Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kommen wir zurück zu den Fakten, kommen wir zurück zum Pflegebonus. Denn den setzen wir mit der heutigen Debatte um. Damit zollen wir den Pflegenden, die in der Pandemie unter enormem Druck und hoher Belastung standen, Dank und Anerkennung. Es war der Wunsch der Gesellschaft, Pflegenden dafür mehr als nur Applaus zu bieten. Natürlich gibt es außer den Pflegenden in den Kliniken und den Pflegeeinrichtungen noch mehr Menschen, die in der Pandemie Großartiges geleistet haben. So haben zum Beispiel die Beschäftigten in den Arztpraxen mit einem tollen Einsatz dafür gesorgt, dass das Impfen in Gang kommt, teils mit Wochenendschichten und vielem mehr. Deshalb bin ich froh, dass uns hier der Schulterschluss mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Finanzausschuss gelungen ist. Gemeinsam haben wir erreicht, dass Arbeitgeberboni von bis zu 4 500 Euro für Medizinische Fachangestellte und weitere Berufsgruppen steuerfrei sind. Die Bonusgesetzgebung beinhaltet auch die Umsetzung der Tariftreueregelung aus der letzten Legislaturperiode. Positiv daran ist, dass statt des kompletten Tarifzwangs, den wir als FDP immer sehr kritisch gesehen haben, nun die Möglichkeit besteht, tarifliche Durchschnittslöhne zu zahlen. Auch so steigern wir die Löhne. Allerdings sehen wir mit Sorge, dass durch das Bestehen auf der Frist zum 1. September vermeidbare Bürokratie auf die Pflegeunternehmen zukommt. Dadurch müssen sie mit den Kassen mehrfach neu verhandeln. Leidtragende sind die Bewohnerinnen und Bewohner, die sich dabei immer wieder auf neue Kosten einstellen müssen. Wir Freie Demokraten missbilligen das. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Pflegebonus ist gut und richtig. Er ist Ausdruck von Solidarität mit den Pflegenden, aber er löst nicht ihre strukturellen Probleme. Pflegende leisten nicht nur in der Krise Herausragendes, sondern jeden Tag und jede Nacht, in jeder Schicht. Jede unterbesetzte Schicht schultern sie, jede Aufnahme arbeiten sie ab, auch dann, wenn sie längst an ihrer Belastungsgrenze sind. Aus vielen Gesprächen mit Pflegenden weiß ich, dass ihr größter Wunsch darin besteht, endlich vernünftig ihrer Arbeit nachgehen zu können und nicht ständig das Gefühl haben zu müssen, den eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Das war lange schon vor der Pandemie so. Und wenn wir nicht schnell gegensteuern, laufen wir Gefahr, jetzt noch mehr Pflegekräfte zu verlieren. Wir müssen ran an die Arbeitsbedingungen, und deshalb darf der Fokus unserer Gesundheitspolitik nicht länger allein auf der Pandemiebekämpfung liegen. Ich bin froh, dass Minister Lauterbach jetzt schnell die Umsetzung der PPR 2.0 und damit eine ausgewogene Personalbemessung auf den Weg bringen wird. Uns Freien Demokraten ist wichtig, dabei auch die Pflegewissenschaft und das Pflegemanagement mit ins Boot zu holen; denn sie geben uns die entscheidenden Hinweise dafür, wie der Qualifikationsmix für eine bedarfsgerechte Patientenversorgung aussehen soll. Ebenso schnell müssen wir die Ausbildungsbedingungen verbessern. Die Pflegeassistenz und die Pflegefachassistenz brauchen dringend einheitliche Qualitätsstandards und ebenso Aufstiegsmöglichkeiten. Ja, meine Damen und Herren, auch in der Pflege sollen Menschen Karriere machen können. Schließlich handelt es sich um einen anspruchsvollen und hochkomplexen Beruf. Es kann nicht sein, dass die akademische Laufbahn in der Pflege an der fehlenden Finanzierung scheitert. Analog zur klassischen Pflegeausbildung sollten wir stärker auf das duale Pflegestudium setzen und dieses auskömmlich finanzieren. Denn Pflegestudierende, die in den Semesterferien ihre Praxiszeit absolvieren, können nicht gleichzeitig einem Nebenjob nachgehen, um sich das Studium zu finanzieren. Als Gesellschaft können wir es uns aber nicht leisten, auf auch nur einen Menschen zu verzichten, der seinen Platz in der Pflege sieht, auch mit akademischem Werdegang. Im Gegenteil: Wir brauchen diese Menschen nötiger denn je, zum Beispiel für das neue Berufsbild der Community Health Nurse, die einen wertvollen Beitrag für die Versorgung im ländlichen Raum leisten kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Pflegebonus kommt. Viele Maßnahmen werden folgen. Setzen wir sie beherzt um! Vielen Dank.