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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Reisender will mit dem Flugzeug nach Rom zu einer Show, steht aber am Fernbahnhof mit einem Busticket in der Hosentasche und landet dann irgendwie mit der U‑Bahn unterirdisch in Braunschweig.
Haben Sie was gegen Braunschweig?)
Genau so verhält es sich mit diesem von der AfD gestellten Antrag: planlos, unkoordiniert, ein Sammelsurium an wild zusammengestellten Fragen. – Wir haben einen Plan, einen koordinierten. Wir haben uns nämlich in unserem Koalitionsvertrag klar dazu bekannt, dass wir die vergangenen Geschehnisse rund um den Afghanistan-Einsatz aufarbeiten wollen, vor allem diesen unrühmlichen Abzug.
Wir wollen einen Untersuchungsausschuss. Dafür brauchen wir alle Demokratinnen und Demokraten, aber keine Hilfe von rechts außen,
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
vor allem nicht von einer Fraktion, die an Herzlosigkeit kaum zu überbieten ist. Wenn Ihnen die Lage in Afghanistan ein Anliegen ist, warum lesen wir kein einziges Wort zu Hunger und Armut, Dürre und fehlender medizinischer Versorgung?
Das hätte Sie überfordert! Wir haben uns extra kurz gefasst!)
Kein Wort dazu, dass Menschenrechtsverstöße und Unsicherheit inzwischen den Alltag der Menschen in Afghanistan prägen. Landesweit haben 18,8 Millionen Afghaninnen und Afghanen nicht genug zu essen.
Kein Wort zu den Angehörigen der Soldaten! Kein Wort!)
– Reden Sie mit Ihrem Kaktus.
Beifall bei Abgeordneten der SPD
Zuruf von der AfD: Ich habe über gefallene Soldaten gesprochen, und Sie machen sich lustig darüber! Unglaublich!)
Besonders dramatisch ist die Lage für 4,7 Millionen Kinder sowie stillende und schwangere Frauen.
Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass etwa 98 Prozent der Bevölkerung in den nächsten Monaten unter die Armutsgrenze fallen werden. Von der Situation der Mädchen will ich gar nicht erst reden. Sie wollen kein Wort darüber reden, uns treibt es um.
Wir sind uns all dieser Tatsachen schmerzlich bewusst. Wenn es nun um die Frage der Aufarbeitung geht, haben wir als SPD und als Koalition eine klare Zielsetzung: Es geht um die Schaffung eines Gesamtbildes in einem ganz bestimmten und klar definierten Zeitraum der Afghanistan-Mission. Wir wollen fragen: Wie haben sich die Verantwortlichen in der ehemaligen Bundesregierung in bestimmten Entscheidungssituationen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Abzug der Bundeswehr und der Ortskräfte aus Afghanistan, verhalten? Wurden die richtigen Entscheidungen getroffen? Wurden alle verfügbaren Informationen genutzt? Gab es Verletzungen der Sorgfaltspflicht? All diese Fragen sollten sich auf einen abgrenzbaren Zeitraum beziehen.
Erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion?
Das ist der Kaktus, mit dem Sie reden wollten!)
– Nee, von mir aus können Sie auch mit der Parkuhr reden; das ist mir egal.
Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir wollen aber auch Lehren für die Zukunft ziehen; deswegen werden wir nicht nur einen Untersuchungsausschuss einsetzen, sondern ebenfalls eine Enquete-Kommission. Allerdings kennen wir den Unterschied dieser beiden parlamentarischen Formate. Offenbar ist Ihnen dieser Unterschied nicht bekannt, da Sie die einzelnen Inhalte im Antrag völlig durcheinanderwürfeln.
Der Untersuchungsausschuss ist nicht dazu da, künftiges politisches Handeln zu beeinflussen, oder dafür, Empfehlungen abzugeben, wie Sie es am Ende Ihres Antrags fordern. Es werden darin ausschließlich in der Vergangenheit liegende, abgeschlossene Sachverhalte untersucht. Er ist ein Kontrollinstrument des Bundestages gegenüber der Regierung, ein Hilfsorgan des Parlaments und kein darüber hinausgehend ermächtigtes Organ der Strafverfolgung.
Ich möchte noch auf das im Antrag enthaltene Zitat des Politologen Münkler eingehen, der von einem Ende der „Ära des humanitären Interventionismus“ spricht. Ich empfinde es als zutiefst menschenverachtend, wenn man einzelne Vorgänge dazu instrumentalisiert, alle humanitär geleiteten Projekte der Entwicklungszusammenarbeit pauschal zu verdammen.
Liebe Soldatinnen und Soldaten, liebe Ortskräfte, lassen Sie sich Ihren wichtigen Einsatz nicht mit populistischen Parolen schlechtreden! Wir sind Ihnen alle dankbar dafür.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP
Sind Sie den deutschen Soldaten auch dankbar?)
– Haben Sie nicht zugehört? – Die Menschen in Afghanistan und wir sind und bleiben diesen Soldatinnen und Soldaten dankbar. Dank ihnen konnte zumindest 20 Jahre lang –
Kommen Sie bitte zum Schluss.
– eine ganze Generation junger Frauen heranwachsen, die entschlossen ist, für ihre Rechte zu kämpfen.
Das Denkmal für den gefallenen Soldaten hat die SPD ja verhindert!)
An die Menschen in Afghanistan: Auch wenn euer Leid in der Berichterstattung kaum mehr vorkommt: Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Ihr seid nicht vergessen.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich schließe die Aussprache.