Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Rückkehr der letzten deutschen Soldaten aus Afghanistan am 27. August 2021 endete das deutsche militärische Engagement in Afghanistan. Wir haben uns hier im Hohen Haus lange und ausführlich ausgetauscht und beispielsweise auch über den Satz diskutiert, nichts sei gut in Afghanistan. Wir müssen mit Blick auf den Rückzug und die Entwicklungen danach leider feststellen – das haben die Kolleginnen und Kollegen schon an der einen oder anderen Stelle deutlich gemacht –: Nichts ist besser geworden in Afghanistan. Das schmerzt sehr. Die Bilder der damaligen internationalen Evakuierungsmission aus Kabul gingen um die Welt. Die Evakuierung selbst stellte einen Abschluss dar. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, was am Anfang stand und unser Engagement in Afghanistan ausgelöst und notwendig gemacht hat, und das waren die fürchterlichen Terrorakte in New York und in Washington vom 11. September 2001. Mit diesem Engagement, das über die gesamte Zeit von breiten parlamentarischen Mehrheiten getragen wurde, haben unsere Soldatinnen und Soldaten unter schwierigen Bedingungen 20 Jahre lang einen anerkannten Beitrag zur Sicherheit und zum Fähigkeitsaufbau in Afghanistan geleistet. Das Gleiche gilt für unsere Diplomaten sowie für zahlreiche zivile, staatliche, aber auch nicht staatliche Entwicklungshelfer. Meine Damen und Herren, zur Wahrheit gehört: Der Versuch der internationalen Gemeinschaft, Frieden und Demokratie nach Afghanistan zu bringen, war auf lange Sicht leider nicht von Erfolg gekrönt. Zur Wahrheit gehört aber auch: In der Zeit des internationalen militärischen Engagements ging von Afghanistan keine terroristische Bedrohung für Europa und die westliche Welt aus. Deshalb kann und muss man festhalten: Deutschland ist mit der Bundeswehr nicht spektakulär gescheitert, wie es im AfD-Antrag heißt. Die Bundeswehr hat die Aufträge, die ihr von der Politik erteilt worden sind, in Afghanistan erfüllt. Unsere Soldatinnen und Soldaten haben ihre Pflicht erfüllt. 59 davon haben dafür das größte Opfer gebracht, das man erbringen kann. Auch deshalb finde ich es unredlich, dass Sie in Ihrem Antrag die Bundeswehr und konkret die Leistungen unserer Soldatinnen und Soldaten in 20 Jahren Afghanistan nicht einmal mit einer Silbe ansprechen. – Sie machen diesen Fehler nicht besser mit Ihrem Geschrei. Unsere Truppe verdient nämlich Anerkennung, nicht nur von der Gesellschaft, sondern auch aus dem parlamentarischen Raum. Das gilt für links außen, und das gilt eben auch für rechts außen. Herr Gysi, Sie hatten heute die große Chance, nach 20 Jahren zum ersten Mal in diesem Parlament zu sagen, welche Leistungen die Bundeswehr im Namen dieses Parlaments tatsächlich geleistet hat, und sich zu bedanken. Auch diese Chance haben Sie wieder einmal liegen gelassen. Mit dem vorliegenden Antrag, meine Damen und Herren von der AfD, machen Sie deutlich, dass es der AfD nicht um eine ernsthafte Aufarbeitung geht. Dieser Antrag der AfD ist eine reine Show. Sie haben es ja förmlich darauf angelegt, dass dieser Antrag abgelehnt wird, sonst hätten Sie sich mehr Mühe gegeben, um zumindest die formalen Voraussetzungen zu erfüllen, dass über diesen Antrag positiv abgestimmt werden kann. Dazu gehört zum Beispiel, dass der Antrag das Ergebnis der geforderten Untersuchung schon vorwegnimmt. Dies zeigt doch, dass es Ihnen eben nicht um Aufklärung geht. Sie möchten aus diesem Untersuchungsausschuss politisches Kapital schlagen, und das am Ende auf dem Rücken unserer Soldatinnen und Soldaten. Herr Brandner, Ihre unqualifizierte und niveaulose ständige Zwischenschreierei hat das auch noch einmal deutlich unterstrichen. Die weltweiten Krisen werden künftig eher zu- als abnehmen. Nicht alle werden sich mit Diplomatie lösen lassen. Wir werden nicht umhinkommen, möglicherweise wieder Soldatinnen und Soldaten in Einsätze zu schicken. Diesen Soldatinnen und Soldaten schulden wir es, jetzt die richtigen Schlüsse aus den vergangenen 20 Jahren am Hindukusch zu ziehen. Meine Damen und Herren, deshalb ist es doch klar: Unser Engagement in Afghanistan muss aufgearbeitet werden. Der Afghanistan-Einsatz bedarf einer umfassenden Evaluierung. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist jedoch unstreitig das falsche Mittel, um das ressortübergreifende deutsche Engagement in Afghanistan im Rückblick angemessen und würdig zu beleuchten, und schon gar nicht so, wie es sich die AfD vorstellt. Der vorliegende Antrag liest sich eher wie die Forderung nach einem Tribunal. Das lehnen wir entschieden ab. Herzlichen Dank.