- Bundestagsanalysen
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Verlauf der Debatte gibt mir Anlass, eingangs noch einmal das zu betonen und festzuhalten, was wir als CDU/CSU-Fraktion uns für die gesamte Wahlperiode vorgenommen haben und was wir versucht haben auch zu praktizieren: dass wir nämlich bei Wahrnehmung der Rolle als Oppositionsfraktion dennoch in den zentralen Fragen der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik und der Europapolitik die Bundesregierung und die Ampelkoalition unterstützen. Das zeigt auch die heutige Debatte. Auf Abweichungen werde ich zu sprechen kommen.
Zuruf der Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber es ist uns wichtig, uns gerade von den beiden Fraktionen, die sich hier an den Rändern versammelt haben, abzugrenzen und zu sagen: Deutschland ist das zentrale Land in Europa, ist ein wichtiges Land in Europa. Europa ist unsere Zukunft. Die NATO ist das Sicherheitsbündnis, das uns alle zusammenhält und Freiheit und Sicherheit auch für die Bundesrepublik Deutschland gewährleistet. Und: Die internationale regelbasierte Ordnung, zu der insbesondere auch die UN-Menschenrechtscharta gehört, basiert auf Werten, die wir gemeinsam als Deutsche verteidigen, und da stehen wir in der demokratischen Mitte zusammen.
Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das hat seinen konkreten Ausdruck darin gefunden, dass wir uns gemeinsam entschlossen haben, ein großes Paket, ein 100-Milliarden-Euro-Paket, zu schnüren, verbunden mit einer Verfassungsänderung, zur Stärkung der Bundeswehr. Und das will ich zu den Debatten, die wir dazu geführt haben, noch einmal hinzufügen: Die Verwendung dieser Mittel nur für die Bundeswehr war uns wichtig, weil es bei der Bundeswehr einen starken Nachholbedarf gab. Ich will aber ausdrücklich dazusagen, dass das, was in der öffentlichen Debatte hier, aber auch in unseren Gesprächen von der Außenministerin, von Vertretern der Grünenfraktion und auch der anderen Ampelfraktionen immer wieder gesagt wurde, stimmt: Natürlich besteht Sicherheit nicht nur in militärischer Stärke, sondern wir haben einen erweiterten Sicherheitsbegriff zu verfolgen.
Nachhaltige Sicherheit können wir eben nur herstellen, wenn wir Entwicklungspolitik weiter so aktiv betreiben, wie das gute Tradition in Deutschland ist, und wenn wir natürlich auch Cyberabwehr betreiben. Das ist alles richtig, und das findet alles unsere vollständige Unterstützung. Auch in diesem Bereich gibt es in der demokratischen Mitte dieses Hauses einen Konsens, und ich glaube, der ist auch wichtig.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Johannes Schraps [SPD])
Es ist also wichtig, die Bundeswehr an der Stelle zu stärken. Der Bundeskanzler hat es heute Morgen noch mal angesprochen und darauf hingewiesen, dass die Union die zentrale Verantwortung dafür hat, weil sie viele Verteidigungsministerinnen und ‑minister gestellt hat – worauf wir stolz sind, insbesondere darüber, dass es zwei Frauen in diesem Amt gab, die diese große Verantwortung wahrgenommen haben. Wir haben jedenfalls in allen Debatten immer wieder gesagt: Natürlich fällt der Zustand, in dem die Bundeswehr sich jetzt befindet, auch in unsere Verantwortung.
Habe ich von Merz nicht gehört!)
Aber ich muss sagen: Sich als Bundeskanzler – er wohnt dieser Debatte jetzt nicht mehr bei –, der in der vergangenen Legislaturperiode Finanzminister gewesen ist, hierhinzustellen und die Verantwortung für die finanzielle Ausstattung der Bundeswehr allein der Unionsfraktion zu geben, wird der Sache nicht gerecht.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben mindestens eine ebensolche Verantwortung. Wir haben manche Debatte in den vergangenen Jahren hier geführt, bei der zum Beispiel Annegret Kramp-Karrenbauer gesagt hat, sie wünscht sich 2 Prozent, und Frau Esken und Herr Mützenich als Fraktionsvorsitzende haben mit glatter Ablehnung reagiert. Das ist die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir sitzen insofern in einem Boot, und das sollte hier nicht verleugnet werden, erst recht nicht vom Regierungschef. Das war keine gute Rolle heute Morgen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Damit komme ich insgesamt zu der Rolle, die die Bundesregierung wahrnimmt. Die Bundesaußenministerin hat an vielen Stellen Richtiges gesagt, die richtigen Wertentscheidungen getroffen. Insofern haben wir, Frau Außenministerin Baerbock, überhaupt nichts zu kritisieren, sondern wir unterstützen die zentralen Aussagen, die Sie in Kiew und anderswo auf der Welt zu Fragen, die die freie Welt betreffen, getroffen haben.
Dieses Urteil können wir für die Bundesregierung insgesamt aber nicht abgeben. Vom Leader of the free World, wie das „New York Times Magazine“ Deutschland noch unter Leitung von Angela Merkel bezeichnet hat, sind wir zum Sorgenkind geworden. Das sieht man schon an der Frage der Ukraine und an der Rede, die der Bundeskanzler hier heute gehalten hat. Auf konkrete Fragen keine Antworten:
Wird durch Wiederholung nicht richtiger!)
Was ist das strategische Ziel Deutschlands und des freien Europas in dieser kriegerischen Auseinandersetzung? Wollen wir, dass die Ukraine ihre territoriale Souveränität zurückgewinnt? Das muss doch unsere gemeinsame Auffassung sein. Das hat der Bundeskanzler in der Debatte heute wieder nicht gesagt.
Beifall bei der CDU/CSU)
Keine konkrete Antwort auf die Waffenlieferungen, die notwendig sind. Wieder die Ankündigung eines neuen komplexen Systems. Zum Gepard hat er heute gesagt: in drei Wochen Ausbildung.
Zuruf der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dazu sage ich nur, Frau Nanni, als jemand, der ein paar Jahre in der Truppengattung gedient hat: In drei Wochen jemanden am Gepard auszubilden, ist völlig unverantwortlich und völlig ausgeschlossen; noch nicht einmal in drei Monaten ist das möglich. Jetzt wird ein neues System angeboten.
Zuruf des Abg. Christian Petry [SPD])
Das mag man in einigen Monaten auch liefern. Aber heute könnten Schützenpanzer geliefert werden; sie hätten schon vor einem Monat geliefert werden können. Seit einem Monat führt die Bundesregierung nicht das durch, was wir alle von ihr erwartet haben, nämlich der Ukraine jetzt und hier zu helfen. Das ist ein schwerer historischer Fehler.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die Worte in Davos übrigens fand ich auch völlig unangemessen. Es ist nicht so, dass Putin strategische Ziele nicht erreicht, sondern die Ukraine verliert gerade und hat größte Verluste, und darunter leidet die Zivilbevölkerung. Das ist unterlassene Hilfeleistung von der Bundesregierung und ein Verstoß gegen Bundestagsbeschlüsse. Das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Es fehlt auch jede Antwort zur europäischen Zukunft. Es fehlt jede Antwort darauf – das hat der Bundeskanzler heute auch nicht gesagt –, ob denn nun der Kandidatenstatus angestrebt wird. Natürlich ist es formal so, dass dazu die Kommission einen Vorschlag macht. Aber Sie haben sich in Ihren eigenen Ampelkoalitionsvertrag hineingeschrieben, dass Sie da vorangehen wollen, dass Sie dazu Vorschläge unterbreiten wollen. Es ist natürlich notwendig, dass Deutschland als das größte Land hier vorangeht und sagt, was es will. Wenn Deutschland nicht sagt, dass es an der Seite der Ukraine ist, dann werden das viele andere in Europa erst recht nicht tun. Hier versagt die Bundesregierung. Hier wäre Führung notwendig.
Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen sage ich: Im Kleinen, in vielen konkreten Reden ist manches Richtige enthalten, die große Linie in der Außenpolitik fehlt. Deutschland ist zum Sorgenkind geworden. Das wird die Anforderung der nächsten Zeit sein. Frau Außenministerin, da kommt auf Sie in der Bundesregierung eine große Verantwortung zu. In vielem haben Sie gute Ansätze gezeigt. Darin werden wir Sie unterstützen. Aber der Bundeskanzler, der muss seine Rolle in der Außenpolitik noch finden.
Danke.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Bundesregierung erhält das Wort die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie des Abg. Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU])