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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach zwei Jahren Durststrecke kommt das Kulturleben in unserem Land endlich wieder zurück. Das Berliner Theatertreffen, die Eröffnung der Festspiele in Mecklenburg-Vorpommern und „Rock am Ring“ finden statt. Viele Künstler gehen wieder auf Tournee. Die Zahl der Veranstaltungen steigt auf Rekordniveau. Aber trotz dieser Öffnungseuphorie bleiben die Zeiten unkalkulierbar. Deshalb braucht die Kultur jetzt genau zwei Dinge: Planbarkeit und Verlässlichkeit.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Verlängerung des Neustart-Programms ist daher richtig, aber nicht ausreichend. Zwölf Monate sind schnell um, und es bedarf einer Evaluierung. Der Sonderfonds für den Ausfall von Veranstaltungen muss dringend entbürokratisiert und vor allem der Realität angepasst werden. Und leider gibt es immer noch keinen Ansprechpartner der Bundesregierung für die Kultur- und Kreativwirtschaft, ganz entgegen den Ankündigungen im Koalitionsvertrag. Die Branche wartet händeringend darauf – bisher vergeblich.
Beifall bei der CDU/CSU)
Andere neue Personalstellen wurden hingegen schon geschaffen, allein 18 bei der Bundesbeauftragten.
Zur Verlässlichkeit gehört auch, dass nicht gekürzt wird. Das haben Sie aber gemacht, und zwar bei Projektförderungen wie zum Beispiel für die Vertriebenen oder aber allein 75 Millionen Euro für die Auswärtige Kulturpolitik. Dabei haben Sie, Frau Roth, auf der Münchner Sicherheitskonferenz noch betont: Kulturpolitik ist Sicherheitspolitik. – Das passt dann aber nicht zusammen. Denn jetzt wird bei der Programmarbeit der Kulturvermittler und den Auslandsschulen der Rotstift angesetzt.
Stattdessen werden 7 Millionen Euro in das neue Programm „Globaler Süden“ gesteckt, ohne dass ein Konzept vorliegt. Wir wissen gar nicht, wofür diese Mittel in diesem Jahr noch ausgegeben werden sollen. Deshalb wollten wir dieses Geld der Amateurmusik zugutekommen lassen. Aber das hat die Ampel leider abgelehnt. Erst am Wochenende konnten wir beim Deutschen Chorfest in Leipzig mit 350 Chören erleben, wie eindrucksvoll Amateurmusik sein kann. Sie waren dabei, Frau Roth.
Beifall bei der CDU/CSU)
Auch der Präsident des Deutschen Chorverbands, Christian Wulff, ermahnte – ich zitiere –: „Ohne stärkere politische Unterstützung wird die Chorszene die Coronakrise nicht bewältigen.“
Es gibt auch Vorhaben, die parteiübergreifende Unterstützung haben. Dazu gehört das Denkmalschutz-Sonderprogramm und das „Zukunftsprogramm Kino“. Wir stärken damit den ländlichen Raum. Das ist ein Kernanliegen unserer Fraktion. Daher sind die zusätzlichen 10 Millionen Euro für die notwendigen Investitionen in Kinos gut angelegt.
Allerdings nehmen Sie dem Humboldt Forum dafür 5 Millionen Euro weg – dem größten nationalen Kulturprojekt. Das ist der falsche Weg. Anstatt es zur Chefsache zu machen, erklären Sie es öffentlich zur „Riesenbaustelle“. Meine Fraktion – meine Kollegin hat es bereits ausgeführt – war gestern sehr beeindruckt, und wir stehen – das ist entscheidend – ganz klar zum Kreuz. Einen gemeinsamen Besuch im Humboldt Forum kann ich daher nur sehr empfehlen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die Auswirkungen der Coronapandemie auf die Kultur haben nicht nur eine kulturpolitische, sondern sie haben vor allen Dingen auch eine wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Dimension. Umsatzeinbrüche von bis zu 80 Prozent, allein 2020 ein Verlust in Höhe von 15 Milliarden Euro in der Kreativwirtschaft, haben Folgen. Viele Beschäftigte mussten sich umorientieren und fehlen jetzt.
Daher gehört die soziale Situation von Künstlerinnen und Künstlern durchaus ganz oben auf die Agenda. Ihrem erklärten Willen, hier etwas voranzutreiben, müssen Taten folgen. Wir werden da genau hinschauen; zum Beispiel müssen wir im Blick haben, ob die Erhöhung des Bundeszuschusses ausreichen wird.
Kultur muss bezahlbar bleiben. Das gilt für den Unternehmer, aber das gilt vor allen Dingen auch für den Einzelnen. Die Inflation darf auf gar keinen Fall dazu führen, dass es für Familien nicht mehr möglich ist, ein Kulturerlebnis wahrzunehmen.
Der Ukrainekrieg und die Inflation überschatten das politische Tagesgeschäft und fließen selbstverständlich auch in die Kulturpolitik ein. Daraus resultieren zusätzliche Aufgaben, die auch von der Kulturstaatsministerin angegangen werden müssen. Das darf aber keine Entschuldigung dafür sein, die Grundlagen der Kulturpolitik zu vernachlässigen.
Die Ampelkoalition hat einen ambitionierten Koalitionsvertrag vorgelegt. Den gilt es jetzt umzusetzen; aber aktuell kommen Sie über den Ideenstatus nicht hinaus. Künstler, Kulturschaffende und Kreative benötigen jetzt Sicherheit und Verlässlichkeit.
Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie sie nicht im Stich und sorgen Sie dafür, dass die kulturelle Vielfalt auch in den kommenden Jahren sichergestellt wird!
Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich grüße Sie an diesem Mittag sehr herzlich und darf als letztem Redner in dieser Debatte dem Abgeordneten Stefan Gelbhaar für Bündnis 90/Die Grünen das Wort geben.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)