Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sind jetzt auf uns angewiesen, so wie wir damals auf sie angewiesen waren. Die zahlreichen Ortskräfte in Afghanistan haben Großes geleistet – für unser Land, für unsere Freiheit und Sicherheit und ganz besonders für unsere Soldatinnen und Soldaten vor Ort. Sie haben ihr Leben riskiert, um die Mitarbeitenden unserer Streitkräfte, unseres diplomatischen Dienstes und unserer Entwicklungshilfeorganisationen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Dafür schulden wir unseren Partnerinnen und Partnern in Afghanistan, den Ortskräften, unseren Dank. Wir werden den Ortskräften, die an unserer Seite standen, und auch ihren gefährdeten Familien ermöglichen, in Sicherheit in Deutschland zu leben. Das sollte – nein, das muss – eine Selbstverständlichkeit sein, auch wenn damit große logistische Herausforderungen für uns verbunden sind. Als Fortschrittskoalition sind wir angetreten, um mutige Entscheidungen zu treffen, um den Stillstand und das Zögern hinter uns zu lassen. Wir sind auch angetreten mit einem klaren Bekenntnis für unsere Ortskräfte. Dass wir heute diese Diskussion führen, haben wir einer offensichtlich überstürzten und mutmaßlich unkoordinierten Evakuierungsmission zu verdanken. Die deutsche Botschaft wurde offensichtlich sehr spät evakuiert. Gerade einmal 138 afghanische Ortskräfte mit 496 Angehörigen konnten damals direkt ausgeflogen werden. Bis heute sind etwa 3 500 Ortskräfte in Deutschland angekommen. Noch immer warten viele Ortskräfte und ihre Angehörigen in Todesangst auf unsere Unterstützung. Ihre Ausreise ist aber jetzt ungleich schwerer, als sie es im letzten Frühjahr gewesen wäre. Zusammen mit unseren jetzigen Koalitionspartnern von den Grünen haben wir uns schon in der vergangenen Wahlperiode dafür starkgemacht, die Evakuierungsmission in allen Facetten lückenlos aufzuklären. Wir werden unser Versprechen halten und möglichst noch vor der Sommerpause einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dass wir aufklären, welche potenziellen Versäumnisse und Fehleinschätzungen und welches mutmaßlich ausgebliebene Handeln – zum Beispiel im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern – zur aktuellen Lage geführt haben. Wir werden uns dabei die Abstimmungsprozesse innerhalb der damaligen Bundesregierung und die Sachverhalte rund um Visa- und Aufnahmezusagen anschauen. Insbesondere gilt es aber, zu beurteilen, welche Rolle womöglich falsche oder unzureichende Informationen des Bundesnachrichtendienstes bei den Fehleinschätzungen und Versäumnissen gespielt haben, sodass damals ganz offensichtlich kein geordneter Abzug mehr möglich war. Ein Untersuchungsausschuss aber, wie Sie ihn hier vorschlagen, einer, bei dem es nur darum geht, jemanden anzuschwärzen, ist doch nicht zielführend. Entscheidend wird am Ende doch sein, dass wir konkrete Lehren aus diesem Abzugsgeschehen vom letzten Sommer ziehen. Wir wollen doch sicherstellen, dass solche Fehler in Zukunft nicht mehr gemacht werden. Wir sind gewählt worden, um die Zukunft zu gestalten, um sicherzustellen, dass sich so etwas nicht wiederholt, um mutiger zu sein und Fortschritt zu erzeugen. Das geht nur mit dem Blick nach vorne. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.