Fragen schon nach einem halben Jahr im Amt jeden Anspruch auf eine wahrhaftige und verlässliche Politik aufgegeben hat. Leider hat sich dies auch bei den Beratungen des Verteidigungshaushaltes gezeigt. Hinter den vielen netten Worten der Ampelkoalitionäre verbergen sich leider im Kernetat nur wenig gute Taten.
Weil das so ist, benötigen wir dringend das angekündigte 100-Milliarden-Sondervermögen. Und weil meine Fraktion die Notwendigkeit sieht, hat sie sich proaktiv in die Verhandlungen eingebracht und trägt neben allen anderen Notwendigkeiten auch die Änderung des Grundgesetzes mit. Ohne diese zusätzlichen Mittel sähe es nämlich ziemlich düster im Einzelplan 14 aus. Ein Beispiel dazu: Es war gut, dass kurzfristig und unbürokratisch die Beschaffung der persönlichen Ausrüstung für alle Soldatinnen und Soldaten beschleunigt vorgezogen wurde. Für mich wäre es allerdings an dieser Stelle logisch gewesen, wenn die zusätzlich benötigten 2,3 Milliarden Euro dem Verteidigungshaushalt on top zur Verfügung gestellt worden wären. Weit gefehlt! Leider hat die Ampel im Haushaltsausschuss genau das Gegenteil beschlossen. Jeder einzelne Euro, der für persönliche Ausrüstung und Bekleidung in diesem Jahr ausgegeben wird, muss an anderer Stelle von der Bundeswehr eingespart werden.
Ähnlich verhält es sich bei der dringend notwendigen Erhöhung der Ausgaben für Betriebsstoffe. Fast die Hälfte des Aufwuchses muss die Bundeswehr im Gegenzug bei der Beschaffung von Flugzeugen einsparen. Als ob die Bundeswehr etwas für gestiegene Diesel- und Benzinpreise könnte! Es ist fast schon konsequent, dass die Ampel dann einfach weniger Flugzeuge beschaffen will; dann, meine Damen und Herren, braucht man logischerweise auch weniger Sprit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, keine Frage: Mit dem Sondervermögen bekommt die Bundeswehr endlich dringend notwendiges Geld. Darüber hinaus geht es hier aber um eine ganz grundsätzliche Frage, nämlich wie die Politik zur Bundeswehr steht. Auch wenn die Ampelkoalitionäre gebetsmühlenartig von Wertschätzung und Respekt gegenüber der Bundeswehr reden, schweben bei vielen Soldatinnen und Soldaten so einige Fragezeichen über deren Köpfen. In Vorbereitung meiner Rede habe ich mir deshalb noch mal die alten Anträge angeschaut, die insbesondere die Grünen und die FDP noch zu Oppositionszeiten in der vergangenen Wahlperiode zum Verteidigungsetat gestellt haben.
Aber ihr habt keinen einzigen Antrag gestellt! Ihr hättet Anträge stellen müssen!)
– Ja, Otto, ich habe von dir gelernt. Das hast du in den vergangenen Jahren auch immer gemacht.
Dann hättest du mal Anträge stellen müssen!)
Ich habe da ein Sammelsurium gesehen an Anträgen, gerade bei den Grünen. Sie wollten wild durch alle Themenfelder massiv einsparen. Okay. Gut, dass nun auch die Grünen in der realen Welt einer wehrhaften Demokratie angekommen sind.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und von der FDP, der selbsternannten damaligen Serviceopposition, gab es ähnliche Anträge, wenn auch etwas weniger drastisch – Anträge, die aber niemals erkennen ließen, dass man einen wesentlich größeren Aufwuchs des Einzelplans herbeiführen wollte.
Meine Damen und Herren, die CDU/CSU als Partei der Bundeswehr geht auch in der Opposition ihren pragmatischen und deshalb glaubwürdigen Weg weiter.
Lachen bei Abgeordneten der SPD
Das ist gewagt, gewagt, gewagt!)
Deshalb haben wir eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht. Auch wenn die Ampel unsere Anträge allesamt abgelehnt hat, freue ich mich, dass einige Anregungen von uns doch aufgenommen worden sind. So haben wir zum Beispiel beantragt, das unsinnige Verbot einer Bewaffnung der zukünftigen Eurodrohne aufzuheben.
Lachen bei Abgeordneten der FDP)
Auch wenn das zunächst abgelehnt wurde, kam dann in der zweiten Ausschussberatung ein leicht umgeschriebener Ampelantrag und macht nun den Weg für eine Bewaffnung frei.
Beifall bei der CDU/CSU
Den heben Sie noch in den Himmel!)
Ein anderes Beispiel war unsere Idee, die riesigen Flächen auf den Hallendächern und den Dächern anderer Gebäude der Bundeswehr für den Ausbau von Solarenergie zu nutzen. Im Ausschuss wurde diese Idee von SPD, Grünen und FDP abgelehnt, um nur kurze Zeit später als Vorschlag aus der Ampelkoalition in den Medien aufzutauchen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, als einer, der über drei Jahrzehnte in der Bundeswehr gedient hat, liegt mir die Truppe wirklich am Herzen. Und dann freue ich mich für unsere Soldatinnen und Soldaten, auch für unsere zivilen Angestellten, über jedes einzelne Mal, wenn Sie einen Vorschlag von uns zwar zunächst ablehnen, aber dann bei nächster Gelegenheit doch als eigene Idee verkaufen und umsetzen.
Zuruf der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir beschließen einen Gesamthaushalt, bei dem aus meiner Sicht noch viele Fragen offen sind, gerade auch mit Blick auf eine Rekordneuverschuldung und die vielen Ausgabensteigerungen. Da hätte ich mir eine bessere Priorisierung gewünscht. Zugleich ist es mir aber enorm wichtig, in der aktuellen Situation die Chancen für unsere Bundeswehr zu nutzen.
Endlich ist es nicht nur die Union, die von einer chronischen Unterfinanzierung der Bundeswehr spricht und dies ändern will. Endlich sind sich anscheinend die meisten hier im Hause einig. Wir wissen, dass bei einem Beschaffungsprozess nicht nur ein Reförmchen notwendig ist, sondern eine Reform, um diese Prozesse zu beschleunigen. Endlich erhalten die Soldatinnen und Soldaten für ihren Dienst aus den meisten Fraktionen dieses Hauses den angemessenen Respekt. Lassen Sie uns in diesem Sinne weiterarbeiten für die Sicherheit unseres Landes und für unsere Bundeswehr!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der CDU/CSU)
Einen guten Tag auch von meiner Seite! – Für die Bundesregierung hat nun das Wort die Ministerin Christine Lambrecht.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)