Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich, obwohl ich gar nicht vorhatte, so richtig auf einzelne Redebeiträge einzugehen, auf Herrn Stier konzentrieren, sozusagen den Stier bei den Hörnern packen. Sie haben ja in einem sehr emotionalen, empathischen Ton über Moral geredet. Aber mir hat etwas gefehlt. Warum ist in Ihrem Redebeitrag, Herr Stier, mit keinem Wort die zweite Enzyklika des Papstes Franziskus von 2015, „Laudato si“, erwähnt worden? Das „gemeinsame Haus“, warum haben Sie darüber nicht geredet? Ich sage Ihnen, warum: weil Sie, wenn Sie 2015 erwähnt hätten, hier sofort an dieser Stelle hätten erklären müssen, was Sie aus diesem gemeinsamen Haus, diesem „Laudato si“ nicht gemacht haben. Sorry! 2021 hatten fast 200 Millionen Menschen akuten Hunger. Das ist Krisenniveau! Was haben Sie 2021 gemacht? Wo waren Sie? Wo waren Ihre Aktivitäten? Im Zuge der Coronakrise haben zusätzlich 320 Millionen Menschen kein gesundes Essen gehabt. 163 Millionen Menschen haben weniger als 5 Dollar am Tag verdient; durch den Krieg sind noch mal 47 Millionen dazugekommen. Ich habe vermisst, dass Sie gesagt haben, was Sie getan haben; dann hätten Sie uns vorschlagen können, Ihre gute Arbeit fortzusetzen. Aber da ist nichts fortzusetzen, Herr Stier. Ja, wir wissen seit Langem – das muss man sagen –: Durch Konflikte, Wetterextreme, Klima- und Wirtschaftskrisen wird Hunger ausgelöst, und er bleibt nachhaltig bestehen. – Hätten Sie doch mal was gemacht! Stattdessen reden Sie hier am Ende unter dem Vorwand, sich um die Welternährung von vielen Millionen Menschen zu sorgen, über ein Belastungsmoratorium, benennen die ökologischen Vorrangflächen, deren Klima- und Biodiversitätsauswirkungen Betriebsgrundlagen der Bauern sind – ich erkläre das insbesondere für die Jüngeren –, in „Stilllegungsflächen“ um und behaupten dann noch, dass das bisschen Bewirtschaftung von Gewässerrandstreifen den Welthunger beseitigen würde. Absurd! Warum hat denn Ihre Ministerin Klöckner den Strategieplan für die nächste GAP genau so verabschiedet? Fragen Sie doch Frau Klöckner, warum da 4 Prozent ökologische Vorrangflächen vorgesehen sind! Und das war auch noch ein fauler Kompromiss, Herr Stier. Ich will Ihnen sagen: Wir haben nichts zu verschenken. Ich weiß, dass der DBV gesagt hat, der Vorschlag von Cem Özdemir zum Thema Weizenfruchtwechsel bringe viel mehr. Lassen Sie uns den globalen Hunger wirklich bekämpfen! Es gibt dazu Krisenreaktionspläne; das AA, das BMZ und das Landwirtschaftsministerium arbeiten zusammen. Wir geben 430 Millionen Euro an der Stelle aus. Auch wenn Sie manches schlechtreden und am Ende den Einsatz von noch mehr Chemie fordern, sage ich Ihnen: Sie haben in diesem Haus für Ihren Herrn Minister Müller einen großen Antrag eingebracht, der fordert, Hunger und Armut weltweit durch Agrarökologie zu bekämpfen. Warum reden Sie dann heute vom Gegenteil?