Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn in Afghanistan jetzt wieder Burkazwang herrscht, wenn Mädchen daran gehindert werden, höhere Schulen zu besuchen, dann ist das kein Ergebnis feministischer Außenpolitik, wie Sie behauptet haben, sondern eine bittere Niederlage in unserem Streit für universelle Menschenrechte. Aber es ist ja noch viel schlimmer. Sie haben hier gesagt, mit dem Einsatz in Afghanistan habe man diesem Land eine andere Kultur aufzwingen wollen. Ihre Vorstellung von Kultur beinhaltet also Burkazwang und Verweigerung von Schulbildung. In dieses Land wollen Sie Menschen abschieben! Ich weiß nicht, was ekelhafter ist, Ihre unchristliche antimuslimische Haltung oder Ihre offenkundige Frauenfeindlichkeit in diesem Haus. Meine Damen und Herren, ich glaube, das demokratische Spektrum dieses Hauses tut gut daran, sich den Fragen hinsichtlich Afghanistan mit Ernsthaftigkeit zu nähern, Ernsthaftigkeit unter anderem auch deswegen, weil wir der Auffassung sind bzw. erleben müssen, dass militärische Interventionen häufig gescheitert sind oder Probleme hinterlassen haben. Das gilt für Missionen, an denen wir uns beteiligt haben wie in Afghanistan, das gilt für Interventionen, an denen sich der Bundestag mit gutem Grund nicht beteiligt hat, wie zum Beispiel in Libyen. Deswegen ist es wichtig, die Geschichte des Afghanistan-Krieges und der Intervention aufzuarbeiten. Dabei müssen wir uns alle auch selber infrage stellen. Ich selber bin der Auffassung: Ja, es war richtig, 2001 dafür zu sorgen, dass von Afghanistan aus und vom Regime von Osama Bin Laden keine terroristische Bedrohung für die Welt mehr ausging. Deswegen war dieser Einsatz in dem Sinne richtig und übrigens auch erfolgreich. Ich muss mich aber auch fragen lassen: War der militärisch-zivile Ansatz, den wir gewählt haben, auf ziviler Ebene eigentlich so ausgestattet, dass er funktionieren konnte? Konnte eine Stabilisierungsmission eigentlich funktionieren mit vielen Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfern, mit Polizeibeamten, mit Richterinnen und Richtern, die versucht haben, Good Governance beizubringen, wenn parallel dazu jede Nacht ein War on Terror stattgefunden hat? Das sind Fragen, denen wir uns auch hinsichtlich künftiger Einsätze stellen müssen. Es ist richtig, dass es einen komplett überstürzten, verantwortungslosen Abzug gegeben hat. Aber wir werden uns gemeinsam der unbequemen Frage stellen müssen – – Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss –: War dieses Überstürztsein vielleicht Ergebnis dessen, dass man nicht vor Beginn von RSM unter ISAF in vernünftiger Zeit abgezogen ist? Um diese Frage zu klären, dafür werden wir einen Untersuchungsausschuss auf den Weg bringen und eine Enquete-Kommission. Ich finde, das spiegelt die Ernsthaftigkeit wider, mit der man sich diesem Thema widmen muss.