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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, letzte Woche habe ich – ich gebe das zu – mit ein wenig Bedauern Ihren Antrag zur zusätzlichen Aufstockung des Globalen Treuhandfonds für Nutzpflanzenvielfalt abgelehnt. Nun legen Sie uns einen Antrag zur Ernährungssicherheit vor. Ihr Antrag trägt die Sorge der Nahrungsmittelversorgung. Wir alle teilen diese Sorge.
Beim flüssigen Lesen des Antrages beschleicht mich allerdings die Sorge – eben auch eine Sorge –, dass Sie vieles wollen, nur keine Entwicklung. Mein Eindruck ist, mit dem Antrag benutzen Sie die Krise, um Transformationsprozesse rückgängig zu machen – genau die Prozesse, die Ihre Fraktion auch in den letzten Jahrzehnten ausgebremst hat. Insofern klingt es schon mutig, wenn Sie nun von der jetzigen Bundesregierung eine krisenfeste europäische und deutsche Landwirtschaft fordern.
Am Montag gab es zu diesem Antrag eine Anhörung mit Experten im Fachausschuss für Ernährung und Landwirtschaft. Bis auf einen waren sich alle einig, dass die meisten Ihrer Forderungen zu kurz greifen. Anschließend haben Sie uns in Ihrer Pressemitteilung vorgeworfen, ausgerechnet die Ampelregierung würde die agrarpolitische Zeitenwende verhindern. Entweder waren Sie auf einer anderen Veranstaltung, oder die Anhörung lag und liegt Ihnen schwer im Magen.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Sachverständigen stimmten darin überein, dass die globale Ernährungskrise bereits lange vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine bestand, dass die Ursachen für Hunger in der Welt nicht zu geringe Agrarerträge, sondern bewaffnete Kriege, Klimawandel, Armut und Ungleichheit sind, dass der Ukrainekrieg vor allem ein Preiskrieg mit Profiteuren ist, gegen den eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion rein gar nichts ausrichten kann, dass wir die Nutzung von Getreide als Biotreibstoff und Futtermittel reduzieren müssen, dass wir Spekulationen auf Lebensmittelpreise durch Sanktionen, Strafen und Transparenz entgegenwirken müssen, dass wir die Abhängigkeit ärmerer Länder von unseren Exporten reduzieren und ihnen einen höheren Selbstversorgungsgrad ermöglichen müssen und dass wir vor allem die Biodiversität weltweit steigern müssen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Anhörung hat uns eines gelehrt: Die Debatte zur Welternährung müssen wir viel breiter führen. Hierbei geht es nicht nur um den Anbau von Weizen oder Roggen, und angesichts der Komplexität erscheint mir die Diskussion des Ja oder Nein zur Freigabe der 4 Prozent Brachflächen für das Thema einfach verfehlt. Da Brachflächen wichtige Funktionen für den Wasserhaushalt sowie für Flora und Fauna erfüllen, wäre der biologische Schaden hier größer als der agrarökonomische Nutzen, so die Experten.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])
Selbstverständlich nehmen wir in der Koalition die weltweite Lage infolge des Angriffskrieges gegen die Ukraine sehr ernst. Neben direkten Hilfen für alle vom Krieg betroffenen Menschen setzen wir uns auch für eine wirksame Sicherung der globalen Nahrungsmittelversorgung ein.
Die Bundesregierung hat bereits auf die Verknappung von Futtermitteln, insbesondere im ökologischen Bereich, reagiert. Dieses Jahr darf der Aufwuchs auf ökologischen Vorrangflächen für Futterzwecke genutzt werden. Sogar der Deutsche Bauernverband lobte zudem die Aussetzung der Pflicht zum Fruchtwechsel für ein Jahr. Es sei die entscheidende, weil schnell wirkende große Maßnahme zur globalen Versorgungssicherung, da auf guten Standorten die Bodenqualität nicht leidet, wenn Weizen zweimal nacheinander angebaut wird. Ich empfehle Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion, einfach noch mal in die Anhörung reinzuschauen. Der Bundestag bietet das an.
Beifall bei der SPD)
Die Beschlüsse der G 7 vom 14. Mai sind in ihrer Konsequenz wesentlich weitreichender als Ihre Forderung im Antrag,
Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Stefinger [CDU/CSU])
und die Debatte hat das – mir jedenfalls – wieder mal sehr deutlich gemacht.
Wir lehnen Ihren Antrag ab, und wir werden unseren Transformationsprozess fortsetzen, weil wir das tun müssen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Lehmann. – Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Dr. Gero Hocker, FDP-Fraktion.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)