Tatsächlich, werte Kollegen, ist man im Auswärtigen Amt bis heute nicht in der Lage, auf Nachfrage zu sagen, was genau in welchem Land mit welchem Beitrag zu welchem Zweck gefördert wird. Niemand hat einen Gesamtüberblick über den undurchdringbaren Wildwuchs an Projekten, die weltweit mit deutschem Steuergeld finanziert werden. Aber im Ausschuss sind sich alle anderen Fraktionen einig, dass man auf jeden Fall mehr Geld braucht. Das ist absolut verrückt. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und bei Youtube! Am Giebel dieses Gebäudes, in dem wir uns gerade befinden, steht geschrieben: „Dem deutschen Volke“. Danach müsste es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass sich auch die deutsche Außenpolitik an diesem Leitsatz ausrichtet. Doch leider sehen wir in vielen Fällen das Gegenteil. Im deutschen Interesse wäre es, sparsam mit den deutschen Steuergeldern umzugehen und sich genau zu überlegen, wie man dieses Geld einsetzt. Es wäre im deutschen Interesse, Schulden abzubauen und auf solide Finanzen hinzuwirken. Und doch haben wir auf der Schlussgeraden bei den Haushaltsberatungen erlebt, wie eine optimistische Steuerschätzung für das Jahr 2022 dazu geführt hat, dass der Etat des Auswärtigen Amtes über die 7‑Milliarden-Euro-Grenze gehoben wurde. Die Mehrausgaben von rund einer halben Milliarde Euro fließen fast ausschließlich in Richtung Ukraine, wohlgemerkt zusätzlich zu dem, was ohnehin schon vorgesehen war und was auch noch aus anderen Etats kommt. Damit fließt das Geld in ein Land, mit dessen kriegsgebeuteltem Volk sich wohl jeder solidarisiert, der ein Herz in der Brust hat, wo man sich aber gleichzeitig die Frage stellen muss, was mit diesem Geld eigentlich passiert und ob es tatsächlich da ankommt, wo es gebraucht wird, und nicht in irgendwelchen undurchsichtigen Kanälen versickert. Dass Herr Selenskyj in den Pandora Papers auftaucht und man ihn noch letzten Herbst der Korruption bezichtigte, will ja momentan keiner hören, ist für mich als Haushälter tatsächlich aber auch schon nebensächlich. Denn der entscheidende Punkt bei der Ausgabenpolitik im Auswärtigen Amt ist für mich die mangelnde Evaluation. Es gibt keinerlei Bilanz, keinerlei Auswertung und keinerlei Erfolgskontrolle darüber, was der Einsatz hart erarbeiteten deutschen Steuergeldes im Ausland eigentlich konkret bringt. Immerhin, Frau Ministerin Baerbock hat in den Beratungen zugesichert, dass man bis zum Herbst ein System entwickelt haben will, mit dem man auf Knopfdruck Daten zu den weltweiten Projekten des Auswärtigen Amtes abrufen kann. Das findet nicht nur unsere Zustimmung, sondern wir fordern das auch ein. Denn nur wenn wir endlich einmal einen Gesamtüberblick bekommen, können wir auch mit einer echten Evaluation beginnen und uns ausgiebig der Frage widmen, wo wir Geld sparen können. Bis dahin möchte ich der Regierung aber auch noch ein paar kurze Anmerkungen dazu mitgeben, was den Interessen dieses Landes dient und was nicht. Ein Gasembargo gegen Russland ist nicht im deutschen Interesse; denn es bedroht in großer Zahl Arbeitsplätze und führt zu neuen haushälterischen Belastungen in den Bereichen Arbeit, Soziales und Wirtschaft. Es führt zu unkalkulierbaren Risiken bei unserer Energiesicherheit. Man kann die Frage, womit denn im nächsten Winter in Deutschland geheizt werden soll, nicht einfach unbeantwortet lassen. Man kann auch nicht die über Jahrzehnte geschaffenen Abhängigkeiten Deutschlands von Energieimporten ignorieren und so tun, als gäbe es sie nicht. Bei allem Verständnis für die aktuelle Situation, die Solidarität mit der Ukraine darf nicht so weit gehen, dass wir unseren Wirtschaftsstandort gefährden und die Menschen im nächsten Winter bei uns frieren. Und zu guter Letzt: Auch Waffenlieferungen an die Ukraine sind nicht im deutschen Interesse, was auch eine wachsende Mehrheit in der Bevölkerung so sieht. Vor diesem Hintergrund ist es geradezu ironisch, dass die Inschrift „Dem deutschen Volke“ hier draußen am Haus aus eingeschmolzenen Kanonen gefertigt wurde. Die Bundesregierung sollte über die tiefere Bedeutung dieser Materialauswahl vielleicht noch einmal nachdenken und zur Besinnung kommen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.