Diesen Menschen zu helfen, ist unser aller Verantwortung. Aber Sie helfen diesen Menschen nicht, indem Sie die Sanktionen abschaffen; kein einziger findet dadurch einen neuen Job. Sie müssen sich aktiv um die Leute kümmern. Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sie schaffen heute mit diesem Gesetz die Hartz-IV-Sanktionen fast vollständig ab. Um das gleich zu Beginn dieser Debatte klipp und klar zu sagen: Damit beerdigen Sie ein für alle Mal das Prinzip „Fördern und Fordern“. Wie wollen Sie erklären, dass ein Arbeitsuchender, der sich weigert, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, von der Gesellschaft weiterhin bezahlt wird, während die Lidl-Kassiererin weiterhin arbeiten und Steuern zahlen muss? Und was sollen eigentlich die vielen Arbeitsuchenden denken, die sich an Recht und Gesetz halten? Nein, Herr Minister Heil, damit spielen wir nicht die gesellschaftlichen Gruppen in diesem Land gegeneinander aus. Das sind ganz normale Fragen, die jeden interessieren, weil es hier um Gerechtigkeit geht. Sie legen mit diesem Gesetz die Axt an die Grundlage unseres Sozialstaats, an das Solidaritätsprinzip. Solidarität heißt, dass man Hilfe bekommt, wenn man in Not ist und sie braucht. Aber es bedeutet auch, dass man die Pflicht hat, so schnell wie möglich alles zu tun, um dort wieder herauszukommen. Und diese Pflicht schaffen Sie heute ab. Dass Sie von der SPD und den Grünen dieses Gesetz gut finden, wundert mich nicht. Aber dass Sie von der FDP dafür die Hand reichen, das hätte ich wirklich nicht gedacht. Wenn die FDP in dieser Ampelkoalition noch nicht einmal als liberales Korrektiv taugt, dann frage ich mich: Wofür taugt die FDP überhaupt in dieser Koalition? Mit diesem Gesetz hat der Anspruch „Leistung muss sich lohnen“ ausgedient. Ab sofort gilt: Nichtleistung lohnt sich mehr. So zerstören Sie das Vertrauen in unseren Sozialstaat. Sie legen auch die Axt an die Grundlage unseres Rechtsstaats. Was wir hier machen, ist die Aufstellung von Regeln, und es ist immer auch geregelt, was passiert, wenn man sich nicht daran hält. Aber wenn es nach einem Regelverstoß keine Konsequenzen gibt, dann gibt es auch keinen Grund, sich an Gesetze zu halten. Wie wollen Sie erklären, dass es für einen Arbeitnehmer zumutbar ist, ihn abzumahnen und ihm zu kündigen, wenn er nicht zur Arbeit kommt, es aber für einen Arbeitsuchenden Gängelei sein soll, wenn er sich beim Jobcenter melden muss? Sie treten das Gerechtigkeitsempfinden der übergroßen Mehrheit der Menschen in diesem Land mit Füßen. Und warum tun Sie das? Die Wahrheit ist: Es geht Ihnen nicht um die arbeitsuchenden Menschen in diesem Land, sondern um sich in der SPD und den Grünen. Sie wollen Ihr Trauma der Hartz-Reformen ein für alle Mal hinter sich lassen. Werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie haben da was missverstanden: Sie sollen sich von Gerhard Schröder trennen, nicht von seinen Arbeitsmarktreformen. Sie sind ja nicht einmal mehr bereit, auf Ihren Genossen und Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, zu hören. Er hat bei der Anhörung ausdrücklich gesagt, dass es Sanktionen braucht, weil man nur so mit den schweren Fällen in Kontakt bleiben kann. Ich sage für die Union: Langzeitarbeitslose Menschen befinden sich in einer schwierigen Lage mit teils fürchterlichen Schicksalsschlägen. Sie müssen mehr tun beim Coaching. Sie müssen mehr tun bei der kommunalen Sozialhilfeberatung. Sie müssen mehr tun beim Thema Weiterbildung. Nichts davon machen Sie mit diesem Gesetz. Stattdessen machen Sie ein Gesetz für eine winzige Minderheit, die sich nicht an Gesetze halten will, und kümmern sich nicht um die riesengroße Mehrheit, die dringend auf bessere Hilfe wartet. Wir werden diesem Gesetz nicht zustimmen. Herzlichen Dank.